Argentiniens Präsident Macri Merkel trifft den Hoffnungsträger Südamerikas

Bundeskanzlerin Merkel ist heute in Argentinien zu Gast. Präsident Mauricio Macri ist zum Hoffnungsträger auf einem kriselnden Kontinent geworden. Sein Reformprogramm ist beeindruckend, doch Macri steht unter Zeitdruck.

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Der argentinische Präsident trifft Bundeskanzlerin Angela Merkel. Quelle: Reuters

Salvador Der argentinische Präsident Mauricio Macri hat in den vergangenen sechs Wochen so viele Führer von Weltmächten getroffen wie seine Vorgänger in eineinhalb Jahrzehnten nicht: Macri besuchte Donald Trump in Washington, Xi Jinping in Peking und Shinzo Abe in Japan.

An diesem Donnerstag nun wird Macri Bundeskanzlerin Angela Merkel in Buenos Aires empfangen. Die Kanzlerin wird von den Chefs deutscher Konzerne wie Siemens, Dea, Fresenius, Berenberg Bank und Voith begleitet. Merkel bleibt nur einen Tag in Argentinien, bevor sie nach Mexiko weiterreist. Sie will deutsche Unternehmer treffen, vor Wissenschaftlern sprechen, die Orgel in einer restaurierten Synagoge einweihen und den Park der Erinnerung besuchen, in Gedenken an die Opfer der Militärdiktatur Argentiniens.

Macri wird das Treffen mit Merkel vor allem nutzen, um sein Land als Investitionsstandort in Lateinamerika nach 15 Jahren linker Regierungen anzupreisen. Das Reformprogramm, das der Präsident seit seinem Amtsantritt Ende 2015 im rasanten Tempo umsetzt, ist beeindruckend.

Nicht nur in Lateinamerika, auch weltweit gibt es kaum Regierungen, die so schnell die Rahmenbedingungen für die Wirtschaft verbessert haben. Macri gab den Wechselkurs des Peso frei und beendete die Devisenkontrollen. Er öffnete das Land für den Handel, reduzierte die Exportsteuern auf Agrarprodukte und löste das Schuldenproblem Argentiniens mit den Hedgefonds in New York.

Der Internationale Währungsfonds (IWF) begleitet wieder die Reformen und lobt den Kurs Macris. 117 Milliarden Dollar hat Argentinien bei der Steueramnestie eingenommen. Es war eine der erfolgreichsten Legalisierungen von Schwarzgeld weltweit.

Macris Popularität ist durch seine Reisediplomatie wieder gestiegen, nach einem Tief im Februar: 53 Prozent der Argentinier stehen hinter ihm. Diesen Rückhalt braucht der Präsident, solange die Konjunktur zögerlich anläuft und die Inflation zwar sinkt, aber weiterhin bei derzeit rund 27 Prozent steht und die Kaufkraft der Menschen aushöhlt.

Im Moment kauft sich der Präsident Zeit: Er erhöht die Staatsausgaben, um mit Infrastrukturprojekten die Konjunktur zu beleben – so lange, bis die privaten Investoren wiederkommen. Doch die lassen sich Zeit. Deshalb erhöht die Regierung das Haushaltsdefizit, was sie mit Krediten und Inflation finanziert. Um 38 Prozent sind die Ausgaben im ersten Quartal gestiegen.


Macris Wettlauf um die Mehrheit

Macri befindet sich in einem Wettlauf: Bis zu den Kongresswahlen im Oktober müssen die Wähler spüren, dass sich seine Reformen auch für sie positiv auswirken. Nur dann kann die Regierung im Kongress auch die Mehrheit bekommen, die ihr bisher fehlt.

Aus zwei Gründen sind die Aussichten gut, dass Macri im Oktober die Früchte seiner Reformen ernten kann: Einerseits haben sich die Konjunkturaussichten verbessert. Erstmals seit zwei Jahren ist die Wirtschaft im ersten Quartal im Vergleich zum Vorjahr um 0,8 Prozent gewachsen, wodurch ein erwarteter BIP-Anstieg von 2,7 Prozent in diesem Jahr realistisch scheint. Andererseits hoffen die Investoren darauf, dass die Investmentbank Morgan Stanley am 20. Juni Argentinien vom „frontier market“ zum „emerging market“ aufwertet, wodurch mehr Fonds und Investoren wieder in argentinische Aktien und Bonds investieren können.

Zwei Branchen schneiden dieses Jahr überdurchschnittlich ab. Zum einen die Landwirtschaft, die erstmals wieder exportieren kann: Weizen und Rindfleisch waren von der Ausfuhrpalette Argentiniens verschwunden. Zudem profitiert die Bauindustrie von den beginnenden Investitionen in Infrastruktur und Energie. Energiekonzerne wie Pampa Energia, Petrobras Argentina sowie TGN und TGS profitieren davon, dass die Regierung erfolgreich Stromauktionen durchgeführt und höhere Tarifanpassungen vorgenommen hat.

Merkels Besuch in Buenos Aires signalisiert auch die politische Unterstützung für Macris derzeit wichtigstes außenwirtschaftliches Ziel: Die Integration der Wirtschaftsgemeinschaft Mercosur (Argentinien, Brasilien, Paraguay, Uruguay) mit der EU. Darüber verhandeln die beiden Partner seit 15 Jahren – ohne Erfolg.

Doch jetzt hat Macri den Mercosur-Vorsitz inne. Bis Jahresende will er einen unterschriftsreifen Vertrag aushandeln. Die Chancen stehen gut. Beim G20-Treffen im Hamburg will er die Zweifler in Europa davon überzeugen, dass der Zusammenschluss positiv für beide Seiten ist.

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