Weitere 147.435mal verhängten die Jobcenter Strafen, weil sich Arbeitslose nicht an ihre Eingliederungsvereinbarungen hielten und zu wenig Bewerbungen schrieben oder zu einem Vorstellungsgespräch nicht auftauchten. 138.312 schrumpften die Fallmanager außerdem die Stütze, weil ihre Kunden sich weigerten, einen Job oder eine Fortbildungsmaßnahme anzunehmen. Und da ein Leistungsempfänger bei Verstößen mehrfach im Jahr bestraft werden kann, stecken viele Mehrfachzählungen in der Statistik. Die Zahl der sanktionierten Empfänger insgesamt ist sogar zurückgegangen, sagt die Bundesagentur für Arbeit (BA). Allerdings sind pro Empfänger häufiger Sanktionen verhäng worden.
Entspannte Lage auf dem Arbeitsmarkt
Ein Sozialstaat, der auf die Formel vom viel beschworenen Fördern und Fordern setzt, muss von arbeitsfähigen Transferempfängern eine Gegenleistung erwarten. Dass die Jobcenter in den vergangenen Jahren die Missbrauchskontrolle verstärkt haben, ist in dieser Logik nur konsequent. Dass die Zahl der Sanktionen gestiegen ist, begründen die Fallmanager vor Ort vor allem mit der entspannteren Lage auf dem Arbeitsmarkt. Je besser die Konjunkturaussichten, desto höher die Zahl von „Meldeversäumnissen“, wie sie auf Amtsdeutsch heißen. Oder anders: Je geringer die Angst vor dauerhafter Erwerbslosigkeit, desto geringer der Antrieb, die vereinbarten Termine im Jobcenter einzuhalten. Wer Sinn für schwarzen Humor hat, kann diesen Motivationsverlust auch als einen besonders subtilen Konjunkturindikator einsortieren.
Die Motivation bleibt auf der Strecke
Mehr krimineller Sozialbetrug lässt sich daraus aber nicht ableiten. Wer zu vereinbarten Terminen nicht erscheint, der stellt sich zwar – pardon - dämlich an, der verlässt sich ohne Gegenleistung auf die Solidargemeinschaft und gibt seine eigenen Zukunftsaussichten verloren. Aber er gesteht seine Motivationslosigkeit offen ein. Diese Kunden wissen meist, dass sie mit Leistungskürzungen zu rechnen haben und nehmen sie in Kauf.
Die Fälle allerdings, in denen Hartz-IV-Empfänger sich Leistungen mit falschen Angaben mutwillig erschleichen wollten, sind mitnichten angestiegen, sondern sogar gesunken. Im Jahr 2011 leitete die BA 177.455 Straf- und Bußgeldverfahren ein. Das waren 48.814 weniger als noch 2010. Den großen Trend zum kriminellen Hartz-IV-Betrug gibt es nicht. Im Gegenteil.