Mit jedem Tag, an dem Hillary Clinton Lungenentzündung hat, fröstelt es die Deutschen ein wenig mehr. Selbst all jene, die bislang den Gedanken an orangenes Trump-Haar im Oval Office als irre Fantasie abzutun pflegen – dazu gehören Mitarbeiter im Kanzleramt – , denken nach Clintons Fast-Zusammenbruch ein wenig banger, ob ein Sieg des bekennenden Deutschland-Hassers („Merkels Flüchtlingspolitik hat ihr Land ruiniert“) Trump im November vielleicht doch möglich sei.
Das lenkt den Blick auch stärker auf jene Menschen, denen dessen Ohr gehört. Und siehe da: Einer der wichtigsten kennt Deutschland bestens. Richard Burt ist so etwas wie ein Grandseigneur der deutsch-amerikanischen Beziehungen. Der stattliche Mann, meist im noblen Stil eines US-Senators gewandet, zählt zu den Stammgästen auf Festen der deutschen Botschaft in Washington, er gehört Freundschaftsnetzwerken wie dem Arthur F. Burns-Austauschprogramm für deutsche und amerikanische Journalisten an. Von 1985 bis 1989 residierte Burt, 69, als US-Botschafter in Bonn. Und als Berater fungiert er mittlerweile bei McLarty Associates, einer einflussreichen Lobbyfirma in Washington, für die auch William Drozdiak arbeitet, der Präsident Barack Obama dessen Wahlkampfreise 2008 nach Berlin organisieren half.
So ein Vertreter des außenpolitischen und transatlantischen Establishments soll also den Politrüpel Trump beraten? Und wie: Burt brüstet sich damit, dessen große außenpolitische Rede – in der Trump etwa erklärte, jede Entscheidung am Grundsatz „America First“ messen zu wollen – maßgeblich geprägt zu haben. Er ist somit einer der ganz wenigen bekannten außenpolitischen Konservativen, die offen in Trumps Orbit kreisen.
Die Wirtschaftsberater von Donald Trump
Der Hedgefondsmanager wettete 2007 gegen den überhitzten Immobilienmarkt und machte dadurch Milliarden Dollar Gewinn für sich und seine Investoren. Jüngst waren seine Einschätzungen zu Aktienentwicklungen und Konjunktur jedoch weniger akkurat. In den vergangenen fünf Jahren büßten seine Investments massiv an Wert ein.
Quelle: Reuters
Der Investmentmanager ist Chef der von ihm 1992 mitbegründeten Beteiligungsgesellschaft Cerberus Capital Management. Unter seiner Führung war das Unternehmen auch größter Anteilseigner von Chrysler, bis der Autobauer 2009 mit staatlicher Hilfe saniert wurde.
David Malpass war Vize-Staatssekretär im Finanzministerium unter Präsident Ronald Reagan und Vize-Staatssekretär im Außenministerium unter Präsident George Bush senior sowie Chefvolkswirt der Investmentbank Bear Stearns. Derzeit leitet er die Investmentberatungsfirma Encima Global. Er ist ein scharfer Kritiker der Geldpolitik der US-Notenbank, fordert mehr Investitionen in die Infrastruktur und Steuersenkungen.
Peter Navarro ist der einzige Vertreter auf Trumps Beraterliste, der in Wirtschaftswissenschaften promovierte. Derzeit lehrt er als Wirtschaftsprofessor an der University of California in Irvine. Drei seiner neun Bücher befassen sich kritisch mit Chinas Rolle in der Welt. Er fordert einen Importzoll in Höhe von 45 Prozent auf chinesische Waren. Die USA sollten seiner Meinung nach eine strengere Haltung zu Diebstahl geistigen Eigentums und in Handelsfragen einnehmen.
Howard Lorber ist Chef der Vector Group, die Zigaretten herstellt und im Immobiliengeschäft aktiv ist. Laut Trumps Wahlkampfstab ist Lorber einer der besten Freunde Trumps.
Der Investmentmanager konzentriert sich auf Finanzierungsvorhaben in der Unterhaltungsbranche. Der Ex-Goldman-Sachs-Partner ist Chef der Beteiligungsgesellschaft Dune Capital Management. Er hat in der Vergangenheit häufig Geld an die Demokraten gespendet, einschließlich deren Kandidatin Hillary Clinton. Mit Trump ist er nach eigenen Angaben seit mehr als 15 Jahren privat und beruflich verbunden.
Dan Dimicco ist Ex-Chef der Nucor Corp, einem der größten US-Stahlproduzenten. Er ist ein scharfer China-Kritiker und tritt ein für neue Handelsregeln zugunsten der US-Industrie.
Stephen Moore ist einer der führenden konservativen US-Wirtschaftsexperten, der für das "Wall Street Journal" arbeitete und derzeit der Denkfabrik Heritage Foundation angehört. Er gründete die Anti-Steuern-Lobbygruppe Club of Growth.
Der Immobilienfinancier und Hotelentwickler ist ein langjähriger Freund Trumps. Er ist Gründer und Chef der Beteiligungsgesellschaft Colony Capital.
Burts Bekannte lässt das eher ratlos zurück. Manche denken, er wolle sich für einen Botschafterposten unter einem Präsidenten Trump ins Spiel bringen. Andere mutmaßen, Trumps Flirt mit Russlands Präsident Putin habe wohl auch Burt beeindruckt. Seit dieser für Präsident Reagan Abrüstungsverhandlungen in Moskau führte, gilt er nämlich als Russlandkenner.
Burt selbst sagt, er würde ja auch der Demokratin Clinton Rat anbieten, aber die werde ihn nicht fragen. Außerdem habe er mit Trump nur über neuen außenpolitischen Realismus gesprochen, also etwa von US-Abenteuern wie Regimewandel im Nahen Osten abgeraten.
Die Marke Donald Trump
Als Baulöwe, Casinobetreiber, Golfclubbesitzer und Ausrichter von Schönheitswettbewerben hat der New Yorker ein Vermögen von zehn Milliarden Dollar angehäuft – nach eigenen Angaben.
Trumps Satz „You’re fired“, mit dem er in der Show „The Apprentice“ ehrgeizige Jungunternehmer feuerte, wurde zum geflügelten Wort.
Trump spendete auch an Demokraten wie die Clintons, tritt nun aber für die Republikaner an.
Sollte einen beruhigen, dass da jemand an Trumps Seite steht, der im Zweifel dessen Ignoranz über den Rest der Welt und Deutschland nicht teilt? Oder dem Kandidaten erklärt, dass bislang keine Migrantenhorden das Berliner Kanzleramt überrannt haben, um Massen-Selfies mit der Kanzlerin zu schießen?
Eher nicht. Schließlich lässt Kandidat Trump keinen Zweifel daran, Berater gar nicht zu brauchen, weil er ohnehin alles besser kann. In seiner Rede übersetzte er Burts Realismus-Tipp in den bemerkenswerten Satz, Amerika müsse als Nation „unberechenbarer“ werden. Zuletzt legte Trump mit der Einschätzung nach, er wisse mehr über die Terrorgruppe ISIS als alle Generäle. So jemand findet sich in der Welt – und Deutschland – bestimmt ganz alleine zurecht.