Buch "Die Euro-Lügner"

Neue Improvisationen von Euro-Kritiker Henkel

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Nur ein schwaches Deutschland kann den Euro retten

Die zehn größten Euro-Lügen
Ex-EZB-Chef Jean-Claude Trichet Quelle: dpa
Wolfgang Schäuble Quelle: dpa
Giorgios Papandreou Quelle: dpa
Wolfgang Schäuble Quelle: dapd
Chef der Eurogruppe Jean-Claude Juncker Quelle: dapd
Angela Merkel mit Draghi Quelle: dapd
Mariano Rajoy Quelle: REUTERS

Das sind nicht nur erfrischende, sondern leider auch allzu wahre Sätze. Noch nie ist eine Bundesregierung mit so langem Anlauf (Steuervereinfachung! Gesundheitspauschale! Arbeitsmarkt reformieren! Zurück zur Kernkraft!) so kurz, ja: unverschämt zurück gesprungen wie Schwarz-Gelb in den vergangenen vier Jahren. Noch nie wurden so leichtfertig Milliarden verfeuert. Noch nie fand durch Niedrigzinspolitik eine so nachhaltige Enteignung von Sparern statt. Und – was tut die Wirtschaft? Sie jault auf, wenn Peer Steinbrück (SPD) und Jürgen Trittin (Grüne) mit dem Steuer-Stöckchen drohen. Aber sie apportiert, wenn Angela Merkel mal wieder die Idee Europa beschwört und dabei die Zukunftsfähigkeit des gesamten Kontinents - und damit auch Deutschlands - aufs Spiel setzt.

Henkels Argumentation geht so: Europa dreht sich seit fünf Jahren wie ein Brummkreisel um sich selbst – und büßt vor allem gegenüber Asien an Wettbewerbsfähigkeit ein. Der Wille, sich der globalen Konkurrenz zu stellen (den Hans-Olaf Henkel selbst in den 1990er Jahren als eine Art Talk-Show-Pionier in die deutschen Wohnzimmer getragen hat), ist einer neuen Nivellierungssehnsucht gewichen. Man habe auf halbem Weg ins Reich der globalen Konkurrenz haltgemacht, so Henkel, sei zurückgekehrt ins Kuschelreich der Wohlstandsillusion. Jeder wisse, dass Deutschland seine relative Wettbewerbsstärke im krisengeschüttelten Europa der kurzen Reformära unter Kanzler Gerhard Schröder (SPD) verdanke. Umso grotesker sei es, dass die Deutschen heute Italienern und Griechen empfehlen würden, endlich ihre Hausaufgaben zu erledigen - und sich selbst vom Reformunterricht befreiten.

Henkel sieht darin nicht nur eine lässliche Sünde, sondern eine politische Strategie: Für ihn ist klar, dass man den Euro nur retten kann, wenn man Deutschland auf das Niveau von Frankreich herunternivelliert. Deshalb stärkten Merkel und Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) den Konsum. Deshalb schwächten sie den Standort Deutschland. Deshalb drehten sie auch Reformen zurück: Weil die Exportstärke Deutschlands nicht mehr als nationale Auszeichnung empfunden werde, sondern als Belastung für Europa.

Es ist bekannt, dass Henkel sich daher entschlossen hat, die „Alternative für Deutschland“ (AfD) zu unterstützen. Er will mit seinem Buch und seinem politischen Statement zeigen, dass es sich bei der deutschen Reformunlust in Wahrheit um ein europäisches Politikprojekt handelt: Zentralisierung statt Subsidiarität. Schuldensolidarität statt Eigenverantwortung. Gleichmacherei statt Konkurrenz.

Das alles klingt scharf, aber durchaus plausibel: Henkel sieht den Willen zu wirtschaftlicher Macht erlahmen, eine Moral der Schwäche auf dem Vormarsch: „Die Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Industrie war noch nie so bedroht wie heute.“ Vor allem mit der FDP, der er stets nahestand, geht Henkel deshalb hart ins Gericht: „Wo FDP draufsteht, ist nicht mehr FDP drin.“

Jaja, mögen seine Feinde sagen. Der Henkel schon wieder. Ein eitler Gockel. Ein Besserwisser. Ein Scharfredner. Ein Egomane. Ein Ekel. Hat er nicht früher selbst für den Euro plädiert? Ja, hat er. Und hat er nicht auch die Liberalisierung der Börsengeschäfte gutgeheißen, weil Märkte sich angeblich niemals irren und der Staat sich aus allem raushalten soll? Ja, hat er auch.

Was aber, wenn er diesmal richtig liegt?

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