Es tut sich was. Rund 400 Mitarbeiter sind derzeit auf der saubersten Baustelle Deutschlands unterwegs - und arbeiten. Für einen Flughafen, der noch nicht ganz fertig ist, wären Mitarbeiter auf der Baustelle eigentlich keine Nachricht. Doch beim BER schon. Denn nach dem Desaster vor drei Jahren, als der damalige Chef Rainer Schwarz die Eröffnungsfeier kurzfristig verschob und die bestellten Sektflaschen zurückschickte, tat sich auf der Baustelle erst einmal gar nichts.
Doch jetzt geht es voran. „Ich dachte, es würde nur geplant, aber es wird schon gebaut“, sagt ein interner Beobachter der WirtschaftsWoche, der selbst überrascht ist ob der Emsigkeit der 400 Mitarbeiter. Vor allem die Entrauchungsanlage, die intern nur „Monster“ genannt wird, wird aktuell in drei Systeme unterteilt. Sie hatte den ganzen Schlamassel verursacht, weil vier Mega-Ventilatoren den Rauch im Brandfall aus den oberen Stockwerken in den Keller saugen und über unterirdische Tunnel ins Freie ableiten sollten. Nun baut man Schornsteine für die oberen Etagen – weil das der Physik entgegenkommt.
Neuer Flughafenchef beim krisengeplagten Flughafenprojekt BER
1000 Tage ist der BER nun schon nicht eröffnet. Die WirtschaftsWoche würdigt rückblickend die wichtigsten Protagonisten – und ihr Zutun zum peinlichsten Kapitel deutscher Verkehrsgeschichte:
Die hinterlistigen Golfer
Der Fluch begann im Jahr 2007. Der Flughafen-Neubau war beschlossen und der Flughafenbetreiber holte Angebote von Generalunternehmern ein. Vier Vorschläge lagen der damaligen Geschäftsführung auf dem Tisch – mit auffallend gleichlautenden Endpreisen. So kostete allein das Terminal bei allen Angeboten rund eine Milliarde Euro. „Es gab den Verdacht, dass sich die Unternehmen vorher auf dem Golfplatz getroffen und die Angebote abgesprochen hatten“, sagt ein Insider. Die Ausschreibung wurde daraufhin aufgehoben und der Bauauftrag in fünf Lose unterteilt. Daraus wurden dann später irgendwie 50 Einzellose – mit skurrilen Folgen. Ein Beispiel: Die Steuerung der Frischluft und die Steuerung der Entrauchungsanlage wurden von unterschiedlichen Unternehmen entwickelt. Die einen Experten planten analog, die anderen digital – Koordination Fehlanzeige.
So stiegen die Kosten des neuen Hauptstadtflughafens
Schon in der 15-jährigen Planungsphase stiegen die Kosten für den neuen Hauptstadtflughafen in Schönefeld. Nach Baubeginn war es nicht anders. Ein Überblick über die Entwicklung:
Erster Spatenstich für den Airport mit einer Jahreskapazität von 22 Millionen Passagieren. Der Betreiber gibt die Kosten mit 2 Milliarden Euro an, die Bruttogeschossfläche des Terminals mit 220.000 Quadratmetern.
Die Kapazität steigt auf 25 Millionen Passagiere, die Investitionssumme erreicht 2,2 Milliarden Euro. Die Fläche wächst auf 300.000 Quadratmeter.
Der Flughafen wird erneut größer – und teurer: 27 Millionen Passagiere, 2,5 Milliarden Euro Investitionskosten. Für die Kredite von 2,4 Milliarden Euro bürgen Berlin, Brandenburg und der Bund.
Nach der Absage der für Juni geplanten Eröffnung sickert durch, dass der Bau in Wirklichkeit mindestens 3 Milliarden Euro kostet. Dazu tragen Umbauten nach geänderten Sicherheitsbestimmungen bei, aber auch Beschleunigungsversuche auf der Baustelle. Die Terminalfläche erreicht 340.000 Quadratmeter.
Erste Finanzspritze: Bund und Länder wollen 1,2 Milliarden Euro nachlegen, so für Baukosten, Betriebskosten des leeren Terminals und den falsch veranschlagten Schallschutz. Neuer Finanzrahmen: 4,3 Milliarden Euro.
Die zweite Finanzspritze steht bevor: Der Flughafen benötigt nach eigenen Angaben weitere 1,1 Milliarden Euro, um den Bau und den Schallschutz für die Anwohner fertigzustellen. Geben die Gesellschafter das Geld frei, dehnen sie den Finanzrahmen damit auf über 5,4 Milliarden Euro aus.
Der unheimliche Hunold
Wer konnte schon ahnen, dass ein Unternehmen aus Berlin plötzlich zum Shootingstar der deutschen Luftverkehrsbranche empor steigen würde. Joachim Hunold wuchs mit seiner Air Berlin in neue Dimensionen – und mit ihm der BER. Anfangs wurde der Flughafen für 17 Millionen Passagiere pro Jahr ausgelegt. Doch wegen des Billigflieger-Booms sollte der BER bald 27 Millionen Passagiere abfertigen.
Die Planer zogen 2008 planerisch eine zusätzliche Ebene für Umsteiger ein, entwarfen ein zusätzliches Pier und konzipierten zusätzliche Geschäfte. Hunolds Carrier sollte extra viel Platz bekommen. Doch auf den Zeit- und Kostenplan hatten die neu geplanten Gebäudeeinheiten keine Auswirkung. „Man hat weder den Eröffnungstermin noch die Kostenprognosen korrigiert“, sagt ein Insider. Mehr Bauen zum gleichen Preis hat noch nirgends gut funktioniert.