Bettina Röhl direkt

Wahl-O-Mat schickt Wähler in die Wüste

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Der Wahl-O-Mat ist nicht neutral

Die Spitzenkandidaten für die Bundestagswahl
ANGELA MERKEL - Kampf um dritte KanzlerschaftDie CDU-Chefin kämpft bei der Wahl am 22. September um ihre dritte Kanzlerschaft. Ins Amt kam Angela Merkel 2005 an der Spitze einer großen Koalition aus Union und SPD. Seit 2009 führt sie ein Bündnis mit der FDP, das sie erklärtermaßen fortsetzen will. An die Spitze ihrer Partei gelangte die vorherige Generalsekretärin im Jahr 2000 im Zuge des CDU-Spendenskandals - nachdem sie sich scharf von Altkanzler und Ex-Parteichef Helmut Kohl distanziert hatte. Als Parteivorsitzende hat die heute 59-Jährige der CDU eine programmatische Modernisierung verordnet. Grundsatzpositionen wie die Wehrpflicht und das Ja zur Atomkraft wurden aufgegeben, auch in der Familien- und Bildungspolitik änderte sich der Kurs - zum Leid des konservativen Flügels. In die Politik kam die ostdeutsche Physikerin in der Wendezeit. Sie wurde Vizesprecherin der ersten demokratisch gewählten DDR-Regierung und später unter Kohl zunächst Frauen-, dann Umweltministerin. Mitglied des Bundestags ist sie bereits seit 1990. Quelle: dpa
PEER STEINBRÜCK - Klartext-Mann auf schwieriger MissionMit 66 Jahren will er es noch einmal wissen. Das Problem: Der frühere Finanzminister hatte nach dem Ende der großen Koalition eine Kandidatur nicht einkalkuliert - und so fielen Peer Steinbrück seine lukrativen Vorträge gleich auf die Füße, als er schlecht vorbereitet und zunächst ohne eigenen Mitarbeiterstab in das äußerst schwierige Unterfangen startete. Hinzu kamen unglückliche Äußerungen. So trauen ihm bisher nicht viele Bürger zu, es besser zu können als Merkel. Manche fragen auch, ob er der richtige Mann ist für ein eher linkes SPD-Programm. Früher sah er etwa Mindestlöhne kritisch. Aber der Mann feiner Ironie und scharfer Worte kämpft. Die Karriere des Volkswirts begann 1974 im Bundesbauministerium, unter Helmut Schmidt war er Referent im Kanzleramt. Nach Ministerposten in Schleswig-Holstein und Nordrhein-Westfalen wurde der gebürtige Hamburger in Düsseldorf Ministerpräsident (2002-2005), dann war er Minister unter Merkel. Für die Zukunft hat er letzteres aber ausgeschlossen. Quelle: dpa
RAINER BRÜDERLE - Haudegen mit HandicapFür den Vorsitzenden der FDP-Bundestagsfraktion läuft der Wahlkampf bisher alles andere als rund. Vor sechs Wochen stürzte er nach einem privaten Abend mit Freunden schwer, zog sich Brüche an Arm und Oberschenkel zu. Seitdem kämpft der 68-Jährige in der Reha, um zum Wahlkampfendspurt mit vielen Großveranstaltungen wieder fit zu sein. In der Zwischenzeit gibt Brüderle im Akkord Interviews, fordert mehr Datenschutz in Europa, geißelt die Steuererhöhungspläne von Rot-Grün und sucht beim Solidarzuschlag die Konfrontation mit der Kanzlerin. Wann mit dem stufenweisen Soli-Ausstieg begonnen werden soll, darüber sind sich Brüderle und FDP-Chef Philipp Rösler aber selbst nicht so ganz einig. Brüderle, als Fraktionschef lange ein Rösler-Rivale, findet die Doppelspitze mit dem 40-jährigen Vizekanzler gut. Die Mischung aus Jung und Alt sei richtig. „Das läuft alles sehr offen und fair“, sagte Brüderle der „Welt am Sonntag“ über sein Teamspiel mit Rösler. Quelle: dpa
KATRIN GÖRING-ECKARDT Die Frau aus dem Osten ist eine Vertreterin des Realoflügels und eine abwägende Rednerin. Die 47-jährige Göring-Eckardt soll stärker in so genannte bürgerliche Schichten ausstrahlen. Doch bisher fiel es der Thüringerin manchmal schwer, neben dem oft dominant wirkenden Bremer durchzudringen. Göring-Eckardt engagierte sich in der kirchlichen Opposition der DDR und sitzt heute im Rat der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD). Sie war 1989 Gründungsmitglied der Bürgerbewegung „Demokratie Jetzt“ und von „Bündnis 90“. Unter Rot-Grün war sie Fraktionsvorsitzende. Quelle: dpa
JÜRGEN TRITTIN - Der zweiten Gemischtes Grünen-DoppelDer Mann aus dem Westen gilt als pragmatischer Parteilinker und scharfer Rhetoriker: Zwei sehr unterschiedliche Politiker haben die Grünen per Urwahl an der Spitze ihres Wahlkampfs gestellt. Der 59-jährige Jürgen Trittin steht für klaren Rot-Grün-Kurs. Trittin ist mit Renate Künast seit 2009 Fraktionschef im Bundestag. Im Kabinett von Gerhard Schröder (SPD) leitete er von 1998 bis 2005 das Umweltressort. Vielen gilt er als etwas arrogant, doch im Wahlkampf betont er seine charmante Seite. Quelle: dpa
GREGOR GYSIDie Linke konnte sich nicht auf einen oder zwei Spitzenkandidaten einigen und hat sich deswegen für gleich acht entschieden. Der prominenteste ist Fraktionschef Gregor Gysi. Der 65-jährige Gysi gilt nach dem Abgang Oskar Lafontaines als mächtigster Mann der Linken, hat aber während des erbitterten Machtkampfs um die Parteispitze im vergangenen Jahr Autorität eingebüßt. Der Berliner Rechtsanwalt hat ein zweistelliges Wahlergebnis als Ziel ausgegeben, in den Umfragen liegt die Partei zwischen sechs und neun Prozent. Quelle: dpa
SARAH WAGENKNECHT - Nr. 2 der LinkenWagenknecht war früher Wortführerin der Kommunistischen Plattform lässt ihre Mitgliedschaft in der radikalen Parteigruppierung seit ihrer Wahl zur stellvertretenden Parteivorsitzenden aber ruhen. Neben Gysi gilt die 44-jährige Lebensgefährtin Lafontaines als die Linke mit der stärksten Ausstrahlung. Gysi hat ihren Aufstieg in der Partei mehrfach gebremst. Nach der Wahl könnte sich aber die Frage neu stellen, ob sie an seiner Seite Fraktionschefin wird. Quelle: dpa

Die Bundeszentrale für politische Bildung arbeitet aus einem Raum heraus, der dem durchschnittlichen Bundesbürger kaum bekannt ist. Die Konstruktion der Behörde ist ein antiquiertes Unikum und dringend erneuerungsbedürftig, um den Ungeist dieser Behörde den Garaus zu machen. Die Behörde ist, wie gesagt, seit Jahrzehnten auch personell links bis linksradikal besetzt, was die Behörde möglicherweise schon lange für völlig in Ordnung und Normal Null hält. Aber man muss etwas über diese Behörde wissen, wenn man sich auf den Wahl-O-Maten einlässt, der ganz normal und lieb und megatransparent und mit Studentenwitz und Professorenmacht daher kommt und uns modern und nett alle zum Spielen einlädt.    

Zum Beispiel die Mindestlohn-Frage

In diesem Zusammenhang schaue man sich die 38 Fragen des Wahl-O-Maten, der dem Spieler am Ende verrät wes Geistes Kind und wessen Parteigänger er wäre, genauer an.

Frage 1  "Es soll ein gesetzlicher flächendeckender Mindestlohn eingeführt werden."

Von einer politischen Bildung darf man erwarten, dass sie darüber aufklärt, dass eine Mietwohnung in der Uckermark oder sonst einer armen Region Deutschlands schon für 2 bis 3 Euro pro Quadratmeter zu haben ist, wohingegen die gleiche Mietwohnung in einer teuren Großstadt im Zweifel glatte 10 Euro mehr pro Quadratmeter kostet. In der Frage der bpb ist also das Wort "flächendeckender" eine solche qualitative Verkürzung der Mindestlohnfrage, dass dem Spieler eine qualifizierte Antwort verunmöglicht wird.

Das vorläufige amtliche Endergebnis – hier sehen Sie, wie die politische Stimmung im Land ist.

Wer wirklich sozial ist, also für einen Mindestlohn eintritt, muss nach den allgemeinen Lebenshaltungskosten der einzelnen Regionen differenzieren, wenn er alle Mindestlohnempfänger nicht nur nominal, sondern substanziell gleich behandelt wissen will. Was soll also der Wähler, der einen wirklich durchdachten, wirtschaftlich angepassten und sozial adäquaten Mindestlohn will, also auf diese unsinnige Frage antworten? (Eine Frage, die im Übrigen schon lange politisch-moralisch vorbesetzt ist: bist Du für den Mindestlohn, bist Du sozial, also ein Guter und umgekehrt. Und wer will schon gern freiwillig ein Böser sein?)Und natürlich muss man "flächendeckender Mindestlohn" hier so verstehen, wie die SPD oder die Linkspartei es propagieren: 8,50 Euro pro Stunde überall. Gleich zu Beginn also schon der erhobene Zeigefinger der bpb.

Reihenfolge ist unvermeidlicher Weise immer auch Rangfolge. Der Mindestlohn ist eine wichtige Frage, aber unter den wirklich wichtigen Fragen der Politik ein nachrangiger Krümelaspekt. Was wird also mit Frage 1 bezweckt?

Tempolimit auf Autobahnen, Abschaffung des Euro

Beispiel Frage 3, "Generelles Tempolimit auf Autobahnen!" Dazu kann man nur sagen: Meine Oma fährt im Hühnerstall Motorrad, darf sie das? So prominent auf Frageplatz 3 steht eine so unwichtige Frage. Ein gezieltes Verwirrspiel.

Oder Frage 4 "Deutschland soll den Euro als Währung behalten"

Welche Partei will den Euro für Deutschland nicht behalten? Ob der Euro nicht vor der Wahl, sondern à la longue zu retten ist oder unbezahlbar wird, oder ob die Euro-Zone zerfallen wird oder ob die Stimmen in Griechenland, die dort zur Drachme zurück kehren wollen, Oberwasser bekommen, wer weiß das alles schon heute? Einfach so mir nichts dir nichts den Euro in Deutschland abzuschaffen, wie es die Frage impliziert, will keine Partei und auch kein Wähler. Was soll also eine so ärgerliche Frage? Soll das vielleicht die entscheidende Frage zur Euro-Politik sein? Oder offenbart sich in diesem Fragepopulismus die volle Unkenntnis der schöngeistigen Professorenveranstaltung der bpb? Zudem handelt es sich um eine bösartige Frage, die offenbar verkappte Nationalpopulisten, die unbedingt zu einer neuen DM wollen, aus den Spielern heraus kitzeln will.

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