Besuch in Indien Von der Leyen in der Rüstungsgoldgrube

Bisher hat sich Verteidigungsministerin von der Leyen nicht besonders beliebt bei der deutschen Rüstungsindustrie gemacht. Was sie bei ihrem Besuch in Indien sagt, könnte das Verhältnis zumindest leicht verbessern.

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Bundesverteidigungsministerin Ursula von der Leyen und Indiens Premierminister Narendra Modi. Bei ihrem Indienbesuch machte die Ministerin auch Werbung für die Qualität deutscher Rüstungsgüter. Quelle: dpa

Neu Delhi Der indische Premierminister Narendra Modi und Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen haben eins gemeinsam: Beide haben ein gewisses Talent, sich selbst in Szene zu setzen. Modi posierte im ersten Jahr seiner Amtszeit öffentlichkeitswirksam mit Koala-Bären in Australien oder Terrakotta-Soldaten in China. Die bekanntesten Bilder der ersten Oberbefehlshaberin der Bundeswehr zeigen sie vor einem „Transall“-Transportflugzeug im Morgengrauen und in Splitterschutzweste in Afghanistan.

Bei ihrem ersten Treffen begegnen sich beide dann tatsächlich im Partnerlook. Vielleicht war es gar kein Zufall, dass Modi bei der Wahl seiner indischen Kurta fast genau den Farbton des Anzugs der Ministerin traf. Der 64-Jährige wurde von US-Präsident Barack Obama als „Fashion-Ikone“ bezeichnet, und stimmt seine Kleidung gerne auf den Anlass ab - auch wenn er sich dafür mehrmals am Tag umziehen muss. Als etwa Chinas Staatschef Yi Jinping zu Besuch war, trugen beide eine genau gleich geschnittene Weste.

Insgesamt wird von der Leyen in Indien große Aufmerksamkeit entgegengebracht. Das Programm gleicht dem eines Regierungschefs: Kranzniederlegung am 42 Meter hohen Torbogen India Gate, einem Denkmal für 90.000 Gefallene des Ersten Weltkriegs. Begrüßung mit militärischen Ehren. Besuch des Ortes, an dem der Freiheitskämpfer und Nationalheld Mahatma Gandhi 1948 ermordet wurde. Und dann das Gespräch mit dem Premierminister.

Als vor vier Jahren zuletzt ein Verteidigungsminister in Indien war, lief das noch anders ab. Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) steuerte statt der Hauptstadt Neu Delhi zuerst eine große Flugschau im 1700 Kilometer entfernten Bangalore an, um dort Werbung für den europäischen Kampfjet „Eurofighter“ zu machen. „Indien ist natürlich ein gewaltiger Markt, und diesen Markt gilt es auch von unserer Seite mitzubestellen“, sagte er damals zu den Potenzialen der deutschen Rüstungsindustrie auf dem Subkontinent.

Von der Leyen setzt andere Prioritäten. In Delhi besucht die frühere Ärztin zunächst ein Militär-Krankenhaus, schaut sich dort die neue Kardiologie mit Laborausstattung „made in Germany“ an. Sie spricht von der „strategischen Partnerschaft“ mit Indien, von „wirtschaftlicher Dynamik“ und dem „pulsierenden Leben“ in einem „faszinierenden Land“.

Um das Rüstungsthema kommt aber auch sie aber nicht herum. Indien ist der größte Waffenimporteur der Welt. Die Atommacht steckt Milliarde um Milliarde in die Modernisierung ihrer Streitkräfte, im verzweifelten Versuch, mit dem deutlich stärkeren Nachbarn China mithalten zu können. Derzeit kauft Indien noch 70 Prozent seiner Waffen in Russland. Deutschland mischte auf dem Subkontinent bislang kaum mit – dabei könnte er eine Goldgrube für Rüstungsexporteure sein.

Das Land mit der zweitgrößten Bevölkerung der Welt hat gegenüber anderen Großimporteuren wie China oder Saudi-Arabien den Vorteil, dass es eine Demokratie ist und die Achtung der Menschenrechte hier einen höheren Stellenwert hat. Auch nach den strengen deutschen Exportrichtlinien steht dem Verkauf von Kriegswaffen in das Land eigentlich nichts im Wege.


Indien steht sich selbst im Weg

Außer vielleicht Indien selbst. Die geplante Modernisierung der Streitkräfte kommt einfach nicht in die Gänge, da es an Geld fehlt und Entscheidungen immer und immer wieder aufgeschoben werden. So zum Beispiel beim Kauf von 126 Kampfjets: Seit 2001 gab es unendliche Debatten, eine Ausschreibung, einen Zuschlag, und neue Debatten. Nun kaufte Indien 36 Rafale-Kampfjets. Der Rest? Unklar. Ein Helikopter-Deal über 750 Millionen Euro wurde wegen Korruptionsvorwürfen gleich komplett aufgekündigt.

Von der Leyen hat sich aus dem heiklen Thema Rüstungsexport bisher komplett herausgehalten – unter Verweis auf die Zuständigkeit von Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD). Zudem hat sie sich mit ihrem harten Kurs bei der Reform der Beschaffungswesens der Bundeswehr nicht gerade beliebt bei der Industrie gemacht.

In Indien legt sie jetzt ein gutes Wort für deutsche Waffenschmieden ein. In ihrem Gespräch mit dem Verteidigungsminister Manohar Parrikar bekräftigte sie das deutsche Interesse an weiteren Gesprächen über den Export von „Eurofighter“-Kampfjets. Die Bundesregierung unterstütze zudem eine Kooperation zum Bau von U-Booten, sagt sie. Bei den „Eurofightern“ ist Airbus mit im Boot, für den U-Boot-Bau käme ThyssenKrupp Marine Systems in Frage.

Bilder der Ministerin vor Kampfflugzeugen oder auf U-Booten wird es in Indien aber nicht geben. So weit geht ihre Exporthilfe dann doch nicht. Aber immerhin: Am Donnerstag lässt sie sich in Mumbai auf einem Kriegsschiff der indischen Marine blicken.

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