Bargeld "Abschaffung wäre kaum mit dem Grundgesetz zu vereinbaren"

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Bargeld-Abschaffung verfassungsrechtlich bedenklich

Für die vernachlässigte Zielgruppe will die Regierung den Banken sogenannte Jedermann-Konten vorschreiben.

Diese Konten gab es bereits bei der ehemaligen Bundespost und sie waren sehr kostengünstig und insolvenzsicher. Im Grundsatz waren auch die öffentlich-rechtlichen Sparkassen zur Einrichtung solcher Konten verpflichtet, sie haben es aber immer wieder auf Gerichtsverfahren ankommen lassen. Deshalb sehe ich Anzeichen, dass die Einschränkung oder Abschaffung des Bargelds von der Regierung strategisch vorbereitet ist. Denn wenn sie die Banknoten abschafft, muss sie jedem Bürger ein Konto garantieren. Anders hätte die zuvor auf Bargeld angewiesene Zielgruppe keine Chance mehr, am Finanzverkehr teilzunehmen. Aber auch dann bleibt das Insolvenzrisiko, da Anstaltslast und Gewährträgerhaftung sowie die Bankdienste der Post abgeschafft worden sind. Die bisher geschaffenen Einrichtungen der Einlagensicherung sind kein hinreichender Ersatz dafür. Als nächster Schritt müsste zudem der Besitz von Münzen und Edelmetallen oder ausländischem Geld verboten werden. Auch das hat es in der Vergangenheit schon gegeben, vor allem in totalitären Herrschaftssystemen.


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Die interessante Frage an Sie als Juristen wäre jetzt, ob aus der Definition des Bargelds als gesetzliches Zahlungsmittel eine Verpflichtung des Staates abzuleiten ist, dessen Bestand zu garantieren?

Es ist bisher im rechtswissenschaftlichen Schrifttum kaum diskutiert worden, ob es gesetzliche Zahlungsmittel in der Form von physischen Geldzeichen, also meist Noten und Münzen, geben muss. Eine ersatzlose Abschaffung wäre jedenfalls nach meiner Auffassung kaum mit dem Grundgesetz zu vereinbaren, sofern es mit einem Verbot des Besitzes und der Verwendung von Edelmetallen und ausländischen Zahlungsmitteln verbunden wäre.

Ist denn die jüngst diskutierte Einschränkung des Bargeldverkehrs rechtswidrig, also die Abschaffung der 500er-Scheine oder der Kleinmünzen und die Limitierung von Barzahlungen auf 5000 Euro?

Die Abschaffung der 500-Euro-Scheine wäre auf den ersten Blick nicht rechtswidrig. Allerdings zielt diese Maßnahme wohl auch darauf ab, das Horten von Bargeld teurer zu machen, um damit höhere Negativzinsen durchsetzen zu können. Es stellt sich dann aber die Frage, ob die EZB ein „Inflationsziel“ verfolgen darf und ob sie nicht Wirtschaftspolitik betreibt, für die sie nicht zuständig ist. Das Verbot der Bezahlung von Forderungen über 5000 Euro ist europarechtlich und verfassungsrechtlich noch bedenklicher.

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