Arbeitslosigkeit Die EU enttäuscht die Jugend

Mit der Jugendgarantie wollte die EU jedem arbeitslosen Jugendlichen schnell einen Job oder Ausbildungsplatz verschaffen. Dieses Ziel hat der Europäische Rechnungshof nun analysiert. Das Fazit: ein haltloses Versprechen.

  • Teilen per:
  • Teilen per:
Die EU hat hohe Erwartungen geweckt – und enttäuscht. Quelle: dpa

Berlin Arbeitsministerin Andrea Nahles (SPD) war vor ein paar Tagen noch voll des Lobes: Es sei gut, dass die Arbeitsverwaltungen in Europa inzwischen besser kooperierten, denn nur dann funktionierten europäische Beschäftigungsprogramme, sagte sie in einer Rede zur Verabschiedung von Arbeitsagentur-Chef Frank-Jürgen Weise. „Ich denke da zum Beispiel an die Jugendgarantie, die inzwischen ein Erfolg ist.“

Das „inzwischen“ signalisiert schon, dass es Anlaufschwierigkeiten gab mit Europas Initiative gegen die hohe Jugendarbeitslosigkeit, für die bis 2020 immerhin gut sechs Milliarden Euro bereitstehen. So dauerte es lange, bis erste Programme entwickelt und genehmigt waren. Doch auch vier Jahre nach Einführung der Jugendgarantie läuft längst nicht alles rund, bemängelt nun der Europäische Rechnungshof in einem Sondergutachten. Zwar ist die Arbeitslosenquote unter Jugendlichen in der Euro-Zone seit 2013 auf ihrem Höchststand mit 24,4 Prozent auf 21 Prozent im vergangenen Jahr gesunken. In besonders von der Finanzkrise betroffenen Ländern liegt sie aber heute immer noch deutlich höher – wie in Spanien (41,5 Prozent) oder in Italien (35,2 Prozent).

Das Versprechen, jedem Jugendlichen nach Jobverlust oder Schulabschluss innerhalb von vier Monaten einen Arbeits- oder Ausbildungsplatz, eine Weiterbildung oder zumindest ein Praktikum anzubieten, sei mit der Jugendgarantie nicht eingelöst worden, kritisieren die europäischen Rechnungsprüfer. Die sieben untersuchten EU-Staaten Irland, Spanien, Frankreich, Kroatien, Italien, Portugal und die Slowakei hätten innerhalb des Untersuchungszeitraums bis Mai 2016 zwar durchaus Fortschritte erzielt. Doch der erreichte Stand werde den ursprünglichen Erwartungen nicht gerecht.

Die Behörde führt das unter anderem darauf zurück, dass die aus dem EU-Haushalt bereitgestellten Mittel allein nicht ausreichten, um allen betroffenen Jugendlichen wirksam zu helfen. Allerdings vermisst sie in den Mitgliedstaaten auch „Strategien mit klaren Etappenzielen und Zielsetzungen“. Zudem sei die Vermittlung in Arbeit nicht immer nachhaltig.

Die EU-Länder sollten dafür Sorge tragen, dass Angebote im Rahmen der Jugendgarantie nur dann als hochwertig eingestuft werden, „wenn sie dem Profil des Teilnehmers und der Arbeitsmarktnachfrage entsprechen und zu einer dauerhaften Eingliederung in den Arbeitsmarkt führen“, heißt es in dem Bericht. Von der EU-Kommission verlangt der Rechnungshof klare Qualitätskriterien für Angebote im Rahmen der Jugendgarantie.

„Die politischen Entscheidungsträger sollten dafür sorgen, dass mit den Programmen zur Unterstützung junger Menschen keine Erwartungen geweckt werden, die nicht erfüllt werden können“, kritisierte die zuständige Rechnungsprüferin Iliana Ivanova. Aus Sicht der EU-Sozialkommissarin Marianne Thyssen ist die Initiative dagegen ein Erfolg. Seit 2014 hätten neun Millionen junge Europäer ein Job- oder Bildungsangebot angenommen, sagte sie im vergangenen Herbst.

© Handelsblatt GmbH – Alle Rechte vorbehalten. Nutzungsrechte erwerben?
Zur Startseite
-0%1%2%3%4%5%6%7%8%9%10%11%12%13%14%15%16%17%18%19%20%21%22%23%24%25%26%27%28%29%30%31%32%33%34%35%36%37%38%39%40%41%42%43%44%45%46%47%48%49%50%51%52%53%54%55%56%57%58%59%60%61%62%63%64%65%66%67%68%69%70%71%72%73%74%75%76%77%78%79%80%81%82%83%84%85%86%87%88%89%90%91%92%93%94%95%96%97%98%99%100%