In keinem anderen Bundesland ist die Unterbringung von Flüchtlingen so hierarchisch geregelt wie in Bayern, mit Abstrichen gilt das für Baden-Württemberg. Wie in allen Bundesländern gibt es zwar eine Quotenregelung, mit der die Flüchtlinge über das Land verteilt werden.
Auf die Zuweisungen selbst haben Städte und Gemeinden aber kaum Einfluss. Die Bezirksregierungen tragen die Kosten, entscheiden dafür aber auch allein, welche Unterkünfte zum Zug kommen. Sie sollten mindestens 50 Plätze bieten, Privatwohnungen sind grundsätzlich unzulässig, außer die Flüchtlinge bezahlen selbst.
Die Kommunen haben kein Mitspracherecht, sondern nur die Pflicht, Vorschläge zu machen. Auf dem Papier geht es den Asylbewerbern in Bayern dann so gut wie nirgendwo sonst: Der Freistaat gibt besonders viel Geld für Flüchtlinge aus, 2014 werden es 220 Millionen Euro sein, Nordrhein-Westfalen kommt mit 110 Millionen Euro aus. Auch sieben Quadratmeter Schlaffläche pro Person sind im Vergleich groß bemessen.
Standards bröckeln
„Die Vorgaben der Regierung sind so hoch, dass die meisten unserer Vorschläge abgelehnt werden“, sagt Vogelreuther. Die Bewerber aber laufen trotzdem auf. Die Regierung setzte deshalb in den vergangenen Monaten verstärkt auf das Mittel der Zwangszuweisung: Wenn nicht genug Plätze da sind, bekommen die Städte einfach Personen zugewiesen – Standards spielen dann keine Rolle mehr.
Sozialdezernentin Vogelreuther muss dann nehmen, was sie auf die Schnelle bekommen kann, mietet Pensionen und Monteursunterkünfte an. Nachdem sie die Notlager wie im Möbelhaus verlassen haben, müssen die Flüchtlinge dort zu siebt oder acht in einem Raum ausharren, bis über den Asylantrag entschieden ist – was Jahre dauern kann. Das ist unmenschlich, teuer obendrein.
Bei Michaela Vogelreuther rief vor einiger Zeit ein Makler an, um den Kontakt zu einem Investor aus Singapur zu vermitteln. „Der wollte hier Immobilien kaufen, um sie an uns zu vermieten“, erinnert sie sich. Er hatte von einem Tagessatz von 60 Euro gehört. Vogelreuther wimmelte ihn ab, sagt aber auch: „Auf dem Land sind solche Preise durchaus möglich.“ Wo es nur eine Handvoll Pensionen gibt, die überhaupt gemietet werden können, bleiben den Gemeinden kaum Optionen.
Dass es auch anders gehen könnte, zeigt sich in Rheinland-Pfalz. Auch hier ist die Erstaufnahme überlastet, auf Zelte und andere Notlager konnte bisher aber verzichtet werden. Bereits 2012 hat das Land begonnen, die Erstaufnahmestelle in Trier zu erweitern, im Februar konnte eine neue Unterkunft bezogen werden.
Anfang 2015 öffnet wohl eine weitere Außenstelle des BAMF, das kleine Rheinland-Pfalz hätte dann so viele Registrierungsstellen wie Bayern. „Wir haben die Schätzungen des BAMF und den gleichzeitig in unserer Erstaufnahmeeinrichtung registrierten Anstieg der Flüchtlingszahlen immer sehr ernst genommen“, sagt Integrationsministerin Irene Alt (Grüne), „daher kommen wir mit den derzeitigen Flüchtlingszugängen relativ gut zurecht.“
Von einer besonderen Betroffenheit einzelner Bundesländer will sie nichts wissen: „Die Aufgabe der Flüchtlingsaufnahme ist auf alle Länder nach Steueraufkommen und Bevölkerungszahl gleich verteilt – die geografische Lage eines Bundeslandes spielt keine Rolle.“