Automatisiertes Fahren Warnung vor dem Autopiloten

Per Gesetz wollte Bundes-Verkehrsminister Dobrindt dem automatisierten Fahren den Weg ebnen. Doch statt Rechtssicherheit schaffen seine Pläne, die das Kabinett heute beschließt, Unsicherheit für die Verbraucher.

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Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) testet in Ingolstadt (Bayern) einen selbstfahrenden Audi A7 (Archivbild). Quelle: dpa

Es war eines der großen Zukunftsthemen, die Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) auf den Weg bringen wollte: das automatisierte Fahren. In wenigen Jahren schon, so die Vision des Ministers wie auch der Automobilbauer BMW, Daimler, Volkswagen und Co. und neuen Konkurrenten wie Google, Uber oder Tesla sollten Autos weitgehend allein auf den Straßen fahren. Der Fahrer soll bestenfalls noch eingreifen, wenn das System versagt.

Das schlagende Argument, dass nicht nur das Verkehrsministerium sondern selbst Google-Verwaltungsratschef Eric Schmidt anführt: Die Zahl der Todesfälle auf den Straßen soll sinken, wenn erst einmal Maschinen das Steuer übernehmen. „Rund 90 Prozent“ der Unfälle seien auf „menschliches Versagen“ zurückzuführen, während nicht einmal ein Prozent in einem Zusammenhang mit technischen Mängeln standen“, wie das Ministerium notiert hat.

Die Versicherungswirtschaft selbst rechnet mit rund einem Viertel weniger Unfällen auf Landstraßen und fast die Hälfte weniger auf Autobahnen, wenn erst einmal Autopiloten zum Einsatz kommen. Das hat zumindest die Schweizer Rückversicherungsgesellschaft Swiss RE ermittelt. Damit die Deutschen die Nase vorn haben bei der Entwicklung des selbstfahrenden Autos, und die Kunden zuschlagen, sollte schnell Rechtssicherheit her. Wer haftet, wenn es zu einem Unfall kommt? Der Fahrer oder der Hersteller?“

Dem Handelsblatt liegt der Gesetzentwurf vor, den das Bundeskabinett heute beschließen wird. Doch die Regelungen werden genau das Gegenteil von dem bewirken, was sie sollten: Die Autofahrer werden sich zweimal überlegen, ob sie sich auf die automatisierten Systeme verlassen. Wer sich aufs System verlässt ist im Zweifel selbst schuld.

Seit 2015 tagt im Bundesverkehrsministerium ein Runder Tisch, der sich Regeln ausdachte. Vor allem die Hersteller pochten dabei immer wieder auf Rechtssicherheit, ohne die sich die innovativen Fahrsysteme nicht durchsetzen würden. Also sahen die ersten Pläne des Ministers vor, dass Autos künftig lenken, beschleunigen und bremsen dürfen. Der Fahrer sollte sich auf das System verlassen dürfen. Der Fahrer eines hoch- oder vollautomatisierten Fahrzeugs sollte sich „vom Verkehrsgeschehen und der Fahrzeugsteuerung abwenden“ dürfen, sofern er „wahrnehmungsbereit“ bleibt, sprich: nicht schläft. Vom „innovativsten Straßenverkehrsrecht“ war die Rede.

Doch gegen die Pläne hat von Anfang an das Bundesjustizministerium mobil gemacht. Das Argument der Verfassungsexperten: Der Mensch muss jederzeit die letzte Kontrolle haben - und damit haften. Die Haltung des Hauses änderte sich auch nach vielen Besprechungen nicht, die Verhandlungen wurden sogar zeitweilig abgebrochen. Im Zweifel hätte es in dieser Wahlperiode kein Gesetz gegeben. Am Ende, so heißt es in Regierungskreisen, sei das Bundesverkehrsministerium zu jedem Kompromiss bereit gewesen – Hauptsache das Gesetz wird noch in dieser Legislaturperiode beschlossen, damit der Minister im Wahljahr einen Erfolg verkünden kann.

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