Ausspähaktion Proteste gegen Türkei-Spionage des BND

Der deutsche Geheimdienst soll den Nato-Partner Türkei belauscht haben. Das erzürnt die grüne Fraktionschefin Göring-Eckardt und türkische Vereine. Andere Spitzenpolitiker verteidigen die Abhöraktion.

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Türkische Vereine in Deutschland wollen nicht unter Generalverdacht gestellt werden. Quelle: dpa

Passau/Berlin/Köln Die Grünen-Fraktionschefin im Bundestag, Katrin Göring-Eckardt, hat sich empört zur mutmaßlichen Überwachung des Nato-Partners Türkei durch den deutschen Geheimdienst BND geäußert. „Die BND-Ausspähaktionen sind gravierende Vorgänge, die man nicht einfach abtun kann“, sagte sie der „Passauer Neuen Presse“. Kanzlerin Angela Merkel müsse sich dazu persönlich erklären. „Wir wollen wissen, seit wann die Bundesregierung von den BND-Aktionen wusste und wie groß der Umfang des Ausspähens wirklich ist.“

Dagegen verteidigte der Grünen-Abgeordnete und frühere Fraktionschef Jürgen Trittin die BND-Aktivitäten. Er rate in der Debatte über die Arbeit der Geheimdienste zu „weniger Wehleidigkeit, mehr eigener Aufklärung und besserer Spionageabwehr“, sagte er der „Berliner Zeitung“. Ein zufälliges Mithören von Ministertelefonaten sei etwas anderes als das systematische Ausspähen des Parteihandys der Kanzlerin, betonte Trittin mit Blick auf Lauschaktionen des BND gegen die US-Außenminister Hillary Clinton und John Kerry.

Die BND-Tätigkeit in der Türkei sei gerechtfertigt, meinte der Grünen-Außenpolitiker: „Die Sicherheit Deutschlands ist durch die Vorgänge im Grenzgebiet zwischen der Türkei und Syrien und dem Irak unmittelbar betroffen. Und es stehen Bundeswehrsoldaten an der Grenze zu Syrien. Dass ein geheimer Nachrichtendienst dort Erkenntnisse sammelt, kann man ihm nicht vorwerfen. Das ist seine Aufgabe.“

Linksfraktionschef Gregor Gysi forderte in der „Passauer Neuen Presse“ „zumindest eine umfassende Reform der Geheimdienstkontrolle“. Der BND versuche „offenbar systematisch, sich der Kontrolle durch das Parlament zu entziehen“.
Der Vorsitzende des Bundestags-Innenausschusses, Wolfgang Bosbach (CDU), hält mögliche BND-Aktivitäten in Sachen Türkei für nachvollziehbar. Es gebe „sicherlich gute Gründe“, sagte er dem „Kölner Stadt-Anzeiger“ . Bosbach verwies dabei auf Aktivitäten der kurdischen PKK sowie links- und rechtsextremistischer türkischer Gruppen in Deutschland, auf Drogenschmuggel und Schleuserkriminalität. Bosbach geht davon aus, dass die US-Regierung Berichte über mitgehörte Gespräche von Kerry und Clinton im Streit um die amerikanische Ausspähpraxis in Deutschland ausnutzt. „Für die Amerikaner ist diese Nachricht ein Geschenk des Himmels.“

Die Türkische Gemeinde in Deutschland hat die mutmaßliche Ausspähung der Türkei durch den Bundesnachrichtendienst (BND) dagegen scharf kritisiert. Der Vorsitzende der Gemeinde, Safter Cinar, sagte der Zeitung „Welt“ einem Vorabbericht zufolge, man sei „in höchstem Maße erbost, dass hier Vereine von deutschen Staatsbürgern als Handlanger der türkischen Regierung dargestellt werden“. Dies sei skandalös und unmöglich.

Politiker von Koalition und Opposition hatten sich am Wochenende gegen eine deutsche Überwachung des Nato-Partners Türkei gewandt und vor weiterer Entfremdung zwischen Berlin und Ankara gewarnt. Nach Medienberichten überwacht der BND die Türkei schon seit Jahren. Laut „Spiegel“ wird das Land im „Auftragsprofil“ der Regierung aus dem Jahr 2009, das bis heute gültig sei, als offizielles Aufklärungsziel geführt. Der BND soll zudem mindestens ein Gespräch von US-Außenminister Kerry abgehört haben, das 2013 als „Beifang“ im Überwachungsnetz des Dienstes landete - ähnlich wie 2012 ein Telefonat von Kerrys Vorgängerin Clinton.

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