Berlin intern

Alles für eine Plakette von Horst Seehofer

Christian Ramthun
Christian Ramthun Redakteur Wirtschaft & Politik (Berlin)

In der CSU steigt Alexander Dobrindt mithilfe der Maut in der Gunst seines Chefs. Ob sie jemals kommt? Egal.

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Alexander Dobrindt Quelle: AP

Drei Jahre lang war Alexander Dobrindt, Bundesminister für Verkehr und digitale Infrastruktur, beinahe verstummt. Es schien, als habe die Bürde des hohen (Bundes-)Amtes den einst so lautstarken CSU-Generalsekretär
– der früher etwa die Grünen nicht als Partei, sondern als „politischen Arm von Brandstiftern“ bezeichnete – beinahe erdrückt. Nun stellt sich heraus: Dobrindt, 46, hat all die Jahre heimlich hart gearbeitet, stets zum Wohle Deutschlands, Bayerns, der CSU und deren Chef Horst Seehofer (die Reihenfolge ist natürlich beliebig gewählt). Allen hat er nun, gut einen Monat vor Weihnachten, die Aussicht auf eine Pkw-Maut auf deutschen Straßen
beschert.

Seehofer mochte ihm dafür am liebsten eine Plakette verleihen und lobte den „lieben Alexander“ beim CSU-Parteitag vorige Woche in München unentwegt (der Name Markus Söder rutschte dem Parteivorsitzenden während seiner 102-minütigen Rede hingegen nicht einmal über die Lippen). Auf einmal gilt Dobrindt nun sogar als aussichtsreicher Kandidat für die Seehofer-Nachfolge.

Schließlich sei die Maut nur einer von mehreren Dobrindt-Erfolgen, so Seehofer. Sein Parteifreund habe auch Milliarden Euro für Bayerns Straßen herausgeholt. Den Verkehrsminister in Berlin zu stellen sei „gleichbedeutend mit Überweisungen für Bayern“. Dabei steht nicht einmal fest, ob die Pkw-Maut jemals Realität wird. Eine endgültige Zusage aus Brüssel soll es zwar in diesem Monat geben. Damit die EU-Kommission kein Strafverfahren anstrengt, hat sich der CSU-Minister davon verabschiedet, deutsche Autohalter bei der Kfz-Steuer exakt in Höhe der (auch von ihnen zu zahlenden) Maut zu entlasten.

Dies nämlich wäre ein Nullsummenspiel mit dem allzu durchschaubaren Zweck gewesen, nur Ausländer auf hiesigen Autobahnen zur Kasse zu bitten – und damit eine EU-widrige Diskriminierung. Nun feilen das Berliner Ministerium und die Brüsseler Kommission an den Details einer europarechtskonformen Formel.

Trotzdem muss Dobrindt in Deutschland Wort halten, keinen hiesigen Kfz-Steuerzahler durch die Maut zusätzlich zu belasten. Haltbar ist dieses Versprechen nur, wenn viele Fahrer am Ende durch sinkende Fahrzeugsteuern profitieren.

Wie sich das im Staatshaushalt bewerkstelligen lasse, sei Dobrindts Angelegenheit, hat Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) bereits festgestellt. Dem CSU-Mann sind Zahlen aber wurscht. Er will seinen bayrischen Wählern die Genugtuung gönnen, dass bald Österreicher und andere Ausländer auch bei uns auf der Straße zahlen müssen. Ihm eröffnet die Maut dann freie Fahrt auf der Karriereautobahn. Ein wundersames politisches Projekt also, bei dem Angela Merkel meisterhaft taktiert.

Sie hat zwar bei EU-Kommissionschef Jean-Claude Juncker den Maut-Kompromiss eingefädelt – zeitig genug, dass sich die Schwesterpartei CSU freuen darf. Aber auch spät genug, dass die Kanzlerin ihr Versprechen halten kann, die Pkw-Maut komme nicht in dieser Legislaturperiode. Denn die Umsetzung braucht Zeit. Entscheiden soll erst der nächste Bundestag. Für Dobrindts Machtperspektive ist die Verzögerung egal: Die maßgeblichen CSU-Personalien entscheiden sich wohl vorher.

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