"Atomsteuer" verfassungswidrig Verfassungsgericht kippt Brennelementesteuer

Die von 2011 bis 2016 erhobene Brennelementesteuer ist verfassungswidrig, teilt das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe mit. Den Atomkonzernen könnten nun Milliardenrückzahlungen winken.

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Das Atomkraftwerk Grohnde in der Gemeinde Emmerthal im Landkreis Hameln-Pyrmont (Niedersachsen). Quelle: dpa

Die von 2011 bis 2016 kassierte Brennelementesteuer ist nach einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts unvereinbar mit dem Grundgesetz. In dem am Mittwoch veröffentlichten Beschluss erklären die Karlsruher Richter das Gesetz deshalb rückwirkend für nichtig. Zur Begründung des Urteils hieß es: "Außerhalb der durch das Grundgesetz vorgegebenen Kompetenzordnung haben Bund und Länder kein Steuererfindungsrecht", die Brennelementesteuer sei keine Verbrauchssteuer. (AZ: 2 BvL 6/13). Das Finanzgericht Hamburg hatte die Rechtmäßigkeit der Kernbrennstoffsteuer bezweifelt und deshalb das Gesetz Karlsruhe zur verfassungsrechtlichen Prüfung vorgelegt. Der Fall geht jetzt an das Finanzgericht Hamburg zurück. Das wird nach den Karlsruher Vorgaben die Rückerstattung regeln.

Die AKW-Betreiber E.ON, RWE und EnBW können auf die Rückzahlung von insgesamt sechs Milliarden Euro Atomsteuer hoffen. Zu zahlen waren 145 Euro je Gramm auf alle Brennelemente, die erstmals im Reaktor zum Einsatz kamen. Für den Energiekonzern Eon summierte sich das nach Auskunft eines Sprechers über die sechs Jahre auf rund 2,8 Milliarden Euro. RWE hofft darauf, 1,7 Milliarden Euro zurückzubekommen. Bei EnBW sind es 1,44 Milliarden Euro. Der schwedische Konzern Vattenfall hat seit der Nuklearkatastrophe im japanischen Fukushima 2011 keine deutschen Kraftwerke mehr am Netz.

Nach Auskunft des Bundesfinanzministeriums hat die Steuer insgesamt 6,285 Milliarden Euro in die Staatskasse gespült.

Welche deutschen Atomkraftwerke demnächst vom Netz gehen

Trotz der inzwischen erzielten Einigung mit der Bundesregierung in Sachen Atommüll-Entsorgung hatten die Versorger an der Klage gegen die Brennelementesteuer festgehalten. Einige andere Klagen wollen sie hingegen zurückziehen. In Hamburg hatten die Richter grundsätzliche Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit des Gesetzes. Nach einer Klage von Eon setzten sie deshalb 2013 das Verfahren aus und legten die Sache dem Bundesverfassungsgericht zur Prüfung vor.

Nach der Entscheidung reagierte die Börse umgehend: Die Aktienkurse von E.ON und RWE legten um mehr als vier Prozent zu, Papiere von EnBW um über zwei Prozent.

Die Bundesregierung hatte nach der Reaktorkatastrophe im japanischen Fukushima 2011 den beschleunigten Ausstieg aus der Kernenergie beschlossen. Danach soll der letzte deutsche Meiler Ende 2022 vom Netz gehen.

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