Bedingungsloses Grundeinkommen Geld für gar nichts?

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"Ich bin sehr dafür, unseren Wohlfahrtsstaat universeller auszurichten"

Auffällig ist, dass Sie sich immer einig sind, wenn es um Details geht, aber über das große Wort Grundeinkommen streiten.
Hassel: Wenn wir uns auf die Punkte Kapitalbesteuerung, mehr Geld für Weiterbildung und bessere Verteilung der Arbeit beschränken würden, hätten wir ein gemeinsames Programm. Ich beschäftige mich schon lange mit der Evolution von Wohlfahrtsstaaten. Es gibt in der Geschichte nur selten Momente, in denen sich große Modelle durchsetzen ließen. Und keines davon war so groß wie das Grundeinkommen, das ja wirklich alle Steuern und das Sozialsystem neu definieren würde. Dass einem Land im laufenden Geschäft eine solche Revolution gelänge, wäre historisch neu.

Straubhaar: Ich will ja gar nicht derjenige sein, der sagt: Grundeinkommen oder gar nichts. Ich würde nur die Beweislast drehen wollen. Jetzt wirkt alles so, als wolle man aus Eigeninteresse am alten Modell festhalten und versuche, die Lebenswirklichkeit des 21. Jahrhundert mit Bismarck’schen Konzepten aus der Hochblüte des Massenindustriezeitalters zu gestalten. Wieso gehen wir nicht in Richtung eines Modells, bei dem die drei Punkte, die Frau Hassel genannt hat, angegangen werden? Man muss das ja dann nicht Grundeinkommen nennen.

Und wenn man es einfach mal ausprobieren würde?
Hassel: Einfach das Grundeinkommen nach den Vorschlägen von Herrn Straubhaar auszuprobieren ist keine Option. Man kann nicht auf einen Schlag das Steuer- und Sozialsystem komplett umkrempeln. Finnland probiert derzeit aus, was passiert, wenn Langzeitarbeitslose ihre – sehr viel geringere – Unterstützung behalten, auch wenn sie dazuverdienen. So etwas kann man ausprobieren. Ich bin sehr dafür, unseren Wohlfahrtsstaat universeller auszurichten, sodass nicht alles nur an den Erwerbsstatus gekoppelt ist. Aber man muss das schrittweise machen.

Ein bedingungsloses Grundeinkommen für alle - das fordern nicht nur linke Kapitalismuskritiker, sondern auch manche Unternehmer. Aber werden dann nicht alle faul? Die Finnen testen das jetzt.
von Katharina Matheis
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