Anschlag in Berlin Amri war im Fokus der Ermittlungsbehörden

Bislang sind zum Hergang des Anschlags auf den Berliner Weihnachtsmarkt noch viele Fragen offen. Am Nachmittag will die Bundesanwaltschaft neue Erkenntnisse präsentieren.

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Die Fahndungsfotos des mutmaßlichen Terrorverdächtigen Anis Amri. Quelle: dpa

Zehn Tage nach dem Anschlag auf einen Berliner Weihnachtsmarkt informiert die Bundesanwaltschaft an diesem Donnerstagnachmittag (15.00 Uhr) über den Stand der Ermittlungen. Das teilte die Behörde in Karlsruhe mit. Zum Hergang der Tat, zur Fluchtroute und zur Identität der Opfer sind noch immer viele Fragen offen. Der Deutsche Journalisten-Verband (DJV) kritisierte in einem Interview der Deutschen Presse-Agentur die Informationspolitik der Ermittlungsbehörden nach Ereignissen wie dem jüngsten Anschlag.

Am Mittwoch hatten Ermittler einen möglichen Kontaktmann des mittlerweile getöteten mutmaßlichen Täters Anis Amri festgesetzt. Noch ist unklar, ob gegen den verdächtigen 40-jährigen Tunesier Haftbefehl beantragt wird. Darüber will die Bundesanwaltschaft im Laufe des Tages entscheiden.

Der 24-jährige Amri war den Ermittlungen zufolge am 19. Dezember mit einem Lastwagen in den Weihnachtsmarkt an der Gedächtniskirche in Berlin gefahren. Zwölf Menschen starben, 55 wurden verletzt. Auf seiner Flucht wurde Amri in Italien von Polizisten erschossen.

Große Terroranschläge in Europa

Amri war offenbar im Fokus der Ermittlungsbehörden. Nach Informationen von „Süddeutscher Zeitung“, NDR und WDR wurde im Gemeinsamen Terrorismus-Abwehrzentrum (GTAZ) in Berlin zwischen Februar und November 2016 mindestens sieben Mal über Amri gesprochen. Behördenunterlagen, die nur fünf Tage vor der Tat entstanden, würden seinen Werdegang in Deutschland beschreiben.

Demnach suchte Amri im Internet Anleitungen für den Bau von Rohrbomben. Zudem suchte er im Februar offenbar Kontakt zur Terrormiliz Islamischer Staat und soll sich als Selbstmordattentäter angeboten haben. Mindestens zwei Mal wurde dem Bericht zufolge im GTAZ die Frage diskutiert, ob Amri einen konkreten Anschlag in Deutschland plane. Beide Male wurde dies demnach als unwahrscheinlich eingestuft.

Weiter heißt es in dem Medienbericht unter Berufung auf Ermittlerkreise, dass ein automatisches Bremssystem des Fahrzeugs Schlimmeres verhindert habe. Die Zugmaschine sei mit der Technik ausgerüstet gewesen, die auf einen Aufprall reagiert und von selbst die Bremsen betätigt. Das Recherchenetzwerk und „Spiegel Online“ berichteten zudem, Amri habe nur wenige Minuten vor der Tat noch Sprachnachrichten und Fotos verschickt.

"Wir stehen im engen Austausch mit Ermittlungsbehörden"

Der DJV kritisierte die Ermittlungsbehörden. Der Vorsitzende Frank Überall sagte der dpa: „Ich habe prinzipiell Verständnis dafür, dass Ermittler in Ruhe ihre Arbeit machen und ihre Nachforschungen nicht durch allzu umfassende Veröffentlichung von Detailinformationen gefährden wollen.“ Dagegen stehe aber das Recht der Öffentlichkeit auf verlässliche Fakten.

Derweil beantragte die Opposition im Düsseldorfer Landtag eine Sondersitzung des Innenausschusses des Parlaments gleich zu Beginn des neuen Jahres. Das Schreiben der Fraktionen von CDU, FDP und Piraten an Landtagspräsidentin Carina Gödecke (SPD) liegt der Deutschen-Presse Agentur vor. Nordrhein-Westfalen war einer Hauptaufenthaltsorte Amris.

Bei der Aufklärung der Fluchtroute des mutmaßlichen Weihnachtsmarkt-Attentäters Anis Amri durch Europa werden aktuell auch mögliche Fernbus-Fahrten untersucht. „Wir stehen im engen Austausch mit internationalen Ermittlungsbehörden“, sagte die Sprecherin des Unternehmens Flixbus. Einzelheiten dazu wollte sie unter Hinweis auf die Zuständigkeit der Ermittlungsbehörden nicht nennen.

"Kampf gegen Terror ist auch ein Kampf für Freiheit"
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Flixbus bietet täglich Verbindungen von Nimwegen in den Niederlanden nach Lyon in Frankreich an. Die französischen TV-Sender TF1/LCI und BFMTV hatten berichtet, Amri sei per Fernbus von Nimwegen nach Lyon gelangt. Er sei vom 21. auf den 22. Dezember gereist, meldete die französische Nachrichtenagentur AFP unter Berufung auf Ermittlerkreise. Für Flixbus ist ein Nachtbus auf dieser Strecke unterwegs. Am 23. Dezember wurde Amri in Mailand von italienischen Polizisten erschossen.

Die Sprecherin erläuterte, Fahrgäste, die bei Flixbus eine grenzüberquerende Verbindung gebucht hätten, seien gemäß den Geschäftsbedingungen dazu verpflichtet, ein gültiges Ausweisdokument mit sich zu führen, das beim Einstieg in den Bus vorgezeigt werden müsse.

Weiter wurde bekannt, dass Amri den bisherigen Ermittlungen zufolge kein Netzwerk in Italien gehabt. Der italienische Ministerpräsident Paolo Gentiloni sagte auf einer Pressekonferenz, es habe sich bislang nicht erwiesen, dass der Tunesier Amri spezielle Netzwerke in Italien gehabt haben könnte. Auf den aktuellen Ermittlungsstand darüber hinaus ging er nicht ein.

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