Beamtensold Polizeigewerkschaft stellt sich hinter Wendt

Der Chef der Polizeigewerkschaft und CDU-Unterstützer Rainer Wendt soll jahrelang Gehalt als Hauptkommissar bezogen haben, ohne als solcher tätig zu sein. Für seinen Arbeitgeber ist das kein Problem.

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Wendt wird wegen seiner Sold-Bezüge heftig kritisiert. Quelle: dapd

Berlin Der Chef der Deutschen Polizeigewerkschaft, Rainer Wendt, steht massiv in der Kritik. Der Gewerkschafter wurde vom Land Nordrhein-Westfalen jahrelang als Polizist bezahlt, arbeitete aber gar nicht als solcher. Nun äußert sich die Bundesleitung der Deutschen Polizeigewerkschaft zu den Vorwürfen – und stellt sich auf die Seite von Wendt. „Die Bundesleitung stellt sich ohne Einschränkungen hinter ihren Bundesvorsitzenden Rainer Wendt und weist die gegen ihn erhobenen Vorwürfe im Zusammenhang mit seinem Beschäftigungsverhältnis bei der Polizei NRW entschieden zurück“, heißt es in der am Sonntag veröffentlichten Pressemitteilung der Behörde. Dieses „Beschäftigungsverhältnis in Form einer ortsunabhängigen Teilzeitbeschäftigung“ sei durch Zustimmung des Ministeriums legitimiert gewesen und außerdem seit vielen Jahren geübte Verwaltungspraxis in NRW.

Der Eindruck, Wendt hätte ein doppeltes Gehalt bezogen, sei falsch, so die Behörde, denn die dienstlichen Bezüge und die Aufwandsentschädigung für seine ehrenamtliche Arbeit in der Gewerkschaft hätten das Gehalt eines Polizeihauptkommissars in der Summe nicht überstiegen. Die vorzeitige Beendigung des Dienstverhältnisses bedeute kein Eingeständnis eines Fehlverhaltens, sondern sei Teil seiner sehr persönlichen Lebensplanung.

In den vergangenen Tagen geriet Wendt stark unter Kritik; „Große Töne spucken - aber mit der Wahrheit auf Kriegsfuß“, kritisierte der stellvertretende SPD-Chef Ralf Stegner am Samstag auf Twitter. Der Thüringer Regierungschef Bodo Ramelow schrieb, ihm falle dazu das Kinderbuch „Die Raupe Nimmersatt“ ein.

Die nordrhein-westfälische CDU-Landtagsfraktion fordert von Innenminister Ralf Jäger (SPD) Aufklärung über die umstrittene Beamtenbesoldung. Die Fraktion hat für die nächste Sitzung des Innenausschusses am 9. März einen Bericht der Landesregierung beantragt. „Innenminister Jäger muss als Dienstherr von Herrn Wendt zu den im Raum stehenden Vorwürfen sofort und umfassend Stellung beziehen“, sagte der innenpolitische Sprecher der CDU, Theo Kruse, am Sonntag der dpa.

Das nordrhein-westfälische Innenministerium als Dienstherr erklärte, die faktische Freistellung Wendts sei schon vor mehr als zehn Jahren bewilligt worden. Damals war Ingo Wolf (FDP) Ressortchef, Ministerpräsident war Jürgen Rüttgers (CDU). Nach Wendts Angaben wurde aber auch der aktuelle NRW-Innenminister Ralf Jäger (SPD) informiert. Wendt sagte der ARD-Sendung „Report München“, durch seine Besoldung sollte die DPolG unterstützt werden. Diese habe bei den Personalratswahlen nicht genug Stimmen bekommen, um eine Freistellung von Personalräten zu erreichen.


Kritiker wollen Besoldungspraxis in NRW hinterfragen

Nach Abschluss der aktuellen ARD-Recherchen schied der 60-Jährige, zuletzt Hauptkommissar, auf eigenen Wunsch aus dem Polizeidienst aus und verabschiedete sich in den vorzeitigen Ruhestand. Vorsitzender der Deutschen Polizeigewerkschaft will er aber bleiben. Wendt ist CDU-Mitglied.

Die innenpolitische Sprecherin der Grünen im Bundestag, Irene Mihalic, rügte im „Kölner Stadt-Anzeiger“: „Der wohl lauteste Mahner für mehr Law and Order nimmt es in eigener Sache wohl nicht so genau.“ Doch auch die Besoldungs- und Freistellungspraxis des Landesinnenministeriums müsse hier hinterfragt werden. „Es braucht jetzt maximale Transparenz und Aufklärung in dieser Sache.“

Der stellvertretende Vorsitzende der Linksfraktion im Bundestag, Frank Tempel, forderte weitergehende Konsequenzen. „Wenn das so stimmt, dann wäre der Straftatbestand der Untreue zu prüfen, sagte er dem „Kölner Stadt-Anzeiger“. „Und die Untreue geht von dem aus, der das Geld auszahlt und die Auszahlungen legitimiert, also vom nordrhein-westfälischen Innenminister.“

Der innenpolitische Sprecher der Linken in NRW, Jasper Prigge, teilte mit, Wendt habe mehrere hunderttausend Euro aus der Landeskasse NRW erhalten, ohne dafür eine Gegenleistung als Polizeibeamter zu erbringen. Eine rechtliche Grundlage für diese Zahlungen sei nicht zu erkennen. Die Sache sei damit ein Fall für den Staatsanwalt und ein politischer Skandal.

Prigge monierte, die „rechte“ Deutsche Polizeigewerkschaft sei zu Lasten der wesentlich größeren DGB-Gewerkschaft GdP gestärkt worden. „Dass Wendts Propagandashow durchweg von der SPD/Grünen-Landesregierung in NRW finanziert wurde, ist mehr als schäbig.“

Sprecher der Duisburger und der Düsseldorfer Staatsanwaltschaft wollten sich zu dem Vorgang am Samstag nicht äußern. Wendt soll offiziell beim Duisburger Landesamt der NRW-Polizei beschäftigt gewesen sein.

Der NRW-Landesvorsitzende der konkurrierenden Gewerkschaft der Polizei (GdP), Arnold Plickert, sagte: „Wir bezahlen unseren Landesvorsitzenden selbst und das ist auch richtig so, um kein Abhängigkeitsverhältnis zum Arbeitgeber entstehen zu lassen.“ Er lasse seinen Dienst als Polizist seit 2012 ruhen.

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