Auftritt in Dresden AfD droht Maas mit „würdigem Empfang“

Eine geplanter Rede-Auftritt von Justizminister Maas in der TU Dresden muss wegen befürchteter Störungen verlegt werden. Doch auch am neuen Veranstaltungsort drohen massive Proteste gegen den SPD-Politiker.

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Bundesjustizminister Heiko Maas (SPD): Auftritt in Dresden provoziert Rechtspopuisten. Quelle: dpa

Berlin Bundesjustizminister Heiko Maas (SPD) sieht sich seit langem übler Beschimpfungen von Anhängern des islamfeindlichen Pegida-Bündnisses ausgesetzt. Die selbst ernannten Patrioten haben nun ihre Montagskundgebung in Dresden abgesagt und stattdessen dazu aufgerufen, sich einer Demonstration der AfD gegen den Minister anzuschließen.

Die Technische Universität Dresden hatte Maas an diesem Montag zu einem Vortrag eingeladen. Im Hörsaalzentrum (HSZ) sollte er über Fake News und Hetze im Internet sprechen. Doch die Uni sah sich gezwungen, die Veranstaltung zu verlegen. Da im Internet „massiv“ zu Störungen aufgerufen werde, sei nicht sicherzustellen, dass die Prüfungen, die die Studierenden in der Uni schreiben sollen, in Ruhe ablaufen können, hieß es in einer Mitteilung. Der Rede-Auftritt soll nun deshalb in der Ballsportarena am Rande der Altstadt stattfinden.

Gegen die Veranstaltung sind mehrere Demonstrationen angemeldet. Zwei AfD-Kreisverbände wollen gegen das Netzwerkdurchsetzungsgesetz (NetzDG) protestieren. Im Netz kündigten sie bereits an, Maas „einen würdigen Empfang bereiten“ zu wollen. Die Pegida-Organisation übt den Schulterschluss mit der AfD und ruft dazu auf, an der Protestkundgebung der Partei teilzunehmen. „Wir möchten dem Bundesminister einen gebührenden Empfang bereiten und ihm unsere Sicht zum Thema Zensur überbringen“, heißt es auf der Webseite des islamfeindlichen Bündnisses.

Der Rektor der TU Dresden, Hans Müller-Steinhagen, reagierte mi scharfer Kritik auf die angekündigten Proteste. Ihm fehle „jedes Verständnis dafür, dass intolerante Gruppen den Fachvortrag eines Politikers - auch wenn er so exponiert ist wie der Bundesminister der Justiz - behindern und dabei den größtmöglichen politischen Flurschaden anrichten wollen“, sagte Müller-Steinhagen der Nachrichtenagentur dpa.

Die AfD macht nicht zum ersten Mal mobil gegen das von Maas maßgeblich vorangetriebene Gesetz zur Bekämpfung von Hassbotschaften und Hetze im Internet. Erst vergangene Woche bekräftigte die Spitzenkandidaten der Partei, Alexander Gauland und Alice Weidel, ihre Kritik an dem Gesetz, das der Bundesrat kürzlich gebilligt hatte. Es sieht unter anderem vor, dass soziale Netzwerke wie Facebook und Twitter strafbare Inhalte, wenn sie einen Hinweis erhalten, binnen 24 Stunden löschen müssen.


„Dann zeigt sich deutlich das rechtsradikale Gesicht der Partei“

Gauland, der selbst nie im Internet surft, sagte dazu: „Hier wird die Meinungsfreiheit im Grunde genommen abgeschafft.“ Es sei ganz klar, dass sich dieses Gesetz gegen die AfD richte. Weidel hatte unlängst sogar angekündigt, eine Verfassungsklage zu prüfen, weil das Gesetz ein „schwarzer Tag für das freiheitliche Deutschland und die Meinungsfreiheit“ sei. Die AfD arbeite daher mit „Hochdruck an der Prüfung einer Verfassungsklage gegen dieses Zensurgesetz“.

Die AfD ist jedoch gar nicht berechtigt, vor dem Bundesverfassungsgericht gegen das Gesetz zu klagen. „Eine abstrakte Normenkontrolle kommt nicht in Betracht, weil die Partei nicht zu den Antragsberechtigten zählt“, sagte der Speyrer Staatsrechtler Joachim Wieland, kürzlich dem Handelsblatt. Auch ein „Organstreit“ scheide aus, weil die AfD nicht als politische Partei von dem Gesetz betroffen sei. „Eine Verfassungsbeschwerde gegen das Gesetz kommt für die AfD ebenfalls nicht in Betracht, weil sie als politische Partei durch das Gesetz nicht beschwert ist“, so Wieland.

Auch Mitglieder der AfD könnten nicht gegen das Gesetz klagen. „Sie könnten sich nur vor den Fachgerichten gegen Akte zum Vollzug des Gesetzes wenden und nach Erschöpfung des Rechtsweges Verfassungsbeschwerde erheben“, erläuterte der Staatsrechtler. Die würde aber nur zu einer Prüfung durch das Gericht führen, wenn die zuständige Kammer die Verfassungsbeschwerde zur Entscheidung annähme. Das geschehe aber in weniger als drei Prozent der Fälle.

Damit bleibt der AfD nichts anderes übrig, als ihren Protest auf die Straße zu tragen. Allerdings im Verbund mit Pegida. Maas hatte den Schulterschluss der beiden vor wenigen Monaten schon mit scharfen Worten kommentiert und der AfD vorgehalten, sich nicht mehr von radikalen und fremdenfeindlichen Hetzern abzugrenzen. „Dann zeigt sich deutlich das rechtsradikale Gesicht der Partei“, sagte der Minister seinerzeit „Frankfurter Rundschau“. Die AfD wolle offenbar „zur neuen politischen Heimat für Neonazis“ werden.

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