Betriebsrenten Versorgungslücke im Alter ist größer als gedacht

Eine neue Studie der Axa-Versicherung zeigt: In Sachsen-Anhalt hat nur jeder fünfte Arbeitnehmer neben seiner Rente einen Betriebsrentenanspruch. Am besten geht es Ruheständlern in Rheinland-Pfalz.

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Vor allem im Osten müssen viele Rentner jeden Euro einzeln umdrehen. Nur 15 Prozent verfügen neben der gesetzlichen Rente noch über eine Betriebsrente. Quelle: dpa

Rheinland-Pfälzer sind finanziell besser für das Alter gerüstet als der Rest der Republik. Aber auch dort muss die Mehrheit der Arbeitnehmer im Alter ihren Lebensunterhalt überwiegend aus der gesetzlichen Rente bestreiten. Dies belegt der aktuelle Deutschland-Report „Ruhestandsplanung und -management“ der Axa-Versicherung. 73 Prozent der Befragten, also fast drei Viertel, würden es deshalb begrüßen, wenn Berufsanfänger künftig automatisch in eine betriebliche Altersversorgung einbezogen würden. In der Politik fehlt dazu bislang allerdings der Mut.

Auch das Betriebsrentenstärkungsgesetz, das am Donnerstag vom Bundestag verabschiedet werden soll, sieht einen solchen Automatismus nicht vor. Allerdings können ab 2018 die Tarifvertragsparteien solche Opting-Out-Regelungen vereinbaren. Trotzdem begrüßte Axa-Vorstandsmitglied Patrick Dahmen das Gesetz. „Eine verbesserte betriebliche Altersversorgung kann in Deutschland wirksam zur Lösung der Versorgungsproblematik beitrage“, so Dahmen im Gespräch mit dem Handelsblatt. „Wir sehen die Pläne der Bundesregierung daher insgesamt positiv.“ Hierdurch dürfte diese Form der Altersvorsorge vor allem für Geringverdiener attraktiver werden.

Glaubt man den offiziellen Statistiken aus dem Bundesarbeitsministerium, dann haben schon heute nahezu 60 Prozent der sozialversicherungspflichtigen Beschäftigten neben ihrer gesetzlichen Renten Anspruch auf eine betriebliche Altersversorgung. Rechnet man die Beschäftigten im öffentlichen Dienst dazu, die traditionell automatisch über eine eigene Zusatzversorgung verfügen, sind es nach den offiziellen Daten immer noch 48 Prozent. Der Axa-Deutschland Report, der auf einer repräsentativen Befragung durch das Marktforschungsinstitut YouGov unter 3381 Erwerbstätigen in der Privatwirtschaft und Ruheständler basiert, kommt zu weniger positiven Ergebnissen. Demnach haben bundesweit nur 34 Prozent der Berufstätigen einen Betriebsrentenanspruch. Und nur 23 Prozent der Ruheständler verfügen neben der gesetzlichen Rente über einen Betriebsrentenanspruch.

Besondern schlecht ergeht es den Menschen in den neuen Bundesländern. Nur 15 bis 19 Prozent der befragten Rentner in Ostdeutschland erhalten neben der gesetzlichen Rente eine Betriebsrente. Auch unter den aktiven Beschäftigten sind die Anwartschaften auf ein solches Zubrot in Zukunft eher Mangelware: Während immerhin 37 Prozent der Thüringer angaben, sie hätten einen Betriebsrentenanspruch, sagten das nur 29 Prozent der Sachsen, 25 Prozent der Arbeitnehmer in Mecklenburg-Vorpommern und 24 Prozent der Arbeitnehmer in Sachsen-Anhalt. Brandenburg lag mit 35 Prozent wie Thüringen über dem Bundesdurchschnitt. Im Westen führt das alte Industrie-Land Rheinland-Pfalz die Liste der am besten ergänzend vorsorgenden Arbeitnehmer an: 47 Prozent der Aktiven gaben an, Anspruch auf eine Betriebsrente zu haben. Mehr als jeder dritte Rentner (34 Prozent) verfügt über ein solches zweites Alterseinkommen. Das Schlusslicht im Westen bildet – nimmt man die ehemals geteilte Stadt Berlin aus – bei den noch Erwerbstätigen überraschend Baden-Württemberg. Bei den Ruheständlern bildet Niedersachsen das Schlusslicht mit einer Betriebsrentner-Quote von 22 Prozent. Die Daten sind allerdings mit Vorsicht zu genießen, da sie auf Selbstauskünften der Befragten beruhen. Bei solchen Befragungen, dies zeigen auch die Erfahrungen des Statistischen Bundesamts mit dem Mikrozensus, neigen die Bürger dazu, ihre Einkommenssituation eher ungünstiger darzustellen als sie tatsächlich ist. Unabhängig davon zeige die Umfrage aber, wie wichtig die geplanten Verbesserungen bei der betrieblichen Altersvorsorge sind. Dies gelte insbesondere für die stärkere Förderung der Bezieher niedriger Einkommen, so Patrick Dahmen.

Hier sind vor allem  zwei Verbesserungen geplant: Wer in Zukunft, weil er in seinem Erwerbsleben immer nur wenig verdient hat, mit seiner gesetzlichen Rente unter der Grundsicherung landet, der muss ab 2018 nicht mehr fürchten, dass eine ergänzende Riester-Rente oder betriebliche Altersversorge voll auf seine Grundsicherung angerechnet wird. Vielmehr bleiben bis zu 202 Euro im Monat in Zukunft anrechnungsfrei. Damit wird es sich auch für Niedrigverdiener in Zukunft grundsätzlich lohnen, ergänzend vorzusorgen. Allerdings fehlt ihnen oft schlicht das Geld, um zusätzlich zum Rentenbeitrag in eine Betriebsrente einzuzahlen. Hier setzt die zweite Neuerung an, über die der Bundestag am Donnerstag entscheidet: Arbeitgeber erhalten erstmals einen Steuerzuschuss, wenn sie ihren Beschäftigten einen Zuschuss zu ihren Einzahlungen in einen Pensionsfonds, eine Pensionskasse oder eine Direktversicherung zahlen. Allerdings gibt es den Zuschuss nur bei Einkommen von bis zu 2200 Euro im Monat. Außerdem wird maximal ein jährlicher Zuschuss von 480 Euro gefördert, indem 30 Prozent davon durch direkte Verrechnung mit der Lohnsteuer erstattet werden.

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