Angst vor Steuererhöhungen CDU-Wirtschaftsrat torpediert Schäubles Erbschaftsteuer-Pläne

Die Spitzen der Großen Koalition wollen heute auch über die Reform der Erbschaftsteuer beraten. Finanzminister Schäuble will sein Konzept präsentieren. Doch aus den eigenen Reihen hagelt es schon massive Kritik.

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Drohkulisse Erbschaftssteuer: Die Familienunternehmen fürchten hohe Einbußen. Quelle: dpa

Berlin Die Pläne von Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) für eine Reform der Erbschaftsteuer stoßen beim Wirtschaftsrat der CDU auf scharfe Ablehnung. „Es darf für die Familienunternehmen insgesamt nicht zu einer breiten Steuererhöhung kommen. Die Große Koalition steht hier im Wort“, sagte der Generalsekretär des Wirtschaftsrats, Wolfgang Steiger, dem Handelsblatt (Online-Ausgabe).

Er verwies auf das Bundesverfassungsgericht, das bestätigt habe, dass das grundsätzliche Verschonungskonzept für kleine, mittlere und unter bestimmten Voraussetzungen auch größere mittelständische Betriebe mit der Verfassung vereinbar sei. „Für massive Steuererhöhungen geben die Karlsruher Richter keine Anhaltspunkte.“

Konkret hätten die Karlsruher Richter 100 Millionen Euro als Freibetrag beim Erwerb pro Person für die Bedürftigkeitsprüfung vorgeschlagen, sagte Steiger weiter. Deshalb gebe es für die jetzt in Rede stehenden 20 Millionen überhaupt keine Begründung, außer der, eine Steuererhöhung durchsetzen zu wollen. „Die Einbeziehung von Privatvermögen, auch längst erworbenem und versteuertem, in die Prüfung führt zu einer inakzeptablen und wahrscheinlich nicht verfassungskonformen Doppelbesteuerung“, warnte Steiger.

Hinter der Kritik Steigers steht die Befürchtung, dass Schäubles Reform der Erbschaftsteuer deutlich schärfer ausfallen könnte als von der Wirtschaft erwartet. Nach bisherigem Stand müssten künftig mehr Firmenerben und Unternehmen nachweisen, dass sie die Erbschaft- oder Schenkungsteuer nicht verkraften, um vom Fiskus verschont zu werden.

Nach einem Bericht der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“ vom Dienstag soll die Grenze für die vom Bundesverfassungsgericht für Großunternehmen geforderte Bedürfnisprüfung bei 20 Millionen Euro je Erwerb liegen. Zudem soll es sich demzufolge um eine Freigrenze handeln.

Was verschärfend hieße, dass die Steuer in voller Höhe fällig würde, wenn es keinen Grund für eine Verschonung gibt - selbst wenn der Betrieb weitergeführt und die Arbeitsplätze erhalten werden. Auch wolle Schäuble das Privatvermögen der Erben oder Beschenkten in der Bedürfnisprüfung berücksichtigen.


„Verkaufsprogramm deutscher Familienunternehmen wäre fatal“

Allerdings soll die Belastung des Privatvermögens den Angaben zufolge gedeckelt werden, so dass es höchstens halbiert werde. Grundsätzlich solle nur noch „betriebsnotwendiges Betriebsvermögen“ verschont werden - also Maschinen oder Produktionshallen.

Dieser Wert solle pauschal um zehn Prozent erhöht werden. Der Rest des geschenkten oder vererbten Unternehmenswerts müsste künftig stets versteuert werden. Im Betrieb steckende Schulden sollen steuermindernd berücksichtigt werden.

Die Korrekturen an der Erbschaftsteuer sollten möglicherweise auch Thema der Beratungen der Koalitionsspitzen am Dienstagabend sein.

Steiger fürchtet, dass Schäubles Pläne dazu führen könnten, dass die mittleren und größeren Familienunternehmen vom „Halten und Führen ihrer Betriebe durch eine teure und überbürokratisierte Neuregelung der Erbschaftsteuer in der Zukunft“ abgeschreckt werden könnten. „Eine falsche Weichenstellung bei der Erbschaftssteuer kann zu einem internationalen Schlussverkauf deutscher Familienunternehmen führen“, sagte er.

„Auf den Finanzmärkten warten, mitausgelöst durch die Geldvermehrung einer expansiven Geldpolitik, Billionen Euro Kapital auf Anlagemöglichkeiten - gerade im sicheren Deutschland.“ Eine Erbschaftsteuerreform, die ein „Verkaufsprogramm deutscher Familienunternehmen“ auslöse, wäre daher „fatal“.

Steiger gab überdies zu bedenken, dass Anteile an Familienunternehmen oft rigiden Beschränkungen für Gewinnentnahmen, Veräußerungsverbote sowie zu Stimmrechten oder auch Thesaurierungsvorgaben unterlägen. Diese Verfügungsbeschränkungen dienten vor allem dem Ziel, die Unternehmenssubstanz zu erhalten und auf Dauer zu bewahren.

„Das muss auch bei der Korrektur nach dem Urteil unbedingt berücksichtigt werden“, forderte Steiger. Für kleinere Betriebe mache zudem eine Mitarbeitergrenze von sieben Personen, unter der generell von der Erbschaftsteuer freigestellt werde, mehr Sinn als eine Grenze von eine Million Euro Betriebsvermögen.

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