Bamf 199 Asylentscheider noch nicht geschult

Der Fall des rechtsradikalen Bundeswehrleutnants Franco A. hat Qualitätsdefizite im Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bamf) offengelegt. Seit Juli schult das Amt nun Personal nach.

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Eine Mitarbeiterin des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge (BAMF) Quelle: dpa

Nachdem der rechtsradikale Bundeswehrleutnant Franco A. sich als Asylsuchender ausgeben und so das Bundesamt für Migration und Flüchtling (Bamf) täuschen konnte, startete die Behörde eine interne Untersuchung. An deren Ende stand ein Revisionsbericht, der „gezielte Qualifizierungsmaßnahmen“ empfahl – „insbesondere zu Anhörung, Bescheiderstellung und Dokumentation“ – um die Asylantrags-Entscheider des Amts fit zu machen.

Aus gutem Grund: Im Mai hatten 454 der damals rund 3000 Entscheider, die zwischen August 2015 und März 2017 beim Bamf angefangen hatten, „keine Entscheider-relevanten Qualifizierungsmaßnahmen“ absolviert, wie die Nürnberger Nachrichten zuerst berichteten. Gemessen an der klassischen Entscheider-Ausbildung lag der durchschnittliche Ausbildungsstand gerade einmal bei 21,6 Prozent. Noch verheerender war die Quote im Asylverfahrenssekretariat: Rund 2600 von 3300 Mitarbeitern, die zwischen August 2015 und März 2017 anfingen, hätten „keine Qualifizierungsmaßnahmen“ erhalten – gut 80 Prozent.

Im Juli sind nun Qualifizierungsmaßnahmen angelaufen. 475 Personen hätten seitdem an der „Nachqualifizierungsoffensive“ teilgenommen, teilte eine Sprecherin des Bamf der WirtschaftsWoche auf Nachfrage mit. 199 Entscheider des Bamf hätten noch nicht an Maßnahmen des Qualifizierungszentrums teilgenommen.

Asylanträge nach Bundesländern 2017

Mehrere Unterlagen, die der WirtschaftsWoche vorliegen, erwecken den Eindruck, dass die Zahl der noch nicht nachgeschulten Entscheider durchaus hätte niedriger sein können. Demnach wurden auf Weisung von Rudolf Knorr, dem Leiter des operativen Bereichs, Schulungen auf das Jahresende verschoben – „für die Aufrechterhaltung der Bearbeitungskapazitäten“ sei die Lehrgangplanung für das 3. Quartal „auf Bitten des operativen Bereichs“ angepasst worden, schreibt eine Mitarbeiterin des für Personalqualifizierung zuständigen Referats 113 am 3. Juli in einer Mail an einen Entscheider. „Aus diesem Grund muss die Schulung für die Sie als Trainer eingeplant sind, in das 4. Quartal verschoben werden.“ Betroffen waren zwei Schulungen zum „Grundlagenmodul Bescheiderstellung“.

Aus dem Protokoll einer Telefonkonferenz, das vom 4. Juli datiert und an der ein Abteilungsleiter des Bamf teilnahm, ist unter „10. Ausbildungsstopp“ notiert: Herr Knorr habe entschieden, „dass einige Schulungen aus August/September ins 4. Quartal verschoben werden“. Aktuell sind noch rund 160.000 Asylverfahren anhängig.

Eine Sprecherin der Behörde sagte, die Dokumente dienten ausschließlich der „internen Nutzung“ und widerspricht: „Im 3. Quartal wurden bislang keine Grundlagenschulungen im Asylbereich verschoben.“ Vielmehr seien die 450 geplanten Schulungsplätze auf 720 erhöht worden. Grundsätzlich sei es aber ganz normal, dass Schulungsmaßnahmen neu disponiert werden müssten, wenn es fachliche Gründe, wie beispielsweise Urlaubs- und andere Abwesenheiten gäbe.

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