Bundesamt für Migration und Flüchtlinge BAMF verfehlt wohl sein Ziel bei Altverfahren

Bis Ende Mai wollte das Bundesamt für Flüchtlinge alle alten Asylverfahren erledigt haben – das klappt wohl nicht. Damit bis dahin aber möglichst viele Altfälle erledigt sind, muss nun auch Samstags gearbeitet werden.

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Das Amt war mit gut 430.000 anhängigen Verfahren ins neue Jahr gestartet. In den ersten zwei Monaten wurden etwa 140.000 Verfahren entschieden. Quelle: dpa

Nürnberg Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) wird voraussichtlich sein Ziel verfehlen, bis Ende Mai den Berg von noch nicht entschiedenen Asylverfahren abzubauen. Die Leitung des Amtes rechnet mit mindestens 105.000 Fällen, die bis dahin nicht entschieden sind, wie es am Mittwoch aus Behördenkreisen hieß. Zuerst hatte die Wochenzeitung „Die Zeit“ darüber berichtet.

Nach Angaben einer BAMF-Sprecherin ordnete die Hausleitung für April und Mai Mehrarbeit für alle Entscheider und Führungskräfte an, die sich dazu freiwillig bereit erklären. „Eine freiwillige Mehrarbeit muss deswegen angeordnet werden, damit sie auch vergütet werden kann“, hieß es. Davon ausgeschlossen seien die Osterfeiertage.

Das Amt war mit gut 430.000 anhängigen Verfahren ins neue Jahr gestartet. In den ersten zwei Monaten wurden etwa 140.000 Verfahren entschieden. Ende Februar stapelten sich beim BAMF dann noch mehr als 330.000 offene Verfahren. Neue Zahlen werden Anfang April veröffentlicht.

Bereits im Sommer 2016 hätten einzelne Dienststellen freiwillig Samstagarbeit geleistet, damit bis zum Herbst alle Asylbewerber ihren Antrag stellen konnten, teilte die BAMF-Sprecherin weiter mit. Dieses Vorgehen sei erfolgreich gewesen. „Wir gehen davon aus, dass eine hohe Beteiligung unserer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter dazu beiträgt, die Altverfahren aus dem Jahr 2016 und früher schneller abzubauen.“

Mit dem steigenden Zeitdruck im Bundesamt sinke nach Einschätzung von Asylanwälten die Qualität der Bescheide, schreibt die Zeitung weiter. Der Standard der Entscheidungen habe „im letzten Jahr deutlich gelitten“, heißt es demnach bei der Arbeitsgemeinschaft der Asylanwälte beim Deutschen Anwaltsverein. Asylanwälte klagten über „oberflächliche Anhörungen“ und „erschütternd schlechte Übersetzungen“. Das Bundesamt habe Asylbewerber anerkannt, die niemals in Deutschland hätten bleiben dürfen, und Flüchtlinge abgelehnt, die eigentlich Schutz hätten bekommen müssen.

Robert Seegmüller, Vorsitzender des Bundes Deutscher Verwaltungsrichter, sagte dem Blatt: „Wir werden überschüttet mit Klagen gegen das Bundesamt. Das liegt an der hohen Zahl an Entscheidungen, aber mitunter auch an der Qualität der Bescheide.“

Auch BAMF-Mitarbeiter hatten mehrfach die strengen Zielvorgaben der Behördenleitung und die schlechte Ausbildung der neu eingestellten Mitarbeiter kritisiert. Auch die personelle Trennung von Anhörer und Entscheider war ein großer Kritikpunkt. BAMF-Chefin Jutta Cordt hatte angekündigt, diese Trennung wieder aufheben zu wollen.

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