Wie schützt man 75.000 Menschen vor einem Terroranschlag? Vor der schwierigen Aufgabe stehen die Organisatoren des größten Heavy-Metal-Festivals der Welt in Wacken. Kommende Woche werden Zehntausende in das 1800-Seelen-Dorf in Schleswig-Holstein strömen – die Vorbereitungen laufen auf Hochtouren.
Auf einer Fläche so groß wie 270 Fußballfelder stampfen Monteure derzeit eine Zeltstadt aus dem Boden. Doch selten war das Thema Sicherheit rund um Konzerte, Festivals und Volksfeste in Deutschland so brisant wie derzeit – nach dem Anschlag von Ansbach.
„Für die Sicherheit werden wir ein Maximum an Kontrollen durchführen“, sagt Helge Staack, Leiter des „Wacken Open Air 2016“. Unter anderem werden Rucksäcke und Taschen in diesem Jahr auf dem Festivalgelände verboten. Denn in einem Rucksack war die Bombe im bayerischen Ansbach versteckt – zusammen mit scharfkantigen Metallteilen. Ein 27-Jähriger verletzte damit 15 Menschen. Der Täter hatte Ermittlern zufolge versucht, auf das Konzertgelände zu gelangen – hatte aber zum Glück keine Eintrittskarte.
Definitionen und Zusammenhänge
In Asien nannte man sie „amucos“ - Krieger, die den Feind ohne Angst vor dem Tod angreifen und vernichten. Heute beschreibt der Begriff in der Regel blindwütige Aggressionen – mit und ohne Todesopfer. Die meisten Amokläufer sind männlich und eigentlich unauffällig, in vielen Fällen ledig oder geschieden. Neben psychisch kranken Tätern gibt es auch Amokläufer, die aus banalen Gründen plötzlich ausrasten. Angst, Demütigung oder Eifersucht haben sich oft lange aufgestaut, bevor es zur Katastrophe kommt. Teils werden Taten auch im Kopf durchgespielt. „Amok“ kommt aus dem Malaiischen und bedeutet „wütend“ oder „rasend“.
Attentate sind politisch oder ideologisch motivierte Anschläge auf das Leben eines Menschen, meistens auf im öffentlichen Leben stehende Persönlichkeiten. Der Ausdruck „Attentäter“ wiederum wird auch für Menschen verwendet, die einen Anschlag auf mehrere Menschen begehen. Terroristische Attentäter zielen etwa auf Angehörige eines ihnen verhassten Systems oder einer Religion ab. Mit Anschlägen auf öffentlichen Plätzen, in Verkehrsmitteln oder auf Feste versuchen sie, in der Bevölkerung Angst und Schrecken zu verbreiten. Der Begriff „Attentat“ leitet sich vom lateinischen attentare (versuchen) im Sinne eines versuchten Verbrechens ab.
Terrorismus ist politisch motivierte, systematisch geplante Gewalt, die sich gegen den gesellschaftlichen Status quo richtet und auf politische, religiöse oder ideologische Veränderung ausgerichtet ist. Dass Terroristen töten und zerstören, ist Mittel zum Zweck. Sie wollen vor allem Verunsicherung in die Gesellschaft tragen. Terrorakte richten sich oft gegen die Zivilbevölkerung oder symbolträchtige Ziele.
Terror geht auf das lateinische Wort „terrere“ zurück, was „erschrecken“ oder „einschüchtern“ bedeutet. Terror und Terrorismus werden oft gleichbedeutend verwendet. Im Unterschied zum Terrorismus bezeichnet der Begriff „Terror“ aber eher das Machtinstrumentarium eines Staates. Der „Terror von oben“ steht für eine Schreckensherrschaft, die willkürlich und systematisch Gewalt ausübt, um Bürger und oppositionelle Gruppen einzuschüchtern. Auch in die Umgangssprache hat der Begriff Eingang gefunden - etwa für extreme Belästigung, zum Beispiel Telefonterror.
Der Anschlag sowie die Gewalttaten von München und Würzburg haben eine neue Sicherheitsdebatte in Deutschland ausgelöst – vor allem bei Großveranstaltungen. Die Innenminister von Bund und Ländern verständigten sich bereits am Tag nach dem Anschlag auf eine erhöhte Polizeipräsenz bei bestimmten Veranstaltungen. Zudem sollten Veranstalter prüfen, wie sie Konzepte optimieren und gegebenenfalls zusätzliche Maßnahmen ergreifen können, hieß es.
Auch andere Veranstalter überprüfen ihre Sicherheitskonzepte
Nicht nur die „Wacken“-Organisatoren reagierten sofort. Live Nation GmbH will bei ihren Events laut Geschäftsführer Marek Lieberberg künftig zusätzliche Einlasskontrollen durchführen. Die Agentur veranstaltet unter anderem Popkonzerte – Rihanna, Beyoncé und Sting stehen demnächst auf ihren Bühnen.
Auch das Sicherheitskonzept des größten Volksfests der Welt soll nun überprüft werden. Bayerns Innenminister Joachim Herrmann (CSU) kündigte für das Oktoberfest eine starke Polizeipräsenz an. Ein mögliches Rucksackverbot brachte Münchens Oberbürgermeister Dieter Reiter (SPD) ins Gespräch.
Doch Politikern und Organisatoren ist klar: Eine absolute Sicherheit bei Großevents gibt es nicht. „Wir versuchen, unsere Veranstaltungen so gut abzusichern, wie es möglich ist“, sagt der Chef des Veranstalters FKP Scorpio, Folkert Koopmans, dem „Hamburger Abendblatt“.
Das Unternehmen organisiert unter anderem Festivals wie Hurricane, Southside, Chiemsee Summer und Rolling Stone Weekender. Bei jedem Festival seien Polizisten auf dem Gelände, „bei großen Festivals eine Hundertschaft und mehr“. Aber: „Ein Restrisiko bleibt.“
„Mit unseren Sicherheitskonzepten, den Absprachen mit den zuständigen Sicherheitsorganen, sind wir so gut vorbereitet, wie man auf so eine Veranstaltung vorbereitet sein kann“, sagt Staack, während um ihn herum das „Wacken Open Air“ entsteht. Seit Jahren sorgten sie für den höchstmöglichen Schutz. Doch auch er weiß: „Eine hundertprozentige Sicherheit kann man nicht garantieren. Die gibt es nirgendwo.“