Betriebspensionen Steuerzins von sechs Prozent: Staat kassiert 24 Milliarden Euro von Firmen

Seite 2/2

Schäuble steht einer Anpassung offen gegenüber


Das Bundesfinanzministerium hat die Brisanz erkannt, erklärt aber auf Anfrage der WirtschaftsWoche, eine Zinssenkung sei wegen der „erheblichen Steuerausfälle“ nicht kurzfristig realisierbar. Das Ministerium weist darauf hin, dass der steuerliche Rückstellungszins von sechs Prozent bei der bilanzsteuerlichen Bewertung von Pensionsrückstellungen nach § 6a EStG  unabhängig von der jeweiligen Zinsentwicklung seit 1982 unverändert geblieben ist. Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble selbst steht offenbar einer Anpassung an einen niedrigeren, realistischeren Rechnungslegungszins offen gegenüber.

Allerdings sperren sich die Bundesländer gegen alle Änderungen bei den gemeinschaftlichen Ertrags- und Verbrauchsteuern, die geringere Einnahmen bedeuten würden. Und die Einkommen- bzw. Körperschaftsteuern zählen dazu.

Die Zinssenkungsgegner haben in diesem Fall leichtes Spiel. Erstens ist die Materie mit dem Rückstellungszins für Betriebspensionen kompliziert und in der Öffentlichkeit nicht so anschaulich zu thematisieren wie etwa der Mittelstandsbauch mit seiner Steuerprogression im mittleren Einkommensbereich. Außerdem haben viele vom Zinstrick betroffenen Unternehmen Angst und kuschen. Sie fürchten zusätzliche Betriebsprüfungen oder keine öffentlichen Aufträge mehr zu bekommen, wenn sie sich wehren.

Der rheinländische Unternehmer, der nun beim Finanzgericht Köln klagt, möchte deshalb auch nicht seinen Namen oder den seiner Firma der Öffentlichkeit preisgeben. In seinem Fall kommt noch die Sorge hinzu, dass Banken die Kreditreißleine ziehen, wenn sie davon erfahren, dass von seinem handelsrechtlichen 300.000-Euro-Gewinn am Ende nur mickrige 10.000 Euro übrig bleiben. Oder dass sich seine industriellen Kunden dann lieber einen finanziell sichereren Zulieferer suchen.

Für Berthold Welling, Steuerabteilungsleiter beim Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI), führt der hohe Steuerzins für die Wirtschaft aktuell zu gravierenden Mehrbelastungen. „Sechs Prozent sind durch nichts zu rechtfertigen“, kritisiert Welling, „und schaden ausgerechnet den Unternehmen am meisten, die sich um die Altersversorgung ihrer Mitarbeiter kümmern.“

Das neue Rentenkonzept der SPD

Dass die Politik nichts tut, enttäuscht den Mittelständler aus dem Rheinland, ja macht ihn wütend. Da gönne sein Unternehmen den älteren Mitarbeitern eine Betriebspension und werde mit einer Steuer von fast 100 Prozent bestraft. Das bedeute weniger Eigenkapital, weniger Liquidität, weniger Investitionen. „Unter solchen Umständen muss ein Unternehmen doch verrückt sein“, sagt der Chef, „wenn es seinen Mitarbeitern noch eine Betriebspension anbietet?“

Inhalt
Artikel auf einer Seite lesen
© Handelsblatt GmbH – Alle Rechte vorbehalten. Nutzungsrechte erwerben?
Zur Startseite
-0%1%2%3%4%5%6%7%8%9%10%11%12%13%14%15%16%17%18%19%20%21%22%23%24%25%26%27%28%29%30%31%32%33%34%35%36%37%38%39%40%41%42%43%44%45%46%47%48%49%50%51%52%53%54%55%56%57%58%59%60%61%62%63%64%65%66%67%68%69%70%71%72%73%74%75%76%77%78%79%80%81%82%83%84%85%86%87%88%89%90%91%92%93%94%95%96%97%98%99%100%