Antworten der Politik Transitlager und Fußfesseln

Seit dem Berliner Anschlag häufen sich wieder Vorschläge, wie gefährliche Extremisten zu stoppen sind. Doch die Skeptiker sind nicht überzeugt. Mancher meint sogar, die Terrorattacke werde politisch instrumentalisiert.

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Nach dem Anschlag in Berlin wurden die Sicherheitsvorkehrungen auf deutschen Weihnachtsmärkten erhöht. Mit Transitzentren an der Grenze und Fußfesseln für Extremismusverdächtige will die CDU weitere solcher Vorfälle verhindern. Quelle: dpa

Berlin Nach dem Terroranschlag auf einen Berliner Weihnachtsmarkt wird weiter über die politischen Konsequenzen gestritten. Innenpolitiker von CDU und CSU forderten am Donnerstag unter anderem Transitzentren an den Grenzen sowie elektronische Fußfesseln für gefährliche Extremisten. Die Opposition im Bundestag erteilte den Vorschlägen aber ebenso eine Absage wie der Koalitionspartner SPD. Diese „reflexhaften“ Vorschläge hätten die Sozialdemokraten in der Vergangenheit immer wieder abgelehnt, sagte SPD-Innenpolitiker Uli Grötsch der dpa. „Ich frage mich schon, ob die Unions-Innenpolitiker unter politischer Demenz leiden.“

Der CDU-Abgeordnete Wolfgang Bosbach erklärte, Transitzentren würden es ermöglichen, schon vor der Einreise die Identität von Flüchtlingen zu klären. „Und dann können wir die Frage beantworten: Einreise ja oder nein?“, erklärte Bosbach im ZDF-„Morgenmagazin“. Grötsch bezeichnete solche Einrichtungen hingegen als unverhältnismäßig. Flüchtlinge müssten mitunter monatelang in solchen Transitzonen festgehalten werden, bis ihre Identität feststehe.

Auch Frank Tempel von der Linken kritisierte den Unions-Vorschlag: „Transitzentren haben überhaupt keinen sicherheitspolitischen Nutzen angesichts bestehender islamistischer Netzwerke in Deutschland.“ Die Grünen-Abgeordnete Irene Mihalic warf CDU und CSU sogar vor, den Anschlag von Berlin zu instrumentalisieren. „Durch ihre Forderungen stellen sie nicht nur rechtsstaatliche Prinzipien in Frage, sondern bereiten dem IS noch den Resonanzboden für dessen Propaganda.“

Auf Ablehnung stößt auch die Forderung nach einer verstärkten Anwendung elektronischer Fußfesseln. Tempel sagte, mit Fußfesseln werde kein Anschlag verhindert. „Die können einfach zerstört werden, und man taucht ungehindert unter.“ Grötsch zeigte sich ebenfalls skeptisch. In den vergangenen Jahren habe es bei den Sicherheitsbehörden einen enormen Personalzuwachs gegeben, um gefährliche Personen rund um die Uhr observieren zu können.

Der CSU-Innenpolitiker Stephan Mayer forderte im RBB-Inforadio unterdessen eine längere Abschiebehaft und begründete dies mit Blick auf den gesuchten Tatverdächtigen aus Tunesien: „Er konnte nicht abgeschoben werden. Er war sogar in Abschiebehaft, musste nach einem Tag wieder entlassen werden. Also, wir müssen deshalb die Dauer der Abschiebehaft verlängern.“

Darüber hinaus forderte Mayer erneut, Tunesien zum sicheren Herkunftsland zu ernennen. Der stellvertretende SPD-Vorsitzende Ralf Stegner betonte hingegen im ZDF, auch dies hätte im aktuellen Fall nicht geholfen, da der Asylbescheid des gesuchten Tunesiers bereits negativ beschieden worden war. Die Einstufung der Maghreb-Staaten Tunesien, Algerien und Marokko als sichere Herkunftsländer war im Bundesrat am Widerstand der Grünen gescheitert.

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