Bettina Röhl direkt

Das große Versagen der deutschen Parteien

Bettina Röhl Publizistin

Die Bundesrepublik driftet wie ein herrenloses Schiff über die politischen Meere in eine Richtung, die sich von der abendländischen Demokratie kontinuierlich entfernt.

  • Teilen per:
  • Teilen per:
"Die bitterste Stunde für die Liberalen seit vielen Jahrzehnten"
Der nordrhein-westfälische FDP-Vorsitzende Christian Lindner sprach nach dem Ausgang der Bundestagswahl am Sonntagabend von der „bittersten Stunde für die Liberalen seit vielen Jahrzehnten“. Man habe in der Öffentlichkeit nicht überzeugt. „Da kann es ja überhaupt keinen Zweifel daran geben.“ Die FDP schafft es nach der ersten Hochrechnung nicht mehr in den Bundestag. Auf die Frage, ob die Partei jetzt auseinanderbricht, sagte Lindner, es gebe ausreichend liberales Wählerpotenzial. Das gelte es jetzt abzurufen. Quelle: dpa
Der Kieler FDP-Fraktionschef Wolfgang Kubicki kritisierte die Wahlkampfstrategie seiner Partei. „Ich finde das eine beachtliche Leistung, dass man mit fünf Ministern der größten Bundestagsfraktion aller Zeiten innerhalb von vier Jahren die FDP von 14,6 auf 5 Prozent oder darunter bringt“, sagte Kubicki am Sonntag der Nachrichtenagentur dpa. „Eine ordentliche Wahlkampfstrategie mit einem souveränen Auftreten sieht anders aus.“ Quelle: dpa
Bundeskanzlerin und CDU-Chefin Angela Merkel hat sich hocherfreut über das Ergebnis der Union bei der Bundestagswahl gezeigt. „Das ist ein Superergebnis“, sagte die strahlende CDU-Chefin unter dem Jubel ihrer Anhänger. „Wir werden damit verantwortungsvoll und sorgsam umgehen.“ Neben den CDU-Mitgliedern bedankte sich Merkel besonders bei der CSU und ihrem Vorsitzenden Horst Seehofer vor die Unterstützung. Quelle: dpa
Unionsfraktionschef Volker Kauder sagte in der ARD: „Wir haben einen klaren Auftrag der Wähler, die Regierung zu bilden.“ Das Ergebnis zeige, dass die Wähler wollten, dass Angela Merkel Kanzlerin bleibe. Die Union freue sich riesig. Ein Ergebnis von weit mehr als 40 Prozent habe man für eine Volkspartei schon gar nicht mehr für erreichbar gehalten. Quelle: dapd
Bundesarbeitsministerin Ursula von der Leyen (CDU) hat sich begeistert vom Wahlerfolg der Union gezeigt. „Das ist fantastisch. So deutlich über 40 Prozent, das haben wir seit über 20 Jahren nicht geschafft“, sagte die stellvertretende CDU-Vorsitzende in der ARD. „Wir hoffen sehr für die FDP, dass die Zahlen im Laufe des Abends noch steigen.“ Zu einer möglichen großen Koalition mit der SPD wollte sich von der Leyen nicht äußern. „Deutschland muss stark bleiben in Europa, das ist das Motto des Abends“, sagte sie. Quelle: dpa
SPD-Generalsekretärin Andrea Nahles wollte nach dem Ausgang der Bundestagswahl am Sonntagabend in einer ersten Reaktion keine Koalitionsaussage treffen. Dies werde zuerst in den Gremien besprochen. Man habe sich sicherlich einen höheren Zuwachs gewünscht, sagte sie im ZDF. Nun sei die Gewinnerin der Wahl gefragt, CDU-Vorsitzende Kanzlerin Angela Merkel. Quelle: dpa
CDU-Vize Armin Laschet wertete das Ergebnis als Regierungsauftrag für Kanzlerin Angela Merkel. „Die Deutschen wollen, dass sie vier Jahre weiter regiert“, sagte Laschet, der auch CDU-Chef in Nordrhein-Westfalen ist. Das Ergebnis sei „in erster Linie Anerkennung für die Arbeit von Angela Merkel“. Laschet lobte den zurückhaltenden Kurs der Parteivorsitzenden in den vergangenen Wochen ohne starke Angriffe auf den politischen Gegner: „Der Wahlkampf war richtig, die Themen waren richtig, und die Zukunftsidee war richtig.“ Quelle: dpa

Die Bundesrepublik Deutschland ist eine Parteiendemokratie. Parteien gehören zwar nicht zur Definition einer Demokratie und sind auch nicht zwingend für die Funktionsfähigkeit der Herrschaft des Volkes notwendig, aber sie stehen nun einmal als privilegierte politische Vereine in der Verfassung und sie werden auch vom Bundesverfassungsgericht ziemlich bevorzugt behandelt, wie etwa die jüngste erfolgte Abwertung der direkten Demokratie durch das höchste deutsche Gericht.

Die Erststimme, die nicht zufällig im Rang vorne steht, gilt einem konkreten Menschen, einem höchst individuellen persönlichen Kandidaten, der im Wohnsitzwahlkreis eines Wählers um dessen Zustimmung wirbt und ihn im Bundestag zu vertreten verspricht. Zu viele Erststimmen im Verhältnis zu den Zweitstimmen, die das Abstraktum Partei erzielt, führten früher zu vielen Überhangmandaten. Zu zu vielen, wie das Verfassungsgericht irrig meinte, weshalb die Überhangmandate nun plötzlich durch Ausgleichsmandate kompensiert werden müssten. Das heißt, dass die politischen Parteien, die sich zur Wahl stellen und die für ihre Anerkennung vergleichsweise minimale Voraussetzungen erfüllen müssen und tatsächlich Essentials des politischen und gesellschaftlichen Lebens sind, im Prinzip wichtiger sind, als die politischen Köpfe. Der Denkansatz liegt darin, dass die Partei quasi immer im Recht ist und dass ihr Wahlergebnis über den Stimmenanteil im Parlament entscheidet und dass sich die Menschen, die nicht über eine anonyme Liste der Partei ins Parlament drängen, sondern sich persönlich den Bürgern stellen, als Gruppe herunter gewürdigt werden.

Natürlich sind auch die Parteien in den personalisierten Wahlkämpfen durch ihre Gesichter und ihre Figuren vertreten, aber das Parteienprivileg ist ein wirklicher Verfassungsfetisch in Sachen Demokratie. Und dies obwohl seit langem von der Einführung basisbasierter direkter Demokratie immer wieder herum geredet wird. Gott bewahre das Land vor einem solchen Schicksal in Volksentscheiden, die ja in Mode gekommen sind! Denn gerade hier gewinnt selten die Vernunft und meistens ein zufällig in die eine oder andere Richtung entfachter Mainstream.

Phänomen: Parteiprogramme

Wenn nun aber Parteien kraft Verfassung so wichtig für das politische Leben, das gesellschaftliche Leben, das Leben jedes Einzelnen sind, dann ist es ein misslicher, ja regelrecht gefährlicher Zustand dieser Republik, dass die Parteien vom Grunde her überhaupt nicht und schon gar nicht hinreichend durchleuchtet, abgeklopft und qualifiziert werden. Die Parteien, die eigentlich permanent auf dem Prüfstand zu stehen haben, sind eigenartige Vereine, in die man eintreten kann und die man wieder verlassen kann, die in Wahrheit aber nur an einer Oberfläche namens Parteiprogramm  sichtbar werden und die nur mit dieser Oberfläche als Spieler der politischen Auseinandersetzung in Erscheinung treten.

Damit ist man bei dem Phänomen Parteiprogramm, das zur Definition einer politischen Partei gehört. Diese Parteiprogramme mit Ober-und Untervarianten werden immer länger. Das heißt auch, sie füllen immer mehr Seiten geduldigen, bedruckten Papiers. Sie sind nicht einmal wirklich dazu gedacht, dass alle Wähler sie kennen müssten. Und sie sind zunehmend jedes Realitätsbezuges beraubt. Abstrakt und beliebig formulierte Ketten, auf denen Sprechblasen endlos hintereinander aufgereiht werden.

Koalitionspoker setzt Unwürdigkeit des Wahlkampfes fort

Die Parlamentswahlen sind ein Kulminationspunkt der Demokratie. Und es ist deswegen eine mittlere Katastrophe, wenn Bundestagswahlen zu einer Farce und einer Bürgerveralberung, an der der Wähler allerdings höchst aktiv teilnimmt, verkommen. Der Wahlkampf 2013 war unter Demokratiegesichtspunkten eine würdelose Veranstaltung, denn alle wichtigen Themen wurden der politischen Korrektheit geopfert und ausgeklammert, und die Wähler und die Republik wurden mit zufällig zum Thema gewordenen Nebensächlichkeiten unterhalten.

Der mit einem großen medialen Aufwand veröffentlichte oder, besser gesagt, breit getretene Wahlkampf verdient bestimmt keine Spitzennote. Nachdem die bürgerliche Mehrheit der Wähler dank der Fünfprozent-Klausel, die per se keine Katastrophe ist, sondern Sinn macht, keine Parlamentsmehrheit zustande brachte, muss jetzt also die Koalition geschmiedet werden, die in den nächsten vier Jahren dieses Land regieren soll. Der Koalitionspoker, der sich nach der Wahl etabliert hat, setzt die Unwürdigkeit des Wahlkampfes fort.

Die weltanschauliche Grundrichtung ist das entscheidende Moment

Reaktionen aus der Wirtschaft auf das Wahlergebnis
Wolfgang Grupp, alleiniger Inhaber und geschäftsführender Gesellschafter der Textilfirma Trigema Quelle: dpa
Otto Kentzler, Präsident des Zentralverbands des Deutschen Handwerks ZDH: "Auf die kommende Bundesregierung warten große Herausforderungen: Die Bewältigung des demografischen Wandels; die Sicherung der wirtschaftlichen und finanziellen Grundlagen; die Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit Deutschlands; entschlossenes Handeln hinsichtlich der energiepolitischen Baustellen sowie eine engagierte Bildungspolitik zur Sicherung des Fachkräftebedarfs. Mit Tatkraft muss die Zukunftsfähigkeit Deutschlands abgesichert und weiterentwickelt werden. In diesem Sinne setzen wir auf eine zügige Regierungsbildung." Quelle: Presse
Patrick Engels, Geschäftsführender Gesellschafter der Pöschl Tobacco Group "Die Wahlberechtigten haben sich eindeutig gegen eine Politik der Steuererhöhungen und der Verbote bzw. der Einmischung vermeintlicher Gutmenschen in die Lebensgestaltung mündiger Bürger ausgesprochen. Nun geht es darum, diese Wünsche des Souveräns auf sowohl nationaler wie internationaler Ebene - und hier insbesondere in Brüssel - umzusetzen."
Stephan Koziol, Geschäftsführer Koziol Designprodukte:"Mein Resümee dieser Wahl: Die FDP hat ihren Markenkern komplett verloren, die Grünen haben ihren stark verschliffen. Die Kommunikation des Kundennutzens war bei beiden Parteien im Vorfeld katastrophal. Den restlichen Parteien ist es deutlich besser gelungen, ihre Botschaften an die Wähler zu bringen. Mein Wunsch an die künftige Regierung ist, dass sie so wenig neue Gesetze wie nur irgend möglich erlässt und das Erneuerbare-Energien-Gesetz schnellstens mit Augenmaß und gesundem Menschenverstand für Deutschland erträglich korrigiert." Quelle: Presse
Friedrich von Metzler, Privatbankier Quelle: dpa
Verband der deutschen Unternehmerinnen (VdU), Präsidentin Stephanie Bschorr „Von der neuen Bundesregierung unter CDU-Führung erwarte ich vor allem einen deutlichen Schub für mehr Präsenz von Frauen in den Führungsfunktionen der deutschen Wirtschaft. Die Mitglieder des VdU fordern von der neuen Regierung vor allem eine starke Berücksichtigung der Interessen kleiner und mittelständischer Unternehmen, insbesondere angesichts der Tatsache, dass mit dem Ausscheiden der FDP eine wirtschaftsnahe Partei im Deutschen Bundestag nicht mehr vertreten sein wird." Quelle: Presse
Dieter Kempf, Präsident Bundesverband Informationswirtschaft, Telekommunikation und neue Medien (Bitkom)„Wir gratulieren Union und SPD zu ihren Wahlerfolgen. Aus Perspektive der Hightech-Wirtschaft muss möglichst schnell eine handlungsfähige Regierung gebildet werden, auch damit in der digitalen Wirtschaftspolitik die notwendigen Akzente gesetzt werden können. Hier sehen wir in erster Linie die beiden großen Volksparteien gefordert. Netzpolitik gehört mit ins Zentrum des nächsten Regierungsprogramms. Sicherheit und Datenschutz, der Aufbau intelligenter Netze u.a. in den Bereichen Energie, Verkehr und Gesundheit, die Modernisierung unseres Bildungswesens oder die Förderung von Start-ups sind Aufgaben, die schnellstmöglich und mit Nachdruck angegangen werden müssen. Netzpolitik muss sowohl im Parlament und als auch auf Seiten der Bundesregierung fest verankert werden. Dazu zählt an erster Stelle die Einrichtung eines ständigen Bundestagsausschusses ‚Internet und digitale Gesellschaft‘.“ Quelle: Presse

Die drei Parteien des linken Lagers, SPD, Linkspartei und Grüne, haben im Wahlkampf noch die ehrlichste, die konsistenteste Parole verbreitet. Sie haben einen Politikwechsel gefordert und diesen Politikwechsel auch personifiziert. Ihre Forderung lautete, dass die ewige Merkel weg muss. Zwar weiß niemand, was ein Politikwechsel genau sein sollte, aber gefühlt hatte das mit dem wichtigsten Entscheidungskriterium in der Politik zu tun, nämlich dem der Weltanschauung, die hinter der ganzen Veranstaltung namens Partei steht. Inzwischen ist das Verwirrspiel der Parteien so perfekt durchgestylt, dass eine Mehrzahl der Wähler dem Irrtum huldigt, dass es einen Lagerwahlkampf, einen Richtungswahlkampf, einen Wahlkampf zwischen Links und Konservativ gar nicht mehr geben könne, da es gar keine differierenden Weltanschauungen mehr gäbe. Das ist ein fataler Irrtum, vor allem der bürgerlichen Mehrheit in diesem Land und auch der bürgerlichen Mehrheiten in den meisten anderen westlichen Ländern.

Eine politisch im eigentlichen Sinn entkernte, mehr faktische als bewusst gelebte konservative Strömung steht einer weltanschaulich zwar zunehmend zerfaserten Linken mit ihrer 150 Jahre alten Geschichte gegenüber, die das einzige der beiden sogenannten Lager, welches noch politische Parteien in dem hehren Sinn des Grundgesetzes bilden und unterhalten kann. Die weltanschaulich begründete Grundrichtung, die existieren muss, damit aus einem Verein eine Partei werden kann, findet sich, wenn auch ziemlich porös und wenig konsequent zu Ende gedacht, in der SPD, in der Linkspartei und bei den Grünen.

Was Schwarz-Gelb nicht geschafft hat

Das sozialistische Glaubenselement, der ent-individualisierte Wir-Glaube, also die ideologische Sicht, die die Realität durch Wunschdenken ersetzt, ist immer noch eine Minimalerfüllung der Voraussetzung an ein Parteiprogramm. Nur wenn ein Parteiprogramm nicht ein bloßer Haufen von addierten sich meist hemmungslos widersprechenden scheinkonkreten Einzelpositionen ist, sondern die Lücken jeder politischen Programmatik durch einen Credo, durch ein Glaubensbekenntnis gefüllt werden, kann man wirklich von einem Programm sprechen. Das linke Programm ist auch bei der SPD, Godesberg hin oder her, Realpolitiker wie Gerhard Schröder oder Wolfgang Clement hin oder her -  im Grunde immer noch auf die mal friedliche, mal demokratische, mal eher revolutionäre Substitution der realen Verhältnisse durch irgendwelche fiktiven idealen Verhältnisse gerichtet. Das ist in Wahrheit wenig, aber es fasziniert viele Menschen seit besagten 150 Jahren und die linke Ideologie ist irgendwie ein politisches Programm. Damit ist man schon in der Diskussion: Was ist ein Parteiprogramm?

Mit dem Parteiprogramm ist ein Ansatz eröffnet von der programmatischen Oberfläche der Parteien tiefer in diese Organisation einzusteigen und sie bis zum Grund zu durchleuchten und zu verstehen. Wichtig ist nämlich nicht in erster Linie, was die Parteien öffentlich programmatisch sagen, sondern viel wichtiger ist in Zeiten der politischen Korrektheit, was die Parteien verschweigen. Und bei allem ist das allerwichtigste, was nonverbal der innere Konsens der Parteien ist, nämlich ihr ideeller oder ihr ideologischer Grundansatz. Die nicht verbalisierte Weltanschauung ist das entscheidende Moment.

Die Tragik der SPD

Die besten Zitate zur Landtagswahl
Bayerns Ministerpräsident und CSU-Chef Horst Seehofer"Nach der Wahl ist vor der Wahl. Ich habe mit der Kanzlerin heute telefoniert und ihr zugesagt, dass wir jetzt ab morgen früh alles tun werden von Bayern aus, dass Angela Merkel Kanzlerin bleibt." Quelle: dpa
Hermann Gröhe, CDU-Generalsekretär:"Die Zweitstimme, das ist die entscheidende Stimme im Hinblick auf die Mehrheitsverhältnisse im Land. Die ist gleichsam Merkel-Stimme. Und deswegen werben wir für beide Stimmen für die Union." Quelle: AP
Peer Steinbrück, SPD-Kanzlerkandidat:"Es ist die 13. Landtagswahl hintereinander, wo die schwarz-gelbe Liebesheirat aufgekündigt worden ist." Quelle: dpa
SPD-Parteichef Sigmar Gabriel:"Der Einzug der FDP in den Bundestag ist seit heute Abend nicht sicher." Der SPD-Vorsitzende sieht bei einem Scheitern der FDP an der Fünf-Prozent-Hürde größere Chancen dafür, doch noch einen rot-grünen Erfolg bei der Bundestagswahl zu schaffen. „Wäre die FDP nicht im Bundestag, steigen die Chancen deutlich für Peer Steinbrück, Kanzler zu werden“, sagte Gabriel. Quelle: dpa
Sabine Leutheusser-Schnarrenberger, Bundesjustizministerin (FDP):"In jeden Fall gibt es eine Zweistimmenkampagne. Es war aber schon immer angelegt und immer geplant. Dazu ist ja auch das Wahlrecht im Bund da." Quelle: dpa
FDP-Spitzenkandidat für die Bundestagswahl, Rainer Brüderle:"In Bayern ticken die Uhren anders." Quelle: dpa
Grünen-Chefin Claudia Roth:"Wir sind enttäuscht, wir haben uns wirklich mehr erhofft." Quelle: dpa

Die gute alte liebe Tante SPD bemüht sich schon immer, verstärkt seit ihrem Godesberger Programm von 1959, vom sozialistischen Kern zur sozialen Liebe zu finden, das Kapital zu akzeptieren und ihren permanenten Hang zum Egalismus zu kontrollieren. Klar, dass so eine Partei eine Existenzberechtigung hat und eine Akzeptanz bei den Wählern - aus der sie allerdings seit mehreren Legislaturperioden immer weniger realen Stimmanteil machen konnte. Die Tragik der SPD, die auch zu einer Tragik der Gesellschaft wurde, liegt darin begründet, dass die SPD immer wieder von graumäusigen unscheinbaren Linksextremisten unterwandert wird, die intern eine permanente Linksverschiebung der SPD erzeugen. Linksextremisten, die wissen, dass sie außerhalb einer linken Volkspartei bedeutungslose Spinner wären, drängen die Volkspartei SPD und mit ihr die Politik unangemessen nach links und die Wähler der SPD, die im Prinzip immer auf der konservativen Seite der SPD stehen, segnen den permanenten Linksruck der Partei und damit ihrer selbst gleichwohl immer wieder ab.

Die SPD ist somit eine große  konservative soziale Partei (mit einer entsprechenden konservativ sozialen Wählerschaft) mit einer internen, ultralinken Minderheit, die die Partei in sinnlose Flügelkämpfe hineinzerrt. Insofern ist es kein Wunder, dass die SPD immer dann aufblüht, wenn starkes Führungspersonal den Kurs Richtung Mitte hält, wie etwa Willy Brandt, Helmut Schmidt oder Gerhard Schröder es vermochten. Peer Steinbrück war leider nur ein starker Sprücheklopfer, aber leider keine starke Persönlichkeit. Und Sigmar Gabriel oder gar Andrea Nahles sind nicht die Bringer, die die SPD aus der 26-Prozent-Talsohle herausführen könnten. Steinmeier scheint nicht einmal Willens dies zu tun.

Linkspartei und die Partei der grünen Kaputtmacher

Die Linkspartei in ihrer Dreifaltigkeit aus Poststalinisten, neokommunistischer Plattform und inzwischen grauhaarigem westlinkem Sektierertum, ist die deutscheste und eigentlich konservativste Variante der linken Parteien. Die Linkspartei ist übrigens auch die einzige Partei in Deutschland, die nicht in politischer Korrektheit erstickt, was sie ohne Zweifel sympathisch macht. Auf eine nähere Betrachtung dieser bis auf weiteres nicht regierungsfähigen Partei kann hier allerdings verzichtet werden.

von Tim Rahmann, Konrad Handschuch, Roland Tichy

Die Partei der Kaputtmacher (dessen, was angeblich kaputt macht), steht dagegen mal mehr und mal weniger regelrecht unter Strom unserer guten alten Welt ihren wohlverdienten Untergang zu bescheren, und eine neue Welt, repräsentiert durch einen neuen Menschen, zu generieren.  Die Grünen tragen viele sehr alte ideologische Hüte, die sie in ihrer Hautfarbe anmalen und deswegen selber auf ihren Fake reinfallen, als hätten sie etwas Neues erfunden, was nicht der olle Marx und der greise Sigmund Freud und der Wilhelm Reich und die alten Frankfurter Größen schon vorgebetet haben.

Der grüne Hass

Das destruktive Moment, das die grünen Nachhaltigkeitskaiser gruppendynamisch in sich tragen, zumal in den heutigen, im Beliebigkeitsmodus daher kommenden Zeiten, wird von der konservativen Konkurrenz in gefährlicher Weise unterschätzt. Wie sonst ließen sich schwarz-grüne Gedankenspiele von konservativer Seite erklären? Nicht jeder einzelne Grüne, aber die grüne Ideologie ist fixiert auf die Zerstörung der Familie und das ist eine der wahren Motivationen für die pädophilen Entgleisungen der Partei oder den teils hassaufgeladenen Kampf für die Homosexualität. Es geht dem durchschnittlichen politischen Grünen in Wahrheit in seiner pervertierten Minderheitenfixiertheit nicht altruistisch um das Glück der Homosexuellen. Die Motivlage ist selten Altruismus bei den Grünen, sondern es handelt sich um eine reine Instrumentalisierung in dem Fall zur Zerstörung des Hassobjektes Familie.

Auch die Autorin ist nicht sonderlich begeistert vom Betreuungsgeld, aber die Aversion gegen das Betreuungsgeld ist bei den Grünen vor allem durch den Zerstörungswillen der Familie gekennzeichnet. Die grünen Angriffe auf die Familie als Institution machen eine lange Liste aus. Und die Grünen in ihrer Nachhaltigkeit sind gnadenlos.

Die grüne Partei ist eine ausgeprägte Hass-Partei, die mit den vielen positiv besetzten Öko-Blümchen daher kommt. Der gelegentlich erklärte, aber ansonsten nonverbal in die Politik durchgedrückte, Grenzen überschreitende Hass der Grünen auf Deutschland im Besonderen und den Westen im Allgemeinen ist die Ur-Motivation dafür, dass die Grünen eine Zuwanderung initiieren wollen, die das Thema Deutschland erledigt. Es  geht den Grünen nicht um das Schicksal der zuwandernden Menschen, jedenfalls nicht in erster, zweiter oder dritter Linie. Die Möchtegern-Moralmonopolisten der Grünen haben mit Moral wenig am Hut. Die Euro-und die Europa-Politik der Grünen ist in Wahrheit eine First-step-Politik Deutschland in Europa untergehen zu lassen und dann Europa mit dem Westen gleichsam zu versenken. Auch die Idee den Menschen zum Pflanzenfresser umbauen zu wollen, ist Ausdruck eines Hasses auf die Menschen, wie sie nun einmal sind und ein hilfloser Versuch einen Schritt auf der Entwicklung des Neuen Menschen, der durch die linken Ideologien seit eh und je als feste Größe geistert, voran zu kommen.

Ja, es gibt sie die schicken, gesettelten, urbanen Grünen und es gibt auch die wirtschaftlichen Profiteure der subventionierten Öko-Industrien und klar, es gibt auch grüne Idealisten. Der grüne Grundgeist ist aber ein unsichtbarer unguter Geist.

Die grüne Partei wird nur verständlich, wenn man ihre Geschichte aus ihren gewalttätigen Tagen von ihren, teils DDR-unterwanderten Anfängen über den bürgerkriegsähnlichen Wahnsinn der Frankfurter Spontiszene um Joschka Fischer und Daniel Cohn-Bendit und die brutalen Demonstrationen gegen die Frankfurter Startbahn West oder gegen Atomkraftwerke oder gegen jedes sogenannte Großprojekt, das sich irgendwo auftut, verfolgt und einordnet.

Die konservativen Parteien

Deutschlands skurrilste Wahlplakate
Dieses Plakat der Piraten erreichte uns gleich mehrfach. Als gebe es einen Wettbewerb um unrealistische Wahlversprechen fordern die Piraten einfach "einen Wombat in jedem Haushalt". Sinnvoll oder einfach nur Papierverschwendung? Quelle: Piratenpartei
Auch der CDU-Abgeordnete Karl Schiewerling aus dem Wahlkreis Coesfeld/Steinfurt II verzichtet lieber gleich auf ein Wahlversprechen und wünscht seinen potenziellen Wählern lieber schöne Ferien. Auf seiner Homepage wirbt er dafür mit dem Slogan "Ihr Abgeordneter. Hält Wort."
Die Piratenpartei ist unter den skurrilen Plakaten gleich mehrfach vertreten, denn auch der Slogan "Themen statt Möpse" irritierte so manchen Wähler. Auch wenn der Mops mit ins Bild gerückt wurde, die Anspielung auf das freizügige Wahlplakat der CDU-Politikerin Vera Lengsfeld liegt nur allzu nah. Quelle: Stefan Butz
Dieses Plakat erinnerte unseren Leser an eine Situation am Grenzübergang in Salzburg vor vielen Jahren. "Warum wollen Sie denn nach Deutschland, bleiben Sie doch in Bayern", fragte der Grenzbeamte. Das Plakat zeigt, dass die Frage für einige immer noch aktuell ist. Quelle: Ernst Fojcik
Ein Beispiel dafür, dass Wahlplakate für sich allein hochseriös sein können, zusammen aber komisch wirken. Dieses Bild bekamen wir von einer Leserin aus Leipzig, unter dem Motto: "Drei Parteien, eine Brille". Quelle: Ulrike Bertus
Die Freien Wähler haben Kreativität bewiesen - und vor allem Fingerspitzengefühl bei der Positionierung des Plakats, es hängt nämlich direkt vor dem Springer-Haus in Hamburg. Quelle: Wolfgang Beecken
Ein Problem vieler Politiker und aller Parteien: Oft werden die Plakate verschandelt und sind schon nach kurzer Zeit nicht mehr wiederzuerkennen. Quelle: Martin Fuchs

Der Muskel-T-Shirt-Träger Joschka Fischer, der zum Anzugfetischisten wurde, konnte nie die Traumata seiner gewalttätigen Vergangenheit überwinden, aber die Grünen haben ihm das Image eines genialen Könners und Denkers verpasst, der an den Brüchen seiner Biographie gereift wäre. Das ist ein für die Grünen exemplarischer Fall: Wenn sich allerdings die Grünen schon über sich selber irren, muss die Gesellschaft diesen Irrtum nicht mitmachen.

Die drei linken Parteien zusammen liegen - trotz der mehrheitlich links gebürsteten Massenmedien -bei einem Anteil von ca. 40 der gesamten Bevölkerung und auch den erreichen die linken Parteien nur wegen einer dümmlichen konservativen Politik, die von Lagerkampf faselt, aber nicht weiß, was Lagerkampf ist. Wenn der linke Wert je über 40 Prozent steigen sollte, läge dies in der Unfähigkeit konservativer Politiker begründet.

Gibt es sie eigentlich wirklich? Gibt es konservative, bürgerliche Parteien in Deutschland?

Die FDP ist gerade von der Bundesbühne verschwunden. Und ihr greiser Ehrenvorsitzender Hans-Dietrich Genscher hat es mit seiner Schelte am aktuellen Führungspersonal der FDP, (in der er sich mit dem notorischen Linksabweichler Gerhard Baum einig weiß), gerade unfreiwillig komisch deutlich gemacht: Die FDP hat bei nüchterner Betrachtung nur noch das bloße Wort "Liberalismus" anzubieten. Sie hat keine Konkretisierung in petto und scheint vergessen zu haben, dass Liberalismus nur als Weltanschauung mit Binde-und Sogwirkung eine Überlebenschance hat und diese Weltanschauung wurde von der real existierenden FDP in politischer Korrektheit erstickt.

Die AfD wird Ein-Themen-Partei genannt und als sogenannte Anti-Euro-Partei bezeichnet. Tatsächlich dürfte es sich so verhalten, dass die AfD durch ihre politisch unkorrekte Haltung zum Euro und durch ihren Namen "Alternative für Deutschland" vor allem Wähler angezogen hat, die sich eine Befreiung von den Fesseln der politischen Korrektheit erhofft haben. Die AfD ist also auch eine Partei, die von  vielen ihrer Wähler für eine vermutete, nicht verbalisierten Botschaft gewählt wurde. Jetzt wird die AfD beweisen müssen, ob sie wie die anderen Parteien in politischer Korrektheit erstickt oder ob sie ihre Existenz durch Substanz rechtfertigen kann.

Bleibt das gigantische Monstrum der sogenannten Volkspartei CDU. Das C sollte nach der Parteigründung nach dem Krieg christliche Wähler anlocken und diese Funktion erfüllt das C bis heute. Vor allen Dingen die Katholiken haben aktuell die CDU und Merkel gemacht. Die Partei selber hat das C allerdings schon lange entchristlicht. Das C steht heute für Conversion, für ein Konvertieren. Die CDU ist die Konvertitenpartei Deutschlands. Sie konvertiert sozusagen sekündlich zu den ideologischen Ansätzen der SPD und vor allem der Grünen.

Die gefährliche Mainstream-Bindung der CDU

Mit ihrer im Grunde falschen Einwanderungs-und Integrationsideologie haben die Grünen nicht nur die SPD infiziert (die Linkspartei ist immun dagegen), sondern auch die Union. Die Union präsentiert allerlei Parteiprogramme, mit denen bei genauer Textexegese nichts anzufangen ist, die nicht der Aufklärung, sondern der Verkleisterung dienen. Ein Credo, ein Glaubenssatz, eine Weltanschauung im besten Wortsinn gehört seit langem nicht mehr zum Repertoire der Union.

Die Union wird seit langem als Kanzlerwahlverein verspottet. In Wahrheit ist es schlimmer. Die CDU ist Sammelverein, der einzig übrig gebliebene nicht linke Verein, den nach fast 65 Jahren bundesrepublikanischer Geschichte inzwischen jeder aus seiner Kindheit kennt und für die inzwischen alternativlose nicht linke Parteivariante hält. Dabei übersehen die Wähler die totale Beliebigkeit des politischen Ansatzes der Union und sie übersehen die gefährliche Mainstream-Bindung der Partei.

Ein prototypischer Vertreter des neuen Orbits der Totalbeliebigkeit, der in Wahrheit orientierungslosen Totalbeliebigkeit der Union, ist der nordrheinwestfälische CDU-Chef Armin Laschet, den es mächtig in die Bundespolitik drängt und der in Verkennung aller Realitäten offenbar schwarz-grün präferiert. Mit Steuern rauf oder Steuern runter werden die Wähler derzeit bei Laune gehalten. Mit Sprüchen wie "Investitionen in Bildung", die als "Investitionen in die Zukunft" hoch gejubelt werden, kommt gleich noch eine menschlich-moralische Komponente in die Sache hinein, als wenn nicht jeder wüsste, dass gute, richtige und erfolgreiche Bildung eine gute, richtige und erfolgreiche Investition in die Zukunft einer Gesellschaft ist und das umgekehrt jedoch eine ungute, falsche und erfolglose Bildung besonders schlecht für die Zukunft einer Gesellschaft ist. Solange die linken Bildungsideologen in allen Parteien das Edukationsgeschehen und die gigantischen Geldflüsse beherrschen und der weltanschaulich gefestigte, konservative Entwurf fehlt, ist man geneigt zu sagen: bloß nicht die 100 000senste neue Bildungsreform! Kein Pfennig mehr für Irrsinn.

Gerade das Feld der Bildungspolitik ist bis heute eine Domäne der Extremisten und immer noch Alt-68ern, Alt-DKPlern, die es auch heute noch gibt, die davon träumen die Erschaffung des Neuen Menschen durch die Hintertür, durch eine grausame Jugendpolitik zu erzwingen. Das Menschenexperiment, das unter dem Namen "Neuer Mensch" segelt, ist aus dem Köpfen der Extremisten noch lange nicht verschwunden.

Weil die Programme aller Parteien die Grausamkeiten der real existierenden Wirklichkeit, der Innenpolitik wie der Außenpolitik ausklammern, aber noch viel mehr weil die Parteien auf eine unterschiedliche Weise entweder unerkannt ideologisiert sind oder über keinen ideellen Ansatz mehr verfügen, driftet die Bundesrepublik wie ein herrenloses Schiff neben anderen herrenlosen Schiffen zum Beispiel namens Frankreich über die politischen Meere in eine Richtung, die sich von der abendländischen Demokratie, die in vielen Sonntagsreden zum Tag der deutschen Einheit beschworen wurde, kontinuierlich entfernt. Das ist kein Pessimismus. Die Realität ist so.

© Handelsblatt GmbH – Alle Rechte vorbehalten. Nutzungsrechte erwerben?
Zur Startseite
-0%1%2%3%4%5%6%7%8%9%10%11%12%13%14%15%16%17%18%19%20%21%22%23%24%25%26%27%28%29%30%31%32%33%34%35%36%37%38%39%40%41%42%43%44%45%46%47%48%49%50%51%52%53%54%55%56%57%58%59%60%61%62%63%64%65%66%67%68%69%70%71%72%73%74%75%76%77%78%79%80%81%82%83%84%85%86%87%88%89%90%91%92%93%94%95%96%97%98%99%100%