Arbeitslose Statistik-Wirrwarr um Hartz IV

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Verfälschte Statistik

Welchen Berufen die Deutschen vertrauen
Taxifahrer und MeteorologenPlatz zehn müssen sich zwei Berufsstände teilen, die nicht wirklich viel miteinander zu tun haben: Meteorologen und Taxifahrer. Den beiden Berufsständen vertrauen immerhin 58 Prozent der Deutschen. Quelle: dpa
RichterEin klitzekleines bisschen besser schneiden Richter ab. 59 Prozent der 7.474 befragten Deutschen sprachen den Juristen ein „ziemlich hohes“ bzw. „sehr hohes“ Vertrauen aus. Europaweit schneiden sie mit 44 Prozent etwas schlechter ab. Quelle: dapd
LehrerLehrer genießen in Deutschland mit 66 Prozent im Vergleich zum europäischen Ausland (73 Prozent) eher geringes Vertrauen. Platz acht für die Pauker. Quelle: dpa
LandwirtePlatz sieben der deutschen Liste belegen die Landwirte. 77 Prozent der befragten Deutschen sprachen ihnen ein hohes Vertrauen aus. Quelle: dpa
Polizisten79 Prozent der Deutschen vertrauen den Polizisten. Da haben die deutschen Gesetzeshütern denen anderer Länder einiges voraus: Im europäischen Durchschnitt genießen sie nur 59 Prozent Vertrauen. Platz sechs für die Polizisten. Quelle: dpa
Ärzte Ärzte liegen in der Patientengunst ganz weit oben: 84 Prozent der Befragten in Deutschland sprechen den Männern und Frauen in Weiß ihr volles Vertrauen aus. Und so belegen die Ärzte Platz fünf. Quelle: dpa-tmn
Darüber staunt man dann schon: Noch vor den Ärzten, nämlich auf Platz vier der Liste der vertrauenswürdigsten Berufe, landen die Apotheker. 87 Prozent der Befragten gaben an, dieser Berufsgruppe zu vertrauen. Quelle: dpa

Weitere 147.435mal verhängten die Jobcenter Strafen, weil sich Arbeitslose nicht an ihre Eingliederungsvereinbarungen hielten und zu wenig Bewerbungen schrieben oder zu einem Vorstellungsgespräch nicht auftauchten. 138.312 schrumpften die Fallmanager außerdem die Stütze, weil ihre Kunden sich weigerten, einen Job oder eine Fortbildungsmaßnahme anzunehmen. Und da ein Leistungsempfänger bei Verstößen mehrfach im Jahr bestraft werden kann, stecken viele Mehrfachzählungen in der Statistik. Die Zahl der sanktionierten Empfänger insgesamt ist sogar zurückgegangen, sagt die Bundesagentur für Arbeit (BA). Allerdings sind pro Empfänger häufiger Sanktionen verhäng worden.

Entspannte Lage auf dem Arbeitsmarkt
Ein Sozialstaat, der auf die Formel vom viel beschworenen Fördern und Fordern setzt, muss von arbeitsfähigen Transferempfängern eine Gegenleistung erwarten. Dass die Jobcenter in den vergangenen Jahren die Missbrauchskontrolle verstärkt haben, ist in dieser Logik nur konsequent. Dass die Zahl der Sanktionen gestiegen ist, begründen die Fallmanager vor Ort vor allem mit der entspannteren Lage auf dem Arbeitsmarkt. Je besser die Konjunkturaussichten, desto höher die Zahl von „Meldeversäumnissen“, wie sie auf Amtsdeutsch heißen. Oder anders: Je geringer die Angst vor dauerhafter Erwerbslosigkeit, desto geringer der Antrieb, die vereinbarten Termine im Jobcenter einzuhalten. Wer Sinn für schwarzen Humor hat, kann diesen Motivationsverlust auch als einen besonders subtilen Konjunkturindikator einsortieren.

Die Motivation bleibt auf der Strecke
Mehr krimineller Sozialbetrug lässt sich daraus aber nicht ableiten. Wer zu vereinbarten Terminen nicht erscheint, der stellt sich zwar – pardon - dämlich an, der verlässt sich ohne Gegenleistung auf die Solidargemeinschaft und gibt seine eigenen Zukunftsaussichten verloren. Aber er gesteht seine Motivationslosigkeit offen ein. Diese Kunden wissen meist, dass sie mit Leistungskürzungen zu rechnen haben und nehmen sie in Kauf.

Die Fälle allerdings, in denen Hartz-IV-Empfänger sich Leistungen mit falschen Angaben mutwillig erschleichen wollten, sind mitnichten angestiegen, sondern sogar gesunken. Im Jahr 2011 leitete die BA 177.455 Straf- und Bußgeldverfahren ein. Das waren 48.814 weniger als noch 2010. Den großen Trend zum kriminellen Hartz-IV-Betrug gibt es nicht. Im Gegenteil.

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