"Der Hauptausschuss könnte eine Lohnfindung im Rahmen seines Auftrags veranlassen", sagte von Dohnanyi der WirtschaftsWoche. Das setze allerdings voraus, dass "wir konkrete Anträge bekommen und die Bereitschaft der Vertreter von Arbeitgebern und Gewerkschaften besteht, sich dann im Hauptausschuss und bei der Lohnfindung entsprechend zu engagieren". Der FDP-Fraktionsvorsitzende Rainer Brüderle hatte vergangene Woche ins Gespräch gebracht, den Dohnanyi-Ausschuss generell mit der Festlegung von Mindestlöhnen zu beauftragen, falls die Tarifparteien versagen.
Generell steht von Dohnanyi dem Vorschlag eines gesetzlichen flächendeckenden Mindestlohns, wie ihn Gewerkschaften, SPD und Grüne befürworten, skeptisch gegenüber und sympathisiert mit dem CDU-Modell. "Der Vorschlag der CDU, dass Kommissionen aus Arbeitgebern und Gewerkschaftsvertretern in einzelnen Branchen oder Regionen einen jeweils angemessenen Mindestlohn festsetzen, sofern es keine Tarifverträge gibt, ist Nachdenkens wert. Denn so gäbe es keinen vom Staat diktierten Einheitslohn, der entweder wirkungslos sein könnte, weil zu niedrig, oder vielleicht sogar Arbeitsplätze vernichtet, weil zu hoch. Angesichts der großen regionalen Unterschiede im ehemals geteilten Deutschland eine wichtige Frage."
Bislang allerdings hat der Dohnanyi-Ausschuss noch keinen Fall nach dem Mindestarbeitsbedingungsgesetz zu Ende gebracht. Er greift ein, wenn eine "soziale Verwerfung" in einer Branche vorliegt. Das Hauptproblem: "Ob eine ‚soziale Verwerfung‘ vorliegt, lässt sich mit den deutschen Beschäftigungs- und Einkommensstatistiken häufig nicht oder nur schwer feststellen", klagt von Dohnanyi.