Bettina Röhl direkt

Subventionskönigin Alice Schwarzer

Bettina Röhl Publizistin

Nach 30 Jahren Steuerhinterziehung hat Alice Schwarzer Selbstanzeige erstattet. 20 Jahre Steuerhinterziehung waren verjährt. Für zehn Jahre unversteuerte Zinsen zahlte Schwarzer 200. 000 Euro und ein bisschen mehr. Jetzt stellt sich die Frage: Ist Alice Schwarzer noch subventionswürdig? Wohl kaum.

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Alice Schwarzer sieht sich nach ihrer Steuer-Beichte scharfer Kritik ausgesetzt. Quelle: dpa

In Köln am schönen Rhein steht der mittelalterliche Bayenturm, einst Wahrzeichen und Machtzentrum der Rheinmetropole. Heute heißt es in Köln noch immer, wer die Macht über das nach dem Krieg restaurierte Bauwerk hat, hat die Macht über die Stadt Köln. Da mag schon einiges dran sein. Die Machthaberin über den Bayenturm, der auch Hexenturm genannt wird, heißt seit zwanzig Jahren Alice Schwarzer. Und die für ihren autokratischen Führungsstil bekannte Frauenkämpferin gilt als knauserig. Weniger knauserig scheint sie sich selbst gegenüber zu sein, wie man wohl in Ansehung ihrer mehr als dreißig Jahre währenden Hinterziehung von Kapitalertragsteuern auf ein kleines seinerzeit in die Schweiz transferiertes Vermögen vermuten darf.

Die gemeinnützige Stiftung der Alice Schwarzer mit dem Namen FrauenMediaTurm hat eben diesen Turm seit 1994 auf Grundlage eines 70-jährigen Erbpachtvertrages (30 Jahre und zwei Mal kann für jeweils 20 Jahre optiert werden) von der Stadt Köln in Besitz genommen. Der Erbpachtzins ist besonders günstig ausgefallen, das Ganze dient ja einem guten Zweck. So hat der Erbpachtzins ausweislich des Wirtschaftsplanes 2008 (liegt der Autorin vor) 15.334,00 Euro pro Jahr betragen. Das macht bei circa 200 Quadratmeter, verteilt auf vier Stockwerke in einer absoluten Solitärlage und Immobilie mit 180 Grad Rheinblick rund 1277 Euro Monatsmiete. Moritz von Uslar hat seinen Besuch in diesem Turm 2012 für die Zeit aufgeschrieben. Da kann auch eine finanzhungrige gemeinnützige Stiftung wirklich nicht meckern.

Herrin dieser Stiftung ist, man muss es nicht sagen, Alice Schwarzer. Sie ist auch Herrin der von ihr herausgegebenen Zeitschrift Emma, die jeder abonnieren oder am Kiosk kaufen kann. Auch die Emma residiert im Frauenturm. Das Stiftungskapital betrug laut Wirtschaftsplan 2008 eine Million Euro. Die kostenaufwändige Renovierung des Turms hatte 1994 übrigens der strategisch operierende Mäzen Jan-Philipp Reemtsma der Stiftung verpasst.

Von diesem Turm aus organisiert Schwarzer alle möglichen Projekte, die sie selber für einzigartig auf der Welt zu halten scheint. Zum Beispiel das Projekt "FMT (FrauenMediaTurm) Virtuell" oder das Projekt "FMT Visuell" oder das Projekt "Neusortierung". Das erste Projekt FMT Virtuell subventionierte das Bundesfamilienministerium (BMFSFJ) von 2003-2006 mit 600.000 Euro. Das zweite Projekt FMT Visuell (hochtrabend heißt es die "Analyse des Bedeutungswandels visueller Darstellung von Frauen anhand archivarischer Aufarbeitung") soll vom Bundesbildungsministerium  von 2006-2011 eine Summe von 413.611 Euro bekommen haben.

Die Zeitschrift Emma und die Stiftung FMT

Und wie das Bundesfrauenministerium BMFSFJ auf Anfrage der Autorin jetzt mitteilt, gab es 2012 unter Kristina Schröder für das Projekt „Neusortierung von vorhandenen und neuen Dokumenten zu zentralen Themen der Frauenbewegung“ noch mal "einen gültigen Zuwendungsbescheid", wonach der FMT von 2012 bis 2016 noch einmal insgesamt 600.000 Euro erhält, wiederum "verteilt in Jahrestranchen." Demnach bekam der FMT im Jahr 2012 Subventionen in Höhe von 112.500 Euro und 2013 in Höhe von 125.000 Euro. Und soll 2014 insgesamt 125.000 Euro, 2015 dann 150.000 Euro und 2016 noch einmal 62.000 Euro bekommen.

Aber nicht nur die Stadt Köln und die Bundesrepublik Deutschland fördern Alice Schwarzers kleines Imperium. Auch das Bundesland NRW beteiligt sich an dem Subventionswettbewerb. Seit 2008 bekam die Stiftung zusätzlich noch 210.000 Euro im Jahr, verteilt gleich auf die drei Landesministerien Wissenschaft, Frauen und Kultur. Seit 2012 schleicht sich das Land NRW aus der Förderung des Feministenprojektes heraus und hat die Förderung seit Januar 2014 ganz eingestellt

Auffällig ist, dass die CDU-Landesregierung in Düsseldorf wesentlich spendierfreudiger gegenüber Schwarzer war, als die rot-grüne Nachfolgerregierung es unter Hannelore Kraft ist. Zu recht bemängelt die neue Regierung offenbar, dass Schwarzers Turm nicht hält, was er verspricht. Es sei das einzige Universalarchiv zur Geschichte und Aktualität der Emanzipation, so die eigene Darstellung der Frauenbewegten.

Und die Realität sieht kläglich aus: Angeblich hat es im Jahr 2008 ganze 250 Besucher des sogenannten Archivs gegeben, wie mehreren Presseberichten zu entnehmen war. Jeder Besuch musste sich vorher anmelden, eine Schutzgebühr von fünf Euro bezahlen und hat die Chance in den "Schätzen", wie Schwarzer ihr gesammeltes Werk nennt, von 10 bis 17 Uhr wochentags zu forschen.   

Ein Schelm, wer auf den Gedanken kommt, dass das von Stadt, Land und Bund geförderte Frauenarchiv im Turm, ohne dass eine öffentliche Förderstelle mit allen anderen Förderungsstellen sich je abgesprochen hätte, in Wahrheit die sozialisierte Variante des Emma-Archives sein könnte. Schließlich hat jedes Medienunternehmen von Gruner&Jahr, Spiegel bis Springer seine eigene Dokumentation und sein eigenes Archiv, das es Interessierten auch ohne die Schwarzerschen Restriktionen zur Verfügung stellt und solche Privatunternehmen werden nicht subventioniert. Die Zeitschrift Emma residiert laut Impressum im Bayenturm und hat dort im zweiten Stock ein Großraumbüro und laut Wirtschaftsplan von 2008 bis 2011 zahlte die Untermieterin gut 6800 Euro Miete im Jahr.

Kordon um die Frauenkampfeinheit

Alte und neue Steueroasen
Ein Strand auf den Tobago Keys Quelle: dpa
Ein Schild mit dem Zeichen von Liechtenstein Quelle: REUTERS
Eine Stadt in Zypern Quelle: dapd
Festungsmuseum in Luxemburg Quelle: dpa
Wiener Opernball Quelle: dpa
Bauern in der Schweiz Quelle: dapd
Dubai Quelle: dapd

Gerade jetzt hat Schwarzer verkündet, dass Emma schwarze Zahlen schriebe. Man ist geneigt zu witzeln, dass das kein Wunder ist, wenn die Zeitschrift Emma für eine der absoluten Top-Lagen in Köln nur rund 566 Euro Miete pro Monat zahlt. Einen Beitrag für Nebenkosten leistet Emma ausweislich des Wirtschaftsplans nicht an die FMT-Stiftung. Es stellt sich im Übrigen die Frage, ob das Erbbaurecht, das die Stadt Köln wahrscheinlich ja eigens für den guten Stiftungszweck gewährt hat, überhaupt eine gewerbliche Nutzung durch eine Zeitschrift zulässt. Diesen Gedanken verfolgte der Spiegel im Jahr 1995 unter dem Titel “Bastille stürmen: Krach um den Kölner Frauenturm”: [...] Nach dem Vertrag mit der Stadt Köln, einem Erbbaurechtskontrakt, soll der Bayenturm der Öffentlichkeit zugänglich sein, eine “gewerbliche Nutzung” der geschichtsträchtigen Immobilie ist ausgeschlossen. Überprüft werden muss nun nach Ansicht des Kölner Regierungspräsidenten Franz-Josef Antwerpes, ob die Emma-Chefin “in kommerzieller Weise” Förderzwecke missbraucht hat. Der Spiegel beschreibt also schon 1995 eine Trutzburg um Schwarzer herum, die nicht durchbrochen werden konnte. Jens Blecker von IK News fragte Ende 2013 noch mal bei der Stadt Köln nach, ob der Auschluss der gewerblichen Nutzung im Erbpachtvertrag nach wie vor gültig sei. Und bekam folgende Antwort: “Eine gewerbliche oder gewerbeähnliche Nutzung ist nach wie vor ausgeschlossen.”

Und man fragt sich: Mit welchen Unterlagen haben sich die Subventionen gewährenden Behörden bis jetzt zufriedenstellen oder abspeisen lassen? Das Ganze ist eine sehr intransparente Angelegenheit und in diese Intransparenz Licht hinein zu bringen, gestaltet sich ungewöhnlich schwierig.

Seit 1994, seit Einzug des Schwarzerschen Imperiums in den Medienturm, bis heute hat es also erhebliche Subventionen aus öffentlichen Töpfen gegeben. Und auch in den Jahren davor wird es finanziell nicht allzu eng gewesen sein. Was das Generieren von Spenden anbelangt, dürfte Schwarzer kein Kind von Traurigkeit sein. Traurig ist, wie gesagt, der Kordon um diese Frauenkampfeinheit herum, der es Außenstehenden verunmöglicht ein klares Bild zu gewinnen.

Eigentlich ist dies der typische Fall, in denen sich die Finanzbehörden oder die Rechnungshöfe zu überlegen haben, ob sie sich nicht in eine Prüfung der nicht verjährten Zeiträume einschalten. Es macht den berühmten kleinen Unterschied mit großer Bedeutung, ob eine Subvention aufgrund einer vergleichsweise gebundenen Entscheidung der zuständigen Behörde zu gewähren ist, oder ob eine Subvention erst aufgrund der Ausschöpfung von umfangreichen Beurteilungs- und Ermessensspielräumen gewährt werden kann, wie im Fall der Subventionierung einer nie ganz über jeden Zweifel erhabenen Feminismus-Forscherin Schwarzer.

Wenn beispielsweise eine Investitionsförderung per Gesetz vorgeschrieben ist und jemand investiert entsprechend in seinen Betrieb, dann hat er einen Anspruch auf die Subvention. Der Fall ist ganz einfach. Wenn aber ein Vorhaben, wie das der Alice Schwarzer, auf seine Wissenschaftlichkeit, auf seine Gesellschaftsnützlichkeit, auf seine Eignung die Fraueninteressen auf optimale Weise zu fördern und natürlich auf eine Einzigartigkeit in diesem Bereich abzuklopfen ist und darüber hinaus noch die Solidität und die Lauterkeit des Wirtschaftsplans zu checken sind, tritt automatisch immer mehr, neben der Prüfung der Sache, auch eine Prüfung der Person in den Vordergrund.

Nicht nur das Ziel muss stimmen

Das weltweite Netz der Steuerhinterziehung
Two women walk past a beggar sitting on the steps of an underground pedestrian crossing in downtown Moscow, Quelle: AP
Fishermen navigate their boats past an area of old buildings, which are under demolition work in front of hotel buildings that are under construction on the man-made Fenghuang (Phoenix) island Quelle: REUTERS
Two Russian women, who did not want to be identified, try on mink coats in Moscow Quelle: AP
Symbolische Schuldscheine Quelle: dpa
A girl hawks local snacks in the Dal neighbourhood before the break of fast on the second day of the holy month of Ramadan in Nigeria Quelle: REUTERS
Currency traders talk in front of the screens showing the Korea Composite Stock Price Index Quelle: dapd
Ein Mitarbeiter nimmt einen 1000 Gramm schweren Goldbarren Quelle: dpa

Nicht nur das Ziel, sondern auch die Person sollte stimmen und genau daran, nämlich an ihrer Person, hat Schwarzer unüberbrückbar erscheinende Zweifel aufkommen lassen. Es ist keine Kleinigkeit, dass Schwarzer mehr als 30 Jahre lang ein illegales Konto in der Schweiz führte und die Zinserträge nicht versteuerte. Mit einer offenbar wirksamen Selbstanzeige und einer Zahlung von 200.000 Euro plus Säumniszuschlag an den Fiskus hat sich Schwarzer Straffreiheit erkauft. Ihre Rückzahlung und ihre Selbstanzeige betreffen allerdings nur den Zeitraum der letzten zehn Jahre. Ihre davorliegenden Steuerhinterziehungen sind verjährt und sie bleibt insofern die Nutznießerin von zum damaligen Zeitpunkt strafbaren Steuerhinterziehungen.

Ihre extrem unsympathische und ignorante Selbstdarstellung in Gestalt ihrer sehr angreifend wirkenden Verteidigung auf ihrer eigenen Homepage, ist entlarvend.  

Schwarzer behauptet, dass mit ihrer Selbstanzeige alles legal, alles wieder heil, alles wieder gut gemacht sei. Und sie greift die Medien an, dass diese ihr Steuergeheimnis nicht gebrochen haben dürften, will sagen, die Medien hätten über die Selbstanzeige und den gesamten Vorgang Stillschweigen bewahrt haben müssen. Und ihren Anwalt lässt sie gar die Behauptung aufstellen, dass ein "Tsunami" über sie zusammen brechen könnte. Sie selbst begreift sich nur noch als Opfer von Hetzkampagnen und Hexenjagd. Allerdings: Schwarzer bejubelt nicht, dass die Medien zu ihren Gunsten zunächst geschwiegen haben. Sie bejubelt auch nicht, dass sie mit ihrer ganz singulären Medienmacht stets bevorzugt wurde, obwohl sie selbst vor keiner Kampagne gegen wen auch immer zurückschreckte.

Bei ihr sei jetzt alles wieder legal. Mit diesem starken Satz könnte Schwarzer den Eindruck bestärken, dass sie das Ausnahmeinstitut der strafbefreienden Selbstanzeige ebenso wenig verstanden hat wie die Tatsache, dass ihr Gewinn in Gestalt von verjährten Steueransprüchen eine recht zwiespältige Angelegenheit ist.

Die Selbstanzeige ist also kein Instrument der Entmakelung des Täters

Die Straffreiheit der Selbstanzeige dient allein dem Prinzip, dass der Staat mit diesem Institut ein paar Steuergroschen zusätzlich einnehmen kann, was allerdings ein sehr zweischneidiges Schwert ist. Sie dient aber nicht dem Zweck den Steuersünder nachträglich zu adeln oder zu einem besseren Steuerbürger mit Brillant und Schwert zu machen. Zum anderen sind verjährte Steuern rechtlich ebenso problematisch wie die übers Ziel hinaus schießende Entscheidung des BGH aus dem Jahr 1994 das Institut des Fortsetzungszusammenhangs quasi abzuschaffen.

Selbstanzeige als heiliges und absolutes Recht

Welche Promis schon verurteilt wurden
900.000 Euro hinterzogene Steuern: Der Sänger Freddy Quinn hatte seinen Hauptwohnsitz jahrelang in der Schweiz, lebte aber überwiegend bei seiner Hamburger Lebensgefährtin Lilly Blessmann. Die deshalb in Deutschland fälligen Steuern, zwischen 1998 und 2002 immerhin rund 900.000 Euro, hat der Österreicher nach eigenem Eingeständnis aber nie bezahlt. Er habe sich nie mit finanziellen Dingen beschäftigt, rechtfertigte sich der Musiker vor Gericht. Außerdem beglich er sofort seine Steuerschuld, so dass im Prozess 2004 die verhängte Haftstrafe von zwei Jahren zur Bewährung ausgesetzt wurde. Hinzu kam ein Bußgeld über 150.000 Euro. Quelle: ap
970.000 Euro hinterzogene Steuern: Klaus Zumwinkel verlor wegen einer Steueraffäre seinen Job als Vorstandschef der Deutschen Post. Ermittler der Bochumer Staatsanwaltschaft durchsuchten vor laufenden Fernsehkameras im Februar 2008 das Privathaus des Topmanagers. Die Staatsanwaltschaft warf Zumwinkel vor, über die LGT Bank Geld in eine Stiftung nach liechtensteinischem Recht geschleust und so den deutschen Fiskus um fast eine Million Euro betrogen zu haben. Mitte Februar 2008 trat der Post-Chef zurück und wurde knapp ein Jahr später zu zwei Jahren Haft auf Bewährung plus Zahlung einer Geldstrafe von einer Millionen Euro verurteilt. Quelle: dpa
1,96 Millionen DM hinterzogene Steuern: Der frühere Verfassungsschutzchef und Ex-Verteidigungsstaatssekretär Ludwig-Holger Pfahls war eine Schlüsselfigur der CDU-Spendenaffäre. Er räumte ein, vom Geschäftsmann Karlheinz Schreiber 3,8 Millionen Mark erhalten zu haben. Schreiber habe das Geld für ihn in der Schweiz verwaltet. Ausgehändigt worden seien ihm 873.000 Mark. Das Landgericht Augsburg erklärte ihn 2005 der Vorteilsannahme und Steuerhinterziehung für schuldig und verurteilte ihn zu zwei Jahren und drei Monaten Haft. Pfahls kam nach gut 13 Monaten frei, musste aber Ende 2011 erneut wegen Bankrotts und Betrugs in Haft. Quelle: dapd
1,7 Millionen Euro hinterzogene Steuern: Um weniger Steuern zu zahlen, verlegte Tennis-Star Boris Becker Anfang der 90er-Jahre seinen Wohnsitz von München nach Monaco. Tatsächlich aber lebte er weiter überwiegend in Bayerns Metropole und nicht im Fürstentum. Das Landgericht München verurteilte ihn deshalb 2002 wegen Steuerhinterziehung von 1,7 Millionen Euro zu zwei Jahren Haft auf Bewährung und 500.000 Euro Geldstrafe. Becker räumte eigene Fehler ein – was das Gericht ebenso strafmildernd berücksichtigte wie die Tatsache, dass Becker vor Prozessbeginn rund 3,1 Millionen Euro Steuern nachgezahlt hatte. Quelle: dapd
22,6 Millionen DM hinterzogene Steuern: Der frühere Springreiter Paul Schockemöhle hatte große Summen über Stiftungen in Liechtenstein am deutschen Fiskus vorbeigeschleust. 1996 wurde er deshalb zu elf Monaten Gefängnis auf Bewährung verurteilt und musste 22,6 Millionen Mark Steuern nachzahlen. Schockemöhle wurde zum Verhängnis, dass dem Liechtensteiner Treuhänder Herbert Batliner Teile seiner Kundendatei gestohlen und den deutschen Steuerbehörden zugespielt wurden. Der Ex-Sportler, dem für eine erfolgreiche Selbstanzeige keine Zeit mehr blieb, verklagte Batliner später wegen der Datenpanne – ohne Erfolg. Quelle: dpa
203 Millionen Euro hinterzogene Steuern: Das Landgericht München verurteilte den Geschäftsführer des VIP Medienfonds 3, Andreas Schmid, 2007 wegen Steuerhinterziehung zu einer Freiheitsstrafe von sechs Jahren. Schmid hatte versucht, den Fiskus um 203 Millionen Euro zu prellen, indem er beim Finanzamt zu Unrecht „gewinnmindernde Aufwendungen“ geltend machte. Der Angeklagte wusste, dass nur 20 Prozent der Aufwendungen für die Filmproduktion verwendet, aber 80 Prozent zugunsten des Fonds angelegt wurden. Kurioserweise war nicht Schmid selbst Nutznießer der Steuerersparnis. Profitiert haben vielmehr zum größten Teil die Anleger des Medienfonds. Quelle: obs

Wer, wie zum Beispiel Uli Hoeneß, nur wegen der nicht verjährten, hinterzogenen Steuern angeklagt werden kann, muss gleichwohl bei der Strafzumessung gegenwärtigen, dass die vor Eintritt der Verjährung hinterzogenen Steuern bei der Bewertung des Gesamtschadens mitgerechnet werden. "Nach ständiger Rechtsprechung des BGH ist es zulässig, auch verjährte Steuerstraftaten strafschärfend zu berücksichtigen." sagt der Strafverteidiger Gero von Pelchrzim aus Frankfurt, der sich mit vielen Fällen von Selbstanzeigen beschäftigt. Sieh da, alte, sprich verjährte Steuerhinterziehungen können plötzlich ganz gegenwärtig rechtsrelevant werden. So mausetot und legal, wie Schwarzer es vermutet, ist die Sache also nicht. Dass der Gewinn, den Schwarzer aus verjährten Steuerhinterziehungen behält, moralisch bemakelt ist, steht außer Frage. Aber es kann auch Sanktionen gegen den Steuersünder geben und dies trotz Verjährung und wirksamer Selbstanzeige:

"Disziplinarmaßnahmen gegen Beamte, Richter oder Soldaten und Sanktionen gegen Angehörige der freien Berufe (z.B. Rechtsanwälte Steuerberater) sind nach herrschender Auffassung trotz wirksamer Selbstanzeige möglich. Die Erheblichkeitsschwelle für eine Mitteilung an den Dienstherren wird in Verwaltung und Rechtsprechung durchweg sehr niedrig angesetzt. Wird ein Disziplinarverfahren durchgeführt, stellt eine Selbstanzeige einen anerkannten Milderungsgrund dar, der nach der Rechtsprechung aber auch die Verhängung des Höchstmaßes wie die Entfernung aus dem Dienst oder die Aberkennung des Ruhegehalts zulässt", erläutert Anwalt Pelchrzim die Rechtslage mit Berufung auf den Münchner Kommentar zu den einschlägigen Vorschriften der Abgabenordnung.

Schwarzers Vermutung, dass die Straffreiheit nach Selbstanzeige ein heiliges, absolutes Recht wäre, ist demnach unzutreffend. Ein Beamter, der wegen einer Steuerhinterziehung nicht bestraft werden kann, kann offenbar wegen derselben Steuerhinterziehung nämlich sehr wohl, untechnisch gesprochen, bestraft werden. Er kann zum Beispiel seinen Job, seinen Beamtenstatus und sogar seine Pension verlieren und dies schon bei relativ kleinen Hinterziehungsbeträgen.

Keine Analogien zu Lasten eines Delinquenten im Strafrecht, das versteht sich von selbst. Und Schwarzer ist ja auch nicht Beamtin (oder freiberufliche Rechtsanwältin oder Steuerberaterin), auch wenn sie in erheblichem Umfang eine ausufernde Subventionierung genoss, die freilich nicht ihr persönlich galt, sondern aufgrund ihres übermächtigen Heiligenscheins der FrauenMediaTurm-Stiftung gewährt wurde.

Aber: Auch das Steuergeheimnis der Beamten ist keineswegs so absolut, wie das Steuergeheimnis von Alice Schwarzer derzeit propagiert wird. Immerhin, ein Disziplinarverfahren gegen einen Beamten nach dessen Selbstanzeige, kann überhaupt nur eingeleitet werden, wenn der Dienstherr von der Sache erfährt und zwar von Amts wegen.

Öffentliches Interesse an der moralischen Instanz Schwarzer

Diese Banken verschoben Geld in Steueroasen
UBSIn den bislang veröffentlichten Erkenntnissen aus den Offshore-Leaks Enthüllungen ist die Schweizer Großbank UBS eine der treibenden Kräfte in der Schaffung von Firmengeflechten in Steuerparadiesen. Die UBS ist demnach in 2900 Offshore-Konstruktionen involviert. Quelle: REUTERS
Crédit SuisseAuch diese Schweizer Bank hat das Versteckspiel mit den Vermögen kräftig vorangetrieben. Die Crédit Suisse war an 700-Offshore-Lösungen für wohlhabende Kunden beteiligt. Quelle: dpa
Deutsche BankÜber ihre Niederlassung in Singapur bietet die Deutsche Bank noch immer Lösungen für die „steuerneutrale“ Geldanlage in Steuerparadiesen wie den Cayman Islands oder auf Mauritius an. Nach den Offshore-Leaks-Daten, die von den zwei führenden Anbietern von Steueroasen-Trusts entwendet und der Presse zugespielt wurden, hat die führende Bank Deutschlands bei 309 Trusts und Firmen - überwiegend auf dem britischen Jungferninseln – die Finger drin. Quelle: REUTERS
JP MorganDie größte Investmentbank der Welt soll den Berichten zufolge ebenfalls in Offshore-Leaks-Dokumenten auftauchen – so wie nahezu alle großen Geldhäuser. Quelle: REUTERS
BNP ParibasDie Zeitung Le Monde hat mit den Daten festgestellt, dass die französische Großbank BNP Paribas hinter etlichen zwielichtigen Briefkastenfirmen steckt. Offenbar sind BNP-Manager zugleich Geschäftsführer einer Scheinfirma namens 888 Fortune Limited auf den Jungferninseln. Quelle: dapd
Crédit AgricoleDie Crédit Agricole soll ebenso wie BNP eine ganze Reihe von Briefkastenfirmen in den Steueroasen British Virgin Islands, Samoa und Singapur gegründet haben. Quelle: dpa
ING (NL)Insgesamt 21 ehemalige und aktuelle Mitglieder des Verwaltungsrates der niederländische Großbank ING, deren Tochter ING Diba in Deutschland führender Anbieter von Tagesgeldkonten ist, tauchen in den Offshore-Leaks-Dokumenten im Zusammenhang mit Briefkastenfirmen auf. Quelle: dapd

Aktuell ist Berlins Kulturstaatssekretär André Schmitz, den Bürgermeister Klaus Wowereit auch noch über ein Jahr lang gedeckt hatte, wegen einer Steuerhinterziehung (in einer sehr milden Begehungsweise) zurückgetreten, von deren Folgen er sich ebenfalls durch Selbstanzeige befreit hatte. Offenbar kennt der Staatssekretär die Abgabenordnung besser als sein Bürgermeister.

Mit anderen Worten: Alice Schwarzers reklamierte und vielleicht überstrapazierte Reklamation, ihre Steuerhinterziehung sei ausschließlich ihre Privatsache, ist brüchig. Die Angriffe von Schwarzer gegen "Spiegel Online", dass die Redaktion den Vorgang nicht hätte veröffentlichen dürfen, gehen wohl ins Leere angesichts des überragenden öffentlichen Interesses daran auch die Verfehlungen eines Menschen kennen zu lernen, der sich notorisch seit Jahrzehnten selber als moralische Instanz inszeniert.

Anstatt sich relativ dummdreist ihren Heiligenschein wieder aufsetzen zu wollen, hätte Schwarzer also vielleicht sagen sollen: Bei mir ist alles aufgrund einer unbefriedigenden Gesetzeslage legal, aber nichts ist legitim. Und vielleicht sollte sie auch, statt der Öffentlichkeit und den Medien das Maul verbieten zu wollen, laut sagen:

Ich habe selbst genug Menschen öffentlich an den Pranger gestellt und die eine Hälfte der Menschheit, nämlich die Männer sowieso, und deshalb nehme ich in Kauf, dass sich die Menschen jetzt für meine Verfehlungen interessieren und mich entsprechend kritisieren.

Das, was man jetzt nur noch von Alice Schwarzer hören möchte, ist, dass sie ab sofort für die von ihr beherrschten Stiftungen oder gar neu zu gründenden Stiftungen auf jede öffentlich-rechtliche, finanzielle Unterstützung verzichtet. Und man hofft aus der Politik zu hören, dass Alice Schwarzer jeder Subventionshahn ab sofort abgestellt wird. Und zumindest eine detaillierte Überprüfung stattfindet, was genau mit den Millionenbeträgen aus öffentlicher Hand mindestens in den letzten zehn Jahren angestellt wurde.

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Stellungnahme der Stiftung FrauenMediaTurm vom 08. Februar 2014

 

Der Beitrag von Frau Röhl enthält unzutreffende und irreführende Angaben, die wir hiermit korrigieren:

1. Entgegen der Darstellung von Frau Röhl erhielt die 1984 gegründete Stiftung nicht seit 1994 öffentliche Zuwendungen, sondern seit  2003. 

2. Auch sind die von Frau Röhl mitgeteiltenZahlen zur Nutzung des Archivs unvollständig. Das Archiv wurde 2013  nicht nur von den 250 genannten Besuchern genutzt, sondern auch über das Internetportal und telefonische sowie schriftliche Anfragen. So gab es 2013109.810 Seitenaufrufe des Internetportals www.frauenmediaturm.de, auf dem in dem umfangreichen digitalen Archiv recherchiert werden kann. Über die Fernleihe wurden 511 Anfragen bearbeitet. Weitere 714 BesucherInnen haben den Bayenturm 2013 im Rahmen von Führungen besucht.

3. Entgegen der Darstellung von Frau Röhl wurde an die Emma Frauenverlags GmbH kein "Großraumbüro" vermietet, sondern eine Etage im Bayenturm in der Größe von 48 qm. Die Untervermietung erfolgte mit Zustimmung des  Rates der Stadt Köln sowie der Bezirksregierung Köln. Dies wurde der Stiftung mit Schreiben des Liegenschaftsamtes vom 11.12.2002 bestätigt. Die Emma Frauenverlags GmbH zahlt für die  48 qm aktuell nicht  6.800,00 €,  sondern  7.488,00 € im Jahr, also 13 € pro qm.

4. Entgegen den Mutmaßungen von Frau Röhl handelt es sich bei dem Archiv der Stiftung auch  nicht um das Archiv der Emma Frauenverlags GmbH, die über ein eigenes Archiv verfügt.

 

Alice Schwarzer

Vorsitzende des Vorstandes der Stiftung FrauenMediaTurm

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24. Juni 2014: Anmerkungen der Autorin zur Stellungnahme von Alice Schwarzer, Vorsitzende des Vorstands der Stiftung FrauenMediaTurm

Zu der Kolumne der Autorin "Subventionskönigin Alice Schwarzer" aus Februar 2014 nahm die Feministin persönlich Stellung: "Entgegen der Darstellung von Frau Röhl erhielt die 1984 gegründete Stiftung nicht seit 1994 öffentliche Zuwendungen, sondern seit  2003." Die Autorin hatte indes von der "Stiftung" nichts geschrieben, sondern so formuliert: "Seit 1994, seit Einzug des Schwarzerschen Imperiums in den Medienturm, bis heute hat es also erhebliche Subventionen aus öffentlichen Töpfen gegeben".

Hatte es also öffentliche Förderungen des Schwarzerschen Imperiums vor 2003 gegeben? Ja, es hat sie gegeben. "Der Emma-Journalistenpreis" war keine Angelegenheit, die das private Medienunternehmen „Emma“ finanziell selbst übernommen hätte. Vielmehr hat Schwarzer dafür Sorge getragen, dass das Land Nordrhein-Westfalen für die Kosten aufkam. Das dortige Ministeriums für Gesundheit und Emanzipation dazu: "Der alle zwei Jahre von EMMA ausgeschriebene  JournalistInnenpreis wurde von 1992 bis 2010 aus Mitteln der Frauenabteilung gefördert. (...) Finanziert wurden damals die Preisgelder und weitere Fremdkosten. (...) Die ursprüngliche Förderung basiert auf einer Vereinbarung zwischen Ministerin Ilse Ridder-Melchers und dem EMMA-Verlag/Alice Schwarzer aus 1992. Die Erhöhung der  Fördersumme auf 9.000 Euro erfolgte durch Minister Armin Laschet". Insgesamt kassierte die Emma  gut 78.000 Euro Förderung von der öffentlichen Hand und davon rund 40.000 Euro bis 2003, bis zu jenem Zeitpunkt also, in dem Schwarzers Imperium überhaupt keine öffentliche Förderung kassiert haben will. Das sind für Schwarzer offenbar Peanuts. Allerdings: Auch Peanuts können im Kontext die Glaubwürdigkeit einer Person erschüttern.

Die anderen drei Punkte, die Schwarzer glaubte erwidern zu müssen, gehen gänzlich ins Leere. Es sind unwesentliche Zusatzinformationen, die gar nicht Thema waren. Einen Aspekt, den Schwarzer in ihrem Punkt 3 hervorhebt, verdient es näher qualifiziert zu werden. Sie betont, dass ihr "Emma- Frauenverlag" für ein 48qm-Büro 7.488 Euro jährlich bezahlt, 13 Euro pro qm. Günstig für ein Top-Büro in Ausnahmelage und sogar noch günstiger, wenn man bedenkt, dass ausweislich der Wirtschaftspläne der Stiftung, der Vermieterin von "Emma", keine Nebenkosten für dieses Büro aufgeführt werden.

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