Attentat in Ansbach Bundesanwaltschaft übernimmt Ermittlungen

Der Anschlag soll laut Behörden einen islamistischen Hintergrund haben. Eine dem IS nahestehende Nachrichtenagentur meldet, die Miliz habe sich zu der Tat bekannt. Nun übernimmt die Bundesanwaltschaft die Ermittlungen.

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Ermittler am Tatort des Selbstmordanschlags in Ansbach. Quelle: REUTERS

Nach dem Bombenanschlag von Ansbach besteht nach Angaben der Bundesanwaltschaft der Verdacht einer Mitgliedschaft des Täters in der Terrormiliz Islamischer Staat. Die Behörde übernahm daher Ermittlungen unter anderem wegen des Verdachts der Mitgliedschaft in einer ausländischen terroristischen Vereinigung, wie sie am Montagabend in Karlsruhe mitteilte.

Der Selbstmord-Attentäter hat sich nach Angaben von Bayerns Innenminister Joachim Herrmann zur Extremistengruppe Islamischer Staat (IS) bekannt. Das gehe aus der Auswertung des Handys des Syrers hervor, sagte der CSU-Politiker am Montag in Nürnberg. "Es ist auf dem Handy eine entsprechende Anschlagsdrohung des Täters selbst als Video festgestellt worden."

Die IS-Miliz hat nach einer Meldung der ihr nahestehenden Nachrichtenagentur Amak den Selbstmordanschlag von Ansbach für sich reklamiert. Der Attentäter sei Aufrufen gefolgt, Länder anzugreifen, die an der Allianz zur Bekämpfung des IS beteiligt seien, meldete Amak.

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Bei dem Anschlag sind nach neuen Angaben der Polizei 15 Menschen verletzt worden, vier davon schwer. Das sagte ein Polizeisprecher der Deutschen Presse-Agentur. Demnach schwebt aber keiner der Verletzten in Lebensgefahr. Der mutmaßliche Täter sei ein 27-jähriger Flüchtling aus Syrien. Er starb bei der Explosion nahe einem Open-Air-Konzert.

Nach der ersten Auswertung der arabischen Äußerungen des Attentäters habe der Täter ausdrücklich einen Racheakt gegen die Deutschen angekündigt. "Er bezeugt seine Zugehörigkeit zu Abu Bakr al-Bagdadi", sagte Herrmann weiter. Al-Bagdadi ist der Anführer des IS. „Es ist klar, dass es ein Anschlag mit islamistischem Hintergrund ist. Ob der Täter selbst einen unmittelbaren Kontakt zum IS hatte, das ist noch Gegenstand der Ermittlungen“, so Herrmann.
Das Attentat sei die Vergeltung für die Tötung von Muslimen, habe der Attentäter erklärt, sagte Herrmann. Es gebe Leute, die mit der Welt abgeschlossen hätten, zitiert Herrmann aus dem Video. Die Deutschen würden nicht mehr in Ruhe schlafen können.

Der Mann, der öfter in psychiatrischer Behandlung gewesen sei, habe die Bombe mit scharfkantigen Metallteilen in seinem Rucksack bei dem Musikfestival mit etwa 2500 Besuchern zünden wollen, sagte Bayerns Innenminister Joachim Herrmann. Ihm wurde aber der Einlass verwehrt. Die Explosion ereignete sich gegen 22.00 Uhr vor dem Eingang zum Konzert. Der Nürnberger Polizeivizepräsident Roman Fertinger sagte: „Wenn er mit dem Rucksack in die Veranstaltung gelangt wäre, hätte es bestimmt mehr Opfer gegeben.“

Nach der Bombenexplosion in Ansbach hat die Polizei in einem früheren Hotel, das mittlerweile als Flüchtlingsunterkunft genutzt wird, mehrere Gegenstände beschlagnahmt. Quelle: REUTERS

Attentäter sollte nach Bulgarien abgeschoben werden

Der mutmaßliche Täter war dem städtischen Sozialamt als „freundlich, unauffällig und nett“ bekannt. Das sagte Reinhold Eschenbacher vom städtischen Sozialamt. „Der junge Mann war öfters als Asylbewerber hier und bei uns bekannt. Da ging es um soziale Leistungen“, sagte er.

Nach Angaben Herrmanns reiste der Täter am 3. Juli 2014 erstmals nach Deutschland ein. Der Attentäter sollte nach Angaben des Bundesinnenministeriums nach Bulgarien abgeschoben werden. Der Täter habe ab Februar 2015 eine Duldung erhalten, die danach mehrfach verlängert wurde, sagte Herrmann. Vor nicht einmal zwei Wochen habe das BAMF erneut den Betroffenen aufgefordert, Deutschland innerhalb von 30 Tagen zu verlassen und nach Bulgarien zu fahren.

Grund sei, dass der Mann zuvor in den EU-Staaten Bulgarien und Österreich registriert worden sei. Nach Syrien direkt könne derzeit wegen des Bürgerkriegs niemand abgeschoben werden. Warum der Mann sich noch in Deutschland aufgehalten habe, könne er derzeit nicht sagen, sagte der Sprecher. Er verwies darauf, dass Abschiebungen zunächst Ländersache seien.

Die Asylunterkunft des Täters wurde nach Polizeiangaben kurzzeitig evakuiert. Dort fanden die Ermittler einen Benzinkanister mit Diesel sowie Salzsäure, Alkoholreiniger, Lötkolben, Drähte, Batterien und Kieselsteine, außerdem einen Laptop mit gewaltverherrlichenden Bildern, die in Verbindung zum IS stehen, wie der Polizei-Vizepräsidenten von Mittelfranken, Roman Fertinger, sagte.

Außerdem seien zwei Handys gefunden worden mit mehreren weiteren Sim-Karten sowie ein Laptop, sagte Herrmann. Eine erste Auswertung habe Hinweise darauf gegeben, dass Gewaltvideos mit islamistischer Ausrichtung und salafistischem Inhalt dabei seien. Das Allermeiste sei auf Arabisch.

Der Täter habe sechs Facebook-Accounts betrieben, sagte Polizeivizepräsident Roman Fertinger. Vier seien schon vom Netz genommen worden. Mindestens ein Account sei mit falschen Personalien betrieben worden. Auf Handys seien die WhatsApp-Verläufe gesichert worden. Diese würden ebenso ausgewertet wie die Funkzellen, in denen sich die Handys befunden hatten.

Nun müssten auch mögliche Verbindungen zu Hintermännern geklärt werden. „Hier sind wir erst am Anfang.“

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