Da eine gesetzliche Definition fehlt, was Populismus sein könnte, die Vokabel "Populismus" aber eine beherrschende Rolle im politischen Diskurs spielt (und in den öffentlich-rechtlichen Medien sogar als offiziöse Bezeichnung für einzelne Parteien und Gruppierungen Verwendung findet), wird es zunehmend bedeutsamer, dieses im Prinzip auf Vernichtung abzielende Hass- und Verleumdungswort zu entzaubern.
Weder gibt es eine ausreichend randscharfe Definition des Begriffs "Populismus", noch wohnt dem Wort, so wie es verwendet wird, irgendeine Legitimität oder Moral inne. Diejenigen, die das Wort "Populismus" routiniert gegen andere Menschen mit herabwertender Absicht verwenden, sind höchst selber "Populisten" und sie sind die gefährlichsten Populisten noch dazu.
"Politisch-korrekter Mainstream" ist ein Synonym für "Populismus"
Der politisch-korrekte Mainstream ist der sichere Hinterhalt, aus dem heraus die Korrekten auf die von ihnen ausgemachten Unkorrekten, natürlich vollkommen "souverän" und im Vollbesitze ihrer geistig-moralischen "Überlegenheit", lustvoll schießen. Dies tun sie ohne Skrupel und ohne sich groß darum zu scheren, was sie anrichten. Der politisch-korrekte Mainstream ist geradezu ein Synonym für "Populismus". Oder umgekehrt: "Populismus" entleert sich im politisch korrekten Mainstream, treibt und beschleunigt diesen. Das allerdings ist nicht der "Populismus", gegen den sich die Meinungsmanipulateure unter Verwendung der Vokabel Populismus wenden.
Wenn man den Populismus mit einem faulen Ei vergleicht, dann existiert im öffentlichen Diskurs bestenfalls ein halbes faules Ei. Die andere Hälfte des faulen Eies ist die Munition, mit der die Mainstreamer oder die wahren Populisten auf die von ihnen auserkorenen "Feinde" mit großem Hass und jener Mischung aus Alarmismus und demonstrativer Gelassenheit und unendlicher Überlegenheit heraus gelegentlich aus allen Rohren feuern.
Natürlich gibt es, um es verkürzt zu sagen, rechte und eben auch linke Populisten. Das faule Ei hat also ebenfalls durchaus eine rechte und eine linke Seite. Im öffentlichen Diskurs hat allerdings der Linkspopulismus schon seit ein paar Jahrzehnten gesiegt, weshalb er schon lange nicht mehr als "links" empfunden wird und auch schon lange nicht mehr mit linken Attitüden auftritt. Heutige "Linkspopulisten" gerieren sich schon lange als neutrale, objektive und richtige Mitte-Mainstreamer. Es handelt sich also um eine Art Mainstream-Populismus, deren Protagonisten sich schon lange an alle Privilegien der Kapitalisten gewöhnt haben, aber gleichzeitig in schizophrener Weise weiter linksradikale Denk-und Handlungsschemata verfolgen, die sie heute als so eine Art "Normal Null" verkaufen.
Der frühere Linkspopulismus, der heute längst zu einer Art gigantischen Mainstreampopulismus aufgeblasen ist, ist tatsächlich so mächtig geworden, dass er den Rechtspopulismus selber zunehmend marginalisiert. Diejenigen, die ex kathedra als die großen Meinungsbildner in der Gesellschaft ganze Salven von Populismus-Beschimpfungen politisch korrekt bis zum Stehkragen abschießen, tun alles, um ihren eigenen Populismus unter einer perfekt funktionierenden Tarnkappe zu verstecken.
Der breit grinsende Populismus einer Andrea Nahles
Der jüngste, größte und teuerste Populismus der bundesrepublikanischen Geschichte ist die Rente mit 63, die bei der nächsten Bundestagswahl der SPD nutzen und der CDU schaden wird.
Die Baby-Boomer-Generationen sind die letzten Generationen, die, so sie nicht Beamte sind, unter dem perfekten Schutzschild des deutschen Arbeitsrechtes gelebt haben oder mindestens unter diesem Schutzschild ihre berufliche Sozialisation erfahren haben. Diese Sicherheitsdenker-Generationen, aufgewachsen im frühen Wohlstand der Republik, haben ein enormes Anspruchsdenken und sie machen zudem eine große Zahl an Wählern aus. Diese Generationen haben eine eisern unterdrückte Angst noch älter zu werden als ihre Vorfahren und, anders als ihre Vorfahren, von einer in Parallelgesellschaften zerfallende Gesellschaft irgendwann ausgesteuert oder als lästige Altlast an den Rand gedrängt zu werden.
Da ist der breit grinsende Populismus einer etwas armselig daher kommenden Bundesarbeitsministerin Andrea Nahles geradezu Balsam auf die Seelen allzu vieler Babyboomer, die sich nicht zu den Gewinnern ihrer Generation zählen. Das Rentenpaket und insbesondere die Rente mit 63 ist das Wunschpaket der gigantisch großen Wählergruppe der heutigen Endvierziger bis Sechzigjährigen. Alle Phänomene, die die heutige Gesellschaft zunehmend zum Entgleisen bringen, halten sich die Baby-Boomer nach Kräften vom Leib. Sie leben privilegiert in ihren imaginären Luftschlössern. Und sie leben (noch) in der Illusion einen gigantischen Rentenanspruch der Höhe und der Empfangsdauer nach zu besitzen.
Das völlig verzerrte Bild der Rente
Tatsächlich ist das Rentensystem schon heute eine einzige Ungerechtigkeit in sich. Die Rentenempfänger überbelasten die heutige arbeitende Bevölkerung in einem nie dagewesenen Ausmaß und dies auch noch mit einer weit verbreiteten Ignoranz gegenüber der Rentenrealität.
Aber diese Ignoranz der heutigen Nutznießer des schief liegenden Rentensystems, welches ohnehin mit jedem Tag unbezahlbarer und damit auch irrealer wird und die Illusionen der Baby-Boomer, die jetzt erst ins Rentensystem drängen, wird durch den Populismus der GroKo in Gestalt der Rente mit 63 gehätschelt, gestreichelt und gebauchpinselt; und ist damit ein Paradebeispiel für populistischen Stimmenfang.
Der wahre Populist
Das Wort "Populismus" insinuiert fälschlicherweise, dass es um das Volk geht, deren Sympathien der Populist zu erheischen sucht. Tatsächlich könnte man natürlich auch den Schleimer selbst einen "Populisten" nennen und realiter muss man ihn auch so nennen.
Wer zur Nomen Klatura gehört und reale Minderheiten, die die GroKo-Politik hinterfragen, "Populisten" nennt, produziert in populistischer Weise einen populären Denkfehler. Er nennt eine oppositionelle Minderheit, die mit der Mainstreammeinung nicht kongruent ist, "populistisch", was bereits ein Widerspruch in sich selbst ist, während sich sein eigener "Populismus" (der allerdings ausgeblendet wird) in der Tatsache manifestiert, dass er sich bei einer, allerdings die Mehrheit beherrschenden Führungsminderheit beliebt zu machen bemüht und damit mittelbar hofft, auch zum Darling der Mehrheit zu avancieren.
Die populistische Gender-Politik
Ein anderes Beispiel für Populismus ist die Gender-Politik. Diese ist langfristig noch teurer als die Rente mit 63 und sie ist menschenverachtend obendrein. Eine extreme Minderheit der politischen Klasse beherrscht vergleichsweise rücksichtslos und diktatorisch die Gesellschaft und Politik. Gleichzeitig lässt sich die große Mehrheit der Menschen genderistisch beherrschen, ohne zu wissen, worum es eigentlich geht. Dort, wo die Menschen erfahren haben, was Gender bedeutet, sind sie in erdrückender Mehrheit dagegen. Sie sind geschockt, entsetzt, frustriert, aber auf Duldung gepolt. Hier wird eine ganz andere Form von Populismus sichtbar. Wer Karriere machen will, schließt sich den Unterdrückungsstrukturen der Gender-Industrie an und verteidigt undemokratisch herrschende Minderheitenstrukturen, bei denen er sich anbiedert.
Dies ist eine volksverachtende Variante des Populismus. Derjenige, der sich gegen Gender äußert und damit als Gefahr für die "Minderheitendiktatur" empfunden wird, läuft Gefahr von der Seite der Macht als "Populist" diffamiert zu werden, obwohl er in bester demokratischer Manier unterdrückte Mehrheitsinteressen retten möchte. Auch eine Art Widerspruch in sich selbst: ein Demokrat, der der Demokratie das Wort redet, ist kein Populist, sondern jemand, der den durch und durch undemokratischen Populismus wehrhaft bekämpft, eben wie es sich für einen Demokraten gehört.
Die Fehler, die in der Integrationspolitik gemacht wurden und gemacht werden, sind vom politischen Establishment zu vertreten, von wem sonst. Politische Kritik an derartigen Fehlern wird vom herrschenden Establishment regelmäßig als Populismus verunglimpft. Da ist man dann endgültig im Bereich schwachsinniger, aber durchaus gängiger Argumentationsketten angelangt.
Wenn Eliten, die sich in einer Demokratie um Mehrheiten zu bewerben haben, sich missliebige Minderheiten vom Halse halten, in dem sie diese zum Beispiel "populistisch" nennen und sich ihre Reaktionen auf diese missliebigen Minderheiten weitestgehend in Vokabeln und Denkschemata wie "Populismus" erschöpfen, dann werden diese Eliten höchstselbst zu den eigentlichen demokratischen Störern. Allerdings muss sich die schweigende Mehrheit den Vorwurf gefallen lassen, den herrschenden Eliten allzu leichtfertig zu folgen.
Meinungsvielfalt geht anders
Meinungsvielfalt geht anders als in der real existierenden bundesrepublikanischen Gesellschaft. Die populistischen Denk-Ge- und -Verbote sind zu einem demokratischen Problem dieser Gesellschaft geworden. Und die Tatsache, dass die Grünen mit ihrer autoritären Denkunkultur und ihrer linksradikal saturierten Empfindungskultur oder die Betonsozialisten von der Linkspartei integraler Bestandteil der herrschenden Elite sind, beraubt die Demokratie ihrer Opposition.
Wenn es noch Opposition in der Bundesrepublik gibt, dann hat sie, wenn überhaupt, außerhalb des Parlamentes eine Chance. Die sich selbst APO nennende Rest-FDP nimmt diese Chance allerdings nicht wahr. Stattdessen stürzt sie sich in einen angepassten Selbstauflösungsprozess. Und die vielen berühmten, unabhängigen Geister und Querdenker dieser Gesellschaft sind zumeist gar nicht unabhängig, sondern eben linkspopulistisch, das heißt, mainstreamkompatibel angepasst, der Karriere wegen. Die Einzelstimmen, die es übernehmen Mindermeinungen zu vertreten, bekommen allzu leicht den Stempel eben "Populisten" zu sein.
Der öffentliche Diskurs ist erstickt worden
Mainstreamkompatibel sind auch die meisten Vertreter der ehedem christlich konservativen Unionsparteien. Auch deren Vertreter, so sie nicht meinungslos, wenn nicht gar haltungslos sind, sind in wieder einem anderen Wortsinn "populistisch" auf den Mainstream gerichtet. Sie leben davon, dass die größte Wählergruppe, nämlich die der Unionswähler bisher nicht gemerkt hat, dass sie einer populistischen Partei ihre Wählerstimme geben.
Der massenmedialisierte Diskurs, der die eigentliche Demokratie ersetzt hat, ist erstickt worden in einer Legierung von unendlich vielen verschiedenen Populismusvarianten. Die einzigen, die nicht im klassischen Sinn "populistisch" sein können, sind die Minderheiten, die routinemäßig "populistisch" genannt werden. Warum können diese nicht populistisch sein? Ganz einfach, weil sie nämlich vergleichsweise kleine Minderheiten sind. Insofern liefern diese Minderheiten, unabhängig davon, ob sie etwas Sinnvolles oder weniger Sinnvolles zum Euro, zu Europa, zur Bildungspolitik oder sonst sagen, einen Restbeitrag zur Demokratie.
Zum Schluss noch eine bittere Pille. Der herrschende Populismus, der mit der Vernichtungswaffe der Vokabel "Populismus" in der Hand die individuelle Meinung in der Bundesrepublik unterdrückt oder herabwürdigt, hat ein Klima erzeugt, in dem der berühmte vorauseilende Gehorsam der Menschen, egal, wo sie stehen und wo sie arbeiten und egal, ob sie Schüler oder Rentner sind, deren Handeln beherrscht. Ein Volk von Angsthasen ist im Entstehen.
Hassvokabel "Wutbürger"
Bis vor wenigen Jahren haben beinahe alle Repräsentanten der Nomen Klatura vom Bürger verlangt sich zu emanzipieren, sich einzubringen, mutig gegen den Strom zu schwimmen und seine Meinung zu äußern. Doch selbst diese Zeiten, die schon bis zum Anschlag verlogen waren, haben sich geändert. Mit der populistischen Hassvokabel "Wutbürger", eine Erfindung von Leuten, die sich bis eben noch selber nach oben wüteten, soll dem Volk das Maul endgültig gestopft werden. Und wer sich vielleicht mit besten Argumenten gar öffentlich zu Wort meldet, wird notfalls selbst dann, wenn er ganz individuell nur seine eigene Stimme erhebt, von "Oben" nach unten als "Wutbürger" oder "Populist" gerichtet und stigmatisiert. Ein komisches Phänomen: Die echten Wutbürger und Populisten und Nutznießer des Sozialstaates in Gestalt der Linksautonomen werden von allen Vertretern des Establishments niemals als "Wutbürger" oder "Populisten" diffamiert. Ein sicheres Indiz für die Tatsache, dass der Mainstream eine klare Fließrichtung hat.
Dass kaum einer in dieser Republik "links" lebt, dass kaum einer in dieser Republik das Prinzip Gender lebt, dass kaum einer in dieser Republik seine Ersparnisse an den Euro verlieren möchte, dass die Eliten sich höchst kapitalistisch bedienen und dies zu Lasten der breiten Massen, all dies stört niemanden wirklich. Warum nicht? Weil die weit überwiegende Mehrheit der Menschen sich in dieser Gesellschaft eingerichtet zu haben glaubt, allerdings in einer Gesellschaft, die die Freiheit des Gedankens in immer unanständigerer Weise verringert und einengt.
Die berühmten Shitstorms, die sich gelegentlich im Internet aufbauen, sind eine perverse Form der Entladung unterdrückter Individualität und eine gefährliche dazu. Es wird Zeit, dass populistische Bundespräsidenten und Bundeskanzler mit gutem Vorbild vorangehen und vielleicht einmal das Wagnis eingehen dem wahren Populismus in diesem Land den Kampf anzusagen. Der wahre Populismus, der sich zum Beispiel darin äußert, selektierte Minderheiten gebetsmühlenartig öffentlich als "Populisten" zu bezeichnen, ist vor allem eins, nämlich ein öffentlicher Kotau, eine öffentliche Unterwerfung des Einzelnen unter die Macht und die Mächtigen im Staat.