Arbeitsmarkt Taugt die duale Ausbildung zum Exportschlager?

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Hilfsangebote für schwer vermittelbare Jugendliche

Es lohnt sich also, über den nationalen Tellerrand zu blicken – auch für vermeintliche Musterschüler wie die Bundesrepublik. Die 27 Arbeitsminister setzen deshalb bei ihrem Treffen besondere Hoffnungen in ein Gremium, das hierfür eine überaus treffende Abkürzung trägt: HOPES – die "Heads of Public Employment Services". Die Chefs der nationalen Arbeitsagenturen sollen, geht es nach der Politik, ihren bisher ziemlich losen Verbund zu einer festen Einrichtung schmieden. Dort könnten sich die obersten Arbeitsvermittler gegenseitig die besten Strategien gegen Joblosigkeit abschauen.

Beim anstehenden Treffen mit den Kollegen aus ganz Europa wollen sich die Vertreter der deutschen Bundesagentur für Arbeit (BA) gleichwohl mit eigenen Ratschlägen erst einmal zurückhalten. "Am deutschen Wesen soll die Welt genesen? Mit dieser Attitüde würden wir sicher nichts erreichen", sagt ein hoher BA-Vertreter.

Eine deutsche Spezialität dürfte dennoch für Aufmerksamkeit sorgen: die umfangreichen Hilfsangebote für Problemfälle. Länder, Kommunen und Bundesagentur haben ein Übergangssystem für schwer vermittelbare Jugendliche geschaffen, in dem jährlich zwischen 250 000 und 270 000 Arbeitslose geparkt werden. Das gilt zwar nicht überall als Ausbund an Effizienz, aber es sorgt immerhin dafür, dass kaum ein Jugendlicher komplett durchs Raster fällt.

Hohe Investitionen in Jugendliche

Die BA fördert auf zwei Wegen: Zum einen gibt es die sogenannte "Einstiegsqualifizierung" für Personen, die wegen persönlicher Defizite als noch nicht ausbildungsreif gelten. Sie können ein bis zu einem Jahr dauerndes Praktikum in einem Unternehmen absolvieren; die BA zahlt ihnen dafür ein Taschengeld von rund 300 Euro. In diesem Jahr nutzen etwa 12 500 Jugendliche das mit einem Etat von insgesamt 50 Millionen Euro ausgestattete Programm. "Rund 70 Prozent der Teilnehmer bekommen anschließend einen Ausbildungsplatz", sagt BA-Vorstandsmitglied Raimund Becker.

Noch umfangreicher ist ein anderes Programm: 360 Millionen Euro gibt die Nürnberger Agentur für berufsvorbereitende Bildung aus. Diese Maßnahmen dauern sechs bis neun Monate und sollen berufliche Grundfertigkeiten vermitteln; in diesem Jahr werden allein knapp 55 000 Jugendliche gefördert. "Oft geht es auch schlicht um Sozialkompetenz: Manche der jungen Leute haben es zum Beispiel nicht gelernt, pünktlich zu sein", so Becker.

Die Vorbereitungen für den EU-Gipfel hatten auch sonst schon ihr Gutes. Sie förderten nämlich den einen oder anderen eklatanten Mangel zutage. So hat etwa die zersplitterte italienische Arbeitsagentur offenbar kaum einen belastbaren Überblick über alle Jobsuchenden ihres Landes. "Wie", heißt es von deutscher Seite, "sollen wir jemals die Jugendgarantie der Kommission umsetzen, wenn einige Arbeitsverwaltungen nicht mal alle ihre Kunden kennen, die angesprochen werden sollen?"

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