Außenminister Sigmar Gabriel hat bei ersten Gesprächen mit seinem US-Kollegen Rex Tillerson und Vizepräsident Mike Pence in Washington große Gemeinsamkeiten festgestellt. Es gebe zwar Differenzen mit US-Präsident Donald Trump bei den Themen Migration, Europa, Ukraine und der Haltung zu Russland, sagte Gabriel am Donnerstag. Bei den Treffen mit Pence und Tillerson hätten sich diese Unterschiede aber nicht gezeigt. „Ich war sehr zufrieden damit, dass wir hier eine große Bandbreite gemeinsamen Verständnisses hatten“, sagte Gabriel.
Sowohl Pence als auch Tillerson hätten klar gemacht, dass sie ein großes Interesse an einer Stärkung Europas haben, sagte Gabriel. Auch das Ausscheiden Großbritanniens aus der Europäischen Union würden sie nicht als Beginn eines Auseinanderbrechens der EU interpretieren. Die USA müssten auch ein Eigeninteresse an einem starken Europa haben, sagte Gabriel.
Pence kündigte in dem Gespräch mit Gabriel an, zur Münchner Sicherheitskonferenz nach Deutschland zu reisen. Ob auch Tillerson zu der Konferenz vom 17. bis 19. Februar kommen wird, ist dagegen noch unklar. Er habe aber die Absicht, am kurz zuvor stattfindenden G20-Außenministertreffen in Bonn teilzunehmen, sagte Gabriel.
Tillerson war erst am Mittwochabend vereidigt worden. Gabriel zählte am Donnerstag zu den ersten ausländischen Gästen seines Kollegen. Anschließend sprach er von sich und Tillerson als „New Kids on the Block“ (Die neuen Kids im Viertel), in Anlehnung an eine US-Boygroup der späten 80er Jahre.
Gabriel setzte sich in den Gesprächen für einen freien und fairen Handel ein und stellte sich gegen die Bestrebungen Trumps, den US-Markt abzuschotten. In Sachen Russland bekräftigte der Vizekanzler, dass die bestehenden Sanktionen der EU nur abgebaut werden könnten, wenn es Fortschritte im Minsker Friedensprozess für die Ost-Ukraine gebe. „Dagegen ist von niemandem etwas gesagt worden“, sagte er zu seinen Gesprächen. Trump hat eine Debatte über die Reduzierung der Sanktionen eröffnet.
Wie viele Deutsche Trumps Vorschläge auch bei uns gerne verwirklicht sähen
Die Deutschen mögen Donald Trump nicht. Nur wenige Prozent hätten für den Republikaner gestimmt, ergaben Umfragen vor der US-Wahl. Doch ist ihnen womöglich nur der Mensch zuwider, nicht sein Programm? Und fürchtet die überwiegende Mehrheit, dass Trump ein gefährlicher Präsident wird? Eine aktuelle Ipsos-Umfrage im Auftrag der WirtschaftsWoche liefert dazu erstaunliche Erkenntnisse.
Auf die Frage, welche Trump-Vorhaben die Deutschen auch hierzulande gerne umgesetzt sähen, antworteten satte 56,3 Prozent, sie wollten die Abschiebung aller illegalen Ausländer.
34 Prozent der Befragten stimmen Trumps Forderung nach mehr Durchgriffsrechten für die Polizei zu.
Immerhin 30,6 Prozent wünschen sich weniger Einkommensteuer.
26,2 Prozent wünschen sich gar eine strikte Einreiseregulierung für Muslime.
Die Ablehnung der Deutschen gegen Freihandelsabkommen wie TTIP oder TPP zeigt sich auch in dieser Umfrage. 19 Prozent sähen auch hierzulande gerne ein Ende/Neuverhandlung der Freihandelsabkommen.
15 Prozent der Befragten sind für den Aufbau engerer Beziehungen zu Putins Russland.
Die Erbschaftsteuer sähen 13 Prozent der Befragten auch in Deutschland gerne abgeschafft.
Immerhin 4 Prozent wünschen sich eine Einführung von (Schutz-)Zöllen für Importe.
Mehrfach drohte der designierte US-Präsident mit dem Austritt aus dem Pariser Klimaabkommen. Nur 2 Prozent der Befragten sind für einen Austritt beziehungsweise Rückzug aus dem Klimavertag.
17 Prozent der Befragten ist nicht nur die Person Donald Trump zuwider. Auch das Programm des Republikaners stößt auf Ablehnung.
Gemessen an der Ablehnung seiner Person, sehen die Bundesbürger Trumps Rolle in der Welt noch vergleichsweise milde. 57,2 Prozent der Deutschen gehen davon aus, Trump werde vom Weißen Haus aus die Welt politisch destabilisieren.
55,9 Prozent erwarten negative Auswirkungen für Deutschland.
Zu den möglichen Folgen für die USA ist die Skepsis viel größer: Nur 12,2 Prozent sagen, Trump werde die internationale Position seines Landes nachhaltig verbessern.
Gabriel warb in Washington für eine starke transatlantische Partnerschaft. In politischer und kultureller Hinsicht stehe keine Weltregion Deutschland und Europa so nahe wie die Vereinigten Staaten. „Deswegen wollen wir mit ausgestreckter Hand auf die USA zugehen.“ Gabriel mahnte die USA aber auch zur Achtung der gemeinsamen Werte. „Uns verbindet mit den USA ein festes Wertegerüst“, sagte er. „Aber bei diesen Werten muss es eben auch bleiben, es darf kein Abweichen davon geben.“ Dazu gehöre Religionsfreiheit ebenso wie der faire Umgang miteinander.
Trumps Amerika: Die Pläne des neuen US-Präsidenten
Trump will sich ganz von amerikanischen Interessen, vor allem den Sicherheitsinteressen leiten lassen. Höchste Priorität soll der Kampf gegen islamistische Terrororganisationen wie den Islamischen Staat (IS) haben. Russland wird in den Eckpunkten nicht direkt erwähnt, es gibt aber einen Satz, der als Botschaft an Russland verstanden werden kann. „Die Welt muss wissen, dass wir keine Feinde suchen, dass wir immer froh sind, wenn alte Feinde zu Freunde werden, und wenn alte Freunde zu Verbündeten werden.“ Internationale Bündnisse und Organisationen wie die Nato, die Europäische Union und die Vereinten Nationen kommen in den Eckpunkten nicht vor.
Trump setzt auf „harte und faire“ Handelsabkommen, die vorrangig der US-Wirtschaft nutzen sollen. Darauf will er seine „härtesten und klügsten“ Leute ansetzen. Erstes Ziel: „Rückzug aus der transpazifischen Partnerschaft.“ Das nordamerikanische Freihandelsabkommen Nafta der USA mit Kanada und Mexiko will er neu verhandeln und aufkündigen, wenn es keinen „fairen Deal“ gibt. Verstöße anderer Länder gegen Handelsabkommen will er „mit allen Mitteln“ bekämpfen.
Die Kürzungen bei den US-Streitkräften will Trump rückgängig machen. „Unsere militärische Dominanz darf nicht infrage gestellt werden.“ Kein Land dürfe die USA militärisch überholen. Trump kündigt ein Raketenabwehrsystem zum Schutz vor Angriffen des Iran und Nordkoreas an. Dem Cyber-Krieg soll Priorität eingeräumt werden. Dabei sollen sowohl die defensiven als auch die offensiven Fähigkeiten der Streitkräfte gestärkt werden.
„Die Trump-Regierung wird eine Law-and-Order-Regierung (Recht und Ordnung) sein“, heißt es in den Eckpunkten. Vor allem die Gewaltkriminalität will der neue US-Präsident durch effektivere Polizeiarbeit, konsequentere Anwendung von Strafgesetzen und mehr bürgerliches Engagement bekämpfen. Das Recht auf Waffenbesitz soll nicht angetastet werden, um es jedem US-Bürger zu ermöglichen, sich selbst zu verteidigen.
Ein Grenzwall nach Mexiko soll illegale Einwanderung stoppen. Außerdem will Trump Migranten, die straffällig geworden sind, abschieben.
In zehn Jahren will Trump 25 Millionen Arbeitsplätze schaffen und vier Prozent Wachstum pro Jahr erreichen. Er will die Steuern für Bürger und Unternehmen senken sowie das gesamte Steuersystem vereinfachen. Staatliche Regulierung will die neue US-Regierung so weit wie möglich zurückfahren.
Trump will Energie für die Bürger möglichst billig machen und unabhängig sein von ausländischem Öl. Dafür will er Gesetze zum Klima- und Wasserschutz zurücknehmen, die Obama durchgesetzt hat. Stattdessen setzt er auf Fracking, also die Förderung von Erdgas aus Gesteinsschichten. Die US-Kohleindustrie will er „wiederbeleben“. Die Umweltbehörde EPA soll sich auf den Luft- und Wasserschutz konzentrieren. Trump hat früher abgestritten, dass es den menschengemachten Klimawandel gibt.
US-Präsident Trump wird eine vielfache Verletzung dieser Werte vorgeworfen, etwa durch den pauschalen Einreisestopp für Menschen aus sieben muslimisch geprägten Ländern, seine Drohung mit Strafzöllen für ausländische Waren oder seine billigende Äußerung zur Folter.
Am Freitag reist Gabriel weiter nach New York, um dort Gespräche bei den Vereinten Nationen zu führen und UN-Generalsekretär Antonio Guterres zu treffen.