Bettina Röhl direkt

Das große Versagen der deutschen Parteien

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Die gefährliche Mainstream-Bindung der CDU

Mit ihrer im Grunde falschen Einwanderungs-und Integrationsideologie haben die Grünen nicht nur die SPD infiziert (die Linkspartei ist immun dagegen), sondern auch die Union. Die Union präsentiert allerlei Parteiprogramme, mit denen bei genauer Textexegese nichts anzufangen ist, die nicht der Aufklärung, sondern der Verkleisterung dienen. Ein Credo, ein Glaubenssatz, eine Weltanschauung im besten Wortsinn gehört seit langem nicht mehr zum Repertoire der Union.

Die Union wird seit langem als Kanzlerwahlverein verspottet. In Wahrheit ist es schlimmer. Die CDU ist Sammelverein, der einzig übrig gebliebene nicht linke Verein, den nach fast 65 Jahren bundesrepublikanischer Geschichte inzwischen jeder aus seiner Kindheit kennt und für die inzwischen alternativlose nicht linke Parteivariante hält. Dabei übersehen die Wähler die totale Beliebigkeit des politischen Ansatzes der Union und sie übersehen die gefährliche Mainstream-Bindung der Partei.

Ein prototypischer Vertreter des neuen Orbits der Totalbeliebigkeit, der in Wahrheit orientierungslosen Totalbeliebigkeit der Union, ist der nordrheinwestfälische CDU-Chef Armin Laschet, den es mächtig in die Bundespolitik drängt und der in Verkennung aller Realitäten offenbar schwarz-grün präferiert. Mit Steuern rauf oder Steuern runter werden die Wähler derzeit bei Laune gehalten. Mit Sprüchen wie "Investitionen in Bildung", die als "Investitionen in die Zukunft" hoch gejubelt werden, kommt gleich noch eine menschlich-moralische Komponente in die Sache hinein, als wenn nicht jeder wüsste, dass gute, richtige und erfolgreiche Bildung eine gute, richtige und erfolgreiche Investition in die Zukunft einer Gesellschaft ist und das umgekehrt jedoch eine ungute, falsche und erfolglose Bildung besonders schlecht für die Zukunft einer Gesellschaft ist. Solange die linken Bildungsideologen in allen Parteien das Edukationsgeschehen und die gigantischen Geldflüsse beherrschen und der weltanschaulich gefestigte, konservative Entwurf fehlt, ist man geneigt zu sagen: bloß nicht die 100 000senste neue Bildungsreform! Kein Pfennig mehr für Irrsinn.

Gerade das Feld der Bildungspolitik ist bis heute eine Domäne der Extremisten und immer noch Alt-68ern, Alt-DKPlern, die es auch heute noch gibt, die davon träumen die Erschaffung des Neuen Menschen durch die Hintertür, durch eine grausame Jugendpolitik zu erzwingen. Das Menschenexperiment, das unter dem Namen "Neuer Mensch" segelt, ist aus dem Köpfen der Extremisten noch lange nicht verschwunden.

Weil die Programme aller Parteien die Grausamkeiten der real existierenden Wirklichkeit, der Innenpolitik wie der Außenpolitik ausklammern, aber noch viel mehr weil die Parteien auf eine unterschiedliche Weise entweder unerkannt ideologisiert sind oder über keinen ideellen Ansatz mehr verfügen, driftet die Bundesrepublik wie ein herrenloses Schiff neben anderen herrenlosen Schiffen zum Beispiel namens Frankreich über die politischen Meere in eine Richtung, die sich von der abendländischen Demokratie, die in vielen Sonntagsreden zum Tag der deutschen Einheit beschworen wurde, kontinuierlich entfernt. Das ist kein Pessimismus. Die Realität ist so.

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