Automatisiertes Fahren Verbraucherschützer zerreißen Dobrindt-Pläne

Verkehrsminister Dobrindt stößt mit seinen Plänen für computergesteuerte Autos auf Widerstand bei Verbraucherschützern. In einer Stellungnahme listen sie zahlreiche Mängel im Gesetzentwurf des CSU-Politikers auf.

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Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) testet in Ingolstadt (Bayern) einen selbstfahrenden Audi A7 (Archivbild). Quelle: dpa

Berlin Für Verkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) gibt es ein schlagendes Argument, warum künftig der Computer ein Auto steuern sollte – und seltener der Mensch: Die Zahl der Unfalltoten werde sinken, ist Dobrindt überzeugt. „Rund 90 Prozent“ der Unfälle seien auf „menschliches Versagen“ zurückzuführen, heißt es in der Begründung des Entwurfs für ein neues Straßenverkehrsgesetz, „während nicht einmal ein Prozent in einem Zusammenhang mit technischen Mängeln standen“.

Dobrindt will nun, dass künftig Autos lenken, beschleunigen und bremsen dürfen. Der Fahrer darf sich auf das System verlassen. Doch die Zweifel wachsen. Der Verbraucherzentrale Bundesverband (VZBV) etwa hält die Pläne des Ministers für völlig unausgegoren. Das geht aus einer dem Handelsblatt vorliegenden Stellungnahme des VZBV für eine an diesem Donnerstag im Verkehrsministerium stattfindenden Anhörung von Verbänden und Ländern zu dem Entwurf hervor.

Kritisiert wird, dass die „berechtigten Interessen“ der Verbraucher „weitgehend unberücksichtigt“ gelassen würden. Statt für alle Seiten Rechtssicherheit beim Betrieb von automatisierten Systemen herzustellen, diene der Entwurf in erster Linie dazu, „die Hersteller von automatisierten Fahrsystemen weitestgehend aus der Verantwortung zu nehmen und diese den Verbrauchern als Autofahrern und Autohaltern zu übertragen“. Der Entwurf werde daher in dieser Form dazu führen, „dass automatisierte Fahrfunktionen in Deutschland nicht genutzt werden“.

Der VZBV bemängelt in diesem Zusammenhang, dass „sprachliche Ungenauigkeit und versäumte Definitionen“ in dem Entwurf zu „erheblicher Rechtsunsicherheit“ bei Verbrauchern führen werde. So werde etwa in keinem Satz erwähnt, was der Fahrer im automatisierten Fahrmodus tun dürfe. Vielmehr werde der Sinn und Zweck von hoch- und vollautomatisierten Fahrfunktionen dadurch „konterkariert“, dass nach den vom Referentenentwurf auferlegten Pflichten der Fahrzeugführer nur „hinreichend sorgfältig“ handeln könne, wenn er selbst fahre.


Zahlreiche Korrekturen angemahnt

Mit Blick auf den Datenschutz kritisieren die Verbraucherschützer, dass die Befugnis der Weitergabe der im Fahrzeug gespeicherten Daten an Behörden „zu weitgehend“ gefasst sei und der Grundsatz, dass sich niemand selbst belasten müsse, „nicht beachtet“ werde.

Als Konsequenz mahnt der VZBV zahlreiche Korrekturen an dem Entwurf an. So soll etwa im Fall von Unfällen, die durch hoch- oder vollautomatisierter Fahrfunktionen verursacht werden, sichergestellt werden, dass der Hersteller im Sinne der Gefährdungshaftung haften müsse. Es solle zudem „ein Trust Center eingerichtet werden, das die Fahrzeug- und Verkehrsdaten verwaltet und eine Vermittlerrolle zwischen Dateninhabern und berechtigten Dritten übernimmt“.

Dass es Dobrindt mit seinen Plänen sehr ernst ist, zeigte sich auch darin, dass sein Ministerium rund 80 Millionen Euro für den Ausbau von neuen Teststrecken für automatisiertes und vernetztes Fahren in Deutschland bereitstellen will. Das hatte er im Oktober vergangenen Jahres angekündigt.

Dobrindt stellte damals eine Zwischenbilanz zu einem Testfeld auf der A9 in Bayern vor. Dort fahren seit einem Jahr Autos und Lkw mit automatisierten Systemen. Die Erfahrungen mit dem Testfeld seien durchweg positiv, erklärte er Minister seinerzeit. „Jetzt nehmen wir die komplexen Verkehrssituationen auf den Landstraßen und im Stadtverkehr in den Blick.“ Dafür sei neben Versuchen in Hamburg, München, Dresden, Ingolstadt, Braunschweig und Düsseldorf auch ein digitales Testfeld in Berlin geplant.

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