Bodo Ramelow Linke muss sich für Rot-Rot-Grün im Bund bewegen

Seit eineinhalb Jahren regiert Ramelow als erster Linke-Ministerpräsident in Thüringen. Eine solche Koalition wäre aus seiner Sicht auch im Bund möglich - wenn sich seine Partei nicht an der „Nato-Frage festbeißt“.

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Bodo Ramelow: Linke muss sich für Rot-Rot-Grün im Bund bewegen Quelle: dpa

Für die Chance auf Rot-Rot-Grün nach der nächsten Bundestagswahl muss die Linke nach Auffassung von Thüringens Ministerpräsident Bodo Ramelow über ihren Schatten springen. „Ich rate meiner Partei, an der Nato-Frage diese Koalitionsmöglichkeit nicht unmöglich zu machen“, sagte der Linke-Politiker der Deutschen Presse-Agentur in Erfurt. „Das heißt ja nicht, dass wir begeisterte Nato-Anhänger werden müssen.“ Die Erfahrung von eineinhalb Jahren Rot-Rot-Grün in Thüringen zeige, dass Themen, die zwischen den drei Parteien strittig sind, nicht in jedem Fall endgültig entschieden werden müssten.

Als Beispiel nannte Ramelow den Verfassungsschutz, den seine Partei eigentlich auflösen wollte, sich damit aber nicht durchsetzen konnte. Eine Dreierkoalition müsse lernen, „Themen, die wegen unterschiedlicher Positionen der drei Partner nicht zu regeln sind, auch mal beiseite zu legen.“ Ramelow hatte sich seit seinem Amtsantritt zu den Chancen von Rot-Rot-Grün im Bund kaum geäußert. „Ich gebe meine Zurückhaltung jetzt auf“, sagte der Linke-Politiker.

Er reagierte damit auf Äußerungen des SPD-Vorsitzenden Sigmar Gabriel, der für ein Mitte-Links-Bündnis als Reaktion auf das Erstarken der Rechten plädiert hatte. Dies war als Signal für Rot-Rot-Grün im Bund verstanden worden. Nach Ramelows Einschätzung sind trotz bestehender Differenzen in der Außenpolitik die Schnittmengen zwischen SPD, Grünen und Linker im Bund höher als derzeit zwischen der regierenden großen Koalition. „Es müssen sich aber alle drei Parteien bewegen.“

Mehr noch als die Nato-Frage, bei der es letztlich um die Erfüllung von Verträgen gehe, sehe er Diskussionsbedarf bei Rüstungsausgaben und -exporten sowie beim Einsatz der Bundeswehr. „Ich bin dagegen, dass die Bundeswehr als Interventionsarmee ständig im Einsatz ist.“ Alarmiert sei er, wenn darüber diskutiert werde, die deutschen Rüstungsausgaben gemessen am Bruttoinlandsprodukt auf das Niveau der USA anzuheben. Wer jedoch bei der Bekämpfung von Altersarmut, prekärer Beschäftigung oder Kinderarmut durch Hartz IV Veränderungen in Deutschland wolle, „der muss sich Bündnispartner suchen“, sagte Ramelow in Richtung seiner Partei. „Wir sollten noch vor der Bundestagswahl klären, ob es zwischen SPD, Grünen und Linker nicht mehr Gemeinsamkeiten als Trennendes gibt.“

Auch der langjährige Linken-Fraktionschefs Gregor Gysi hatte kürzlich erklärt, die Zeit für das erste Regierungsbündnis aus SPD, Grünen und Linken auf Bundesebene sei gekommen. Gysi plädierte für die Bildung gemeinsamer Arbeitsgruppen. In Thüringen war ein erster Anlauf für Rot-Rot-Grün 2009 gescheitert. Vor der Landtagswahl 2014 hatte die Linke Kompromisslinien für Streitthemen wie die Zukunft des Verfassungsschutzes vorgelegt. In der Thüringer Koalition ist die Linke mit Abstand stärkste Partei.

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