Buch "Die Euro-Lügner"

Neue Improvisationen von Euro-Kritiker Henkel

Hans-Olaf Henkel veröffentlicht mal wieder eine als Sachbuch getarnte Abrechnung. "Die Euro-Lügner" ist erstens öde und zweitens gut so.

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Der deutsche Manager, Verbandsfunktionär und politische Publizist Hans-Olaf Henkel beschäftigt sich in seinem neuen Buch unter anderem damit, welche Politiker seiner Ansicht nach im Namen der Eurorettung Täuschungen und Rechtsbrüche begangen haben. Quelle: dpa

Vier Tage vor Erscheinen des neuen Buches beim Online-Buchhändler Amazon auf Platz 85 der Bestseller zu landen (Stand: 18. Juli, 6.00 Uhr), das macht ihm so leicht keiner nach. Hans-Olaf-Henkel meldet sich zurück, pünktlich zur Bundestagswahl, mit seinem dritten Buch zur Krise: „Die Euro-Lügner“ heißt das Werk, das am Mittwoch in Berlin vorgestellt wurde. Anders als seine beiden Vorgänger, in denen man auf 224 Seiten erfahren konnte, „wie der Euro-Betrug unseren Wohlstand gefährdet“ (2012) und auf 256 Seiten, „wie Zocker und Politiker unsere Zukunft verspielen“ (2009) erfährt man bei Henkel diesmal auf 272 Seiten, wie wir mit „unsinnigen Rettungspaketen“ und „vertuschten Risiken“ getäuscht werden. Offenbar hat Jazz-Liebhaber Hans-Olaf Henkel ein Thema gefunden, über das er schier unendlich zu improvisieren versteht.

Mehr noch: Mit seiner nunmehr 752-seitigen Krisen-Trilogie steht Hans-Olaf Henkel endlich wieder da, wo er im Wettbewerb der Kassandras vom Dienst seiner Meinung nach unbedingt hingehört: auf Platz eins. Der 73-jährige Ex-Industriemanager, Ex-BDI-Boss und Nicht-Ex-AfD-Unterstützer hat den Ökonomen Hans-Werner Sinn aus dem Feld geschlagen, der sich nach kraftraubenden Etappensiegen („Die Target-Falle“) zuletzt nur noch mit einem müden 112-Seiter („Verspielt nicht Eure Zukunft!“) über die Runden rettete. Er hat den lustigen Krisenpropheten Max Otte („Der Crash kommt!“) abgehängt, der seit seinem Wechsel ins pamphletische Fach (48 Seiten „Stoppt das Euro-Desaster!“ ) sehr zu Recht von Jauch über Will zu Lanz durchgereicht wird. Und natürlich hat Hans-Olaf-Henkel auch keine Mühe, sich Dirk "Mr. Dax" Müller („C(r)ashkurs“) vom Leib zu halten - intellektuell, versteht sich - dessen jüngstes Werk „Showdown. Der Kampf um Europa und unser Geld“ sich zu Hans-Olaf Henkels Krisen-Thriller verhält wie ein Perry-Rhodan-Heftchen zu Patricia Highsmiths Tom-Ripley-Reihe.

Gratulation also zum absehbaren Bestseller, Hans-Olaf Henkel, und das ist nur halbwegs ironisch gemeint. Denn tatsächlich ist Henkel einer der ganz Wenigen, der in seiner Krisenprosa auch mit den eigenen Lügen und Irrtümern der Vergangenheit aufräumt, weil er die Krise vor allem als Krise des Liberalismus und der Marktwirtschaft begreift – und der überdies so konsequent ist, seine allgemeine Kritik am Euro-Kurs der Bundesregierung auch persönlich auf Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) zu beziehen, die die Wirtschaftseliten des Landes seit Jahren schon erfolgreich mit Kreide füttert und zu handzahmen Schoßhündchen domestiziert hat, die nicht einmal mehr zu bellen wagen. Besonders die Amtsführung seines Nachfolgers beim BDI, Ulrich Grillo („Ich habe großen Respekt vor Frau Merkel“), bringt Henkel schier auf die Palme: „Ich weiß nicht, was mir mehr auf die Nerven geht“, sagte er zuletzt der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung: „Die Selbstbeweihräucherung der Regierung oder die kritiklose Begleitung der Europolitik durch die Verbandspräsidenten.“

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