Asylpolitik Fünf von sechs ausreisepflichtigen Afghanen geduldet

Im vergangenen Jahr schob Deutschland insgesamt 67 Afghanen ab. Laut einem Bericht können fünf von sechs Ausreisepflichtigen allerdings nicht abgeschoben werden. Die Gründe dafür sind vielfältig..

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Am Mittwoch waren 18 Afghanen mit der dritten Sammelrückführung von München nach Kabul geflogen worden. Quelle: dpa

Berlin Nur ein geringer Teil der mehr als 12.000 ausreisepflichtigen Afghanen kann aus Deutschland abgeschoben werden. Fünf von sechs Ausreisepflichtigen besäßen eine Duldung, berichtete die „Welt am Sonntag“ vorab unter Berufung auf Angaben des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge (BAMF). Bei ihnen lag ein sogenanntes Abschiebungshindernis vor. Darunter fallen etwa schwere Erkrankungen, die Sorge für minderjährige Kinder mit Aufenthaltsrecht oder eine ungeklärte Identität.

Am Mittwoch waren 18 Afghanen mit der dritten Sammelrückführung von München nach Kabul geflogen worden. Im vergangenen Jahr schob Deutschland insgesamt 67 Ausreisepflichtige nach Afghanistan ab.

Grünen-Chef Cem Özdemir forderte die Bundesregierung auf, Abschiebungen nach Afghanistan zu stoppen. „Außenminister Gabriel muss zügig die Lageeinschätzung für Afghanistan der Realität anpassen“, sagte Özdemir der „Bild am Sonntag“. „Es ist doch eindeutig: Afghanistan ist nicht sicher und es darf keine Abschiebungen in unsichere Länder geben.“ Özdemir verwies auf die Sicherheitsbeurteilung der Vereinten Nationen.

Mecklenburg-Vorpommerns Innenminister Lorenz Caffier hat Schleswig-Holstein wegen des Aussetzens von Abschiebungen nach Afghanistan „Verrat am Rechtsstaat“ vorgeworfen. Es sei „unverantwortlich“, dass sich rot-grün regierte Bundesländer bei der Abschiebung abgelehnter Asylbewerber gegen den Bund stellten, sagte der CDU-Landesvorsitzende am Samstag in Stralsund. Der Bund und Gerichte würden in jedem Einzelfall prüfen, ob eine Rückführung etwa nach Afghanistan rechtens sei. Außen- und Verteidigungsministerium hätten zudem festgelegt, dass Rückführungen in einzelne Landesteile möglich seien. „Dann torpedieren Länder wie Schleswig-Holstein solche rechtsstaatlichen Entscheidungen in reiner Willkür“, kritisierte Lorenz. „Das ist ein Verrat am Rechtsstaat ... und am gesamten Asylsystem.“ Schleswig-Holstein hatte die Abschiebung nach Afghanistan ausgesetzt, weil es die Lage in dem Land für zu gefährlich hält.

Bundeskanzlerin Angela Merkel drang bei der CDU-Veranstaltung darauf, dass die nordafrikanischen Länder Marokko, Algerien und Tunesien als sichere Herkunftsländer eingestuft werden sollten, wie dies von der großen Koalition beschlossen worden sei. Dies werde Asylverfahren beschleunigen und verhindern, dass Antragsteller auf die Kommunen verteilt würden, sagte die CDU-Chefin. Hintergrund ist eine sehr geringe Anerkennungsquote von Migranten aus diesen Staaten. Die Landesregierungen mit Grünen-Beteiligung lehnen im Bundesrat eine Zustimmung zur Einstufung als sichere Herkunftsländer ab.

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