Erschütternd bleibt, dass die real existierenden Kanzlerkandidaten, Merkel und Steinbrück, der Nation auf einem ähnlichen Niveau ein sogenanntes Kandidatenduell im deutschen Gesamtfernsehen vorgesetzt haben. Eine kartellartige große Koalition kennzeichnete die Debatte vom vergangenen Sonntag. Merkel und Steinbrück und die schwachen vier Top-Moderatoren des Duells klammerten das Thema der Themen dieser Zeit, das auch ein europäisches Thema ist und sogar eines des Westens insgesamt, nämlich das Thema der Integration im weitesten Sinne, eisenhart aus. So wie es auch beim Kanzlerduell vor vier Jahren zwischen Merkel und Steinmeier ausgeklammert worden war.
Es wurde nicht danach gefragt, es wurde nicht darüber diskutiert, das Thema wurde wie nicht existent behandelt. Da gingen die real existierenden Kandidaten sogar noch einen Schritt weiter als die bpb, die das Thema wenigstens vorgeblich in einigen Fragen, wenn auch unsinnigen Fragen, siehe oben, anklingen ließ.
Der guten Ordnung halber soll nicht verschwiegen werden, dass der virtuelle Wahl-O-Mat wie auch die realen Kandidaten die Außenpolitik sprich zum Beispiel die Nahost-Politik im Prinzip gänzlich ausklammerten. Merkel und Steinbrück kniffen sich gerade mal den Alibisatz ab, dass sie Deutschland nicht an einem amerikanischen Waffengang in Syrien beteiligt sehen wollen. Mindestens im Prinzip nicht.
Die großen Fernsehanstalten sollten sich schämen
Und die großen Fernsehanstalten sollten sich schämen, dass sie nur auf die etablierten Parteien bei den Wahlen gesetzt haben. Mit welchem Recht wurde bei dem gestrigen sogenannten Triell der Spitzenkandidaten von FDP, Grünen und die Linke, die Piratenpartei, die sogar in deutschen Landtagen sitzt und immer mal wieder mit fünf Prozent plus x gehandelt und gefürchtet wurde, zu dem Kandidatentalk nicht eingeladen? Ähnliches gilt für die AfD, die von den etablierten politischen Parteien gefürchtet und zum Hassobjekt erklärt wurde und in Umfragen immer mal wieder an die Fünf-Prozent-Hürde heran reicht. Damit sind die Wahlchancen der Piraten und der AfD objektiv unlauter und undemokratisch minimiert worden.
Das Triell, das gestern im Wesentlichen eine Umverteilungsdebatte ganz im Sinne der Linkspartei war, wurde von Gysi, Brüderle und Trittin bestritten, die immerhin eine etwas lebhaftere Debatte zustande brachten als die Dinos vor ihnen. Aber das ändert nichts daran, dass auch das kleine Fernsehspektakel aus der Wahl 2013 nichts machte, was die Wahl als demokratischen Ur-Akt wirklich heraus reißen konnte.
Die Niveaulosigkeit der Bundestagswahl 2013 hat die Bildzeitung unfreiwillig auf ihrem Titel dokumentiert, als sie gestern Stefan Raab als wahren Sieger des Duells zum heimlichen Kanzler ausrief. Raab hatte zwar eine gewisse Launigkeit in das Kanzlerduell gebracht, aber auch er lieferte wenig Fragesubstanz.
Trotz allem gilt: jeder sollte am 22. zur Wahl gehen, um mindestens die Parteien in die Pflicht zu nehmen.
P.S. Ein personeller Lichtblick ist während der Wahl bei der SPD sichtbar geworden und der heißt Thomas Oppermann. Ein heißer Kandidat auf den Kanzlerkandidaten 2017.