Beschlüsse des Grünen-Parteitags Mehrheit der Mitglieder lehnt Waffenlieferungen in Irak ab

Die Grünen positionieren sich auf dem Bundesparteitag mehrheitlich gegen Waffenliegerungen in den Irak – und stellen sich so Parteichef Özdemir entgegen. Doch an anderen Stellen konnten Spannungen entschärft werden.

  • Teilen per:
  • Teilen per:
Friede, Freude, ...? Die Parteichefs der Grünen Cem Özdemir und Simone Peter waren zuletzt nicht immer einer Meinung, etwa wenn es um Waffen für die Kurden im Irak ging. Nun demonstrieren sie Geschlossenheit. Quelle: dpa

Hamburg Der Bundesparteitag der Grünen hat sich gegen deutsche Waffenlieferungen an die Kurden im Irak ausgesprochen. Er unterstützte damit am Sonntag in Hamburg die Mehrheitslinie des Bundesvorstands und der Fraktion, die schon im Bundestag deutsche Waffen für die Kurden abgelehnt hatte. Vor allem das Risiko, dass diese in falsche Hände geraten können, wurde zur Begründung angeführt.

Ein weitergehender Antrag, der Waffenlieferungen in Krisengebiete grundsätzlich für falsch erklären wollte, erzielte zwar eine knappe Mehrheit, aber nicht das notwendige absolute Quorum. Der Parteitag respektierte ausdrücklich „die Gewissensfreiheit der Abgeordneten, die zu einer anderen Einschätzung gelangt sind“. Parteichef Cem Özdemir hatte sich mit anderen für weitere Waffenlieferungen zur Bekämpfung der Terrormiliz „Islamischer Staat“ ausgesprochen.

Parteichef Cem Özdemir verteidigte vor den Delegierten sein Ja zu Waffenlieferungen, das für großen Unmut in der Partei gesorgt hatte. „Man muss die Kurden in die Lage versetzen, sich zu wehren“, rief er den Delegierten zu.

Demgegenüber sagte Bundestagsvizepräsidentin Claudia Roth, Waffenlieferungen seien für die Region keine Lösung. „Die Kurden können doch nicht stellvertretend für uns den islamischen Staat bekämpfen“, sagte die frühere Grünen-Vorsitzende in der Debatte. In einer weiteren Abstimmung sprach sich der Parteitag dafür aus, bei einem UN-Mandat eine deutsche Beteiligung an einem Einsatz in der Region zu prüfen. Ziel müsse es sein, die Zivilbevölkerung in Syrien und im Irak zu schützen. Eine Beteiligung auch ohne UN-Mandat wurde abgelehnt.


Beruhigung im Streit um Asylpolitik

In anderen Themenkontroversen schafften die Grünen Entspannung nach zuletzt heftigen internen Auseinandersetzungen. Baden-Württembergs Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) verteidigte etwa vor den Delegierten seine Entscheidung, der Einstufung der drei Westbalkan-Staaten Serbien, Mazedonien und Bosnien-Herzegowina als sichere Herkunftsländer im Bundesrat zur Mehrheit zu verhelfen. Er habe bei der Entscheidung „skrupulös“ mit sich gerungen, betonte Kretschmann in einer emotional gehaltenen Rede vor den Delegierten. Er erntete viel Applaus, Kritik gab es vor allem von der Grünen Jugend. Ihre Vertreter hielten während der Rede Kretschmanns kritische Transparente hoch, ihre Sprecherin Theresa Kalmer bezeichnete das Vorgehen des Ministerpräsidenten als „historischen Bruch“.

Nach dem Ja von Kretschmann zu einem strengeren Asylrecht im Bundesrat lehnten die Delegierten etwa weitere Verschärfungen ab. In ihrem Beschluss zur Asylpolitik forderten die Grünen die Abschaffung des Asylbewerberleistungsgesetzes und wandten sich gegen eine Einstufung weiterer Länder als sichere Herkunftsstaaten. Der Antrag, Kretschmann ausdrücklich zu kritisieren, fand aber keine Mehrheit.

Grünen-Chefin Simone Peter, die selbst zu den Kritikern des Bundesratsbeschlusses gehört, rief die Partei auf, nun wieder zur Gemeinsamkeit zurückzukehren. Sie kenne niemanden, „der sich diese Entscheidung leicht gemacht hat“, sagte sie vor den Delegierten. „Wir sind die Partei, die weiter für die Flüchtlinge kämpfen wird“, fügte Peter hinzu.

Am Samstag verabschiedeten die Delegierten zudem einen Antrag zur Agrarwende. Lebensmittel müssten frei von Gentechnik, Antibiotika und Pestiziden sein, zudem müsse es „eine vielfältige bäuerliche Landwirtschaft im Einklang mit der Natur“ geben, heißt es in dem Text. „Die Bundesregierung fördert unverdrossen die Massentierhaltung, öffnet der Gentechnik Hintertüren und weicht selbst die bescheidenen Umweltstandards der europäischen Landwirtschaftspolitik noch weiter auf“, wurde kritisiert.

In weiteren Beschlüssen entschuldigten sich die Grünen erneut für die Unterstützung von Pädophilen-Gruppen in den 80er Jahren und forderten die Bundesregierung zu mehr Anstrengungen beim Klimaschutz auf. Sie drängten dabei insbesondere auf einen raschen Kohleausstieg.

© Handelsblatt GmbH – Alle Rechte vorbehalten. Nutzungsrechte erwerben?
Zur Startseite
-0%1%2%3%4%5%6%7%8%9%10%11%12%13%14%15%16%17%18%19%20%21%22%23%24%25%26%27%28%29%30%31%32%33%34%35%36%37%38%39%40%41%42%43%44%45%46%47%48%49%50%51%52%53%54%55%56%57%58%59%60%61%62%63%64%65%66%67%68%69%70%71%72%73%74%75%76%77%78%79%80%81%82%83%84%85%86%87%88%89%90%91%92%93%94%95%96%97%98%99%100%