Die Kirche plädierte in dem Prozess hingegen weiter für ihr Modell der einvernehmlichen Konfliktlösung ohne Streik und Aussperrung, den sogenannten Dritten Weg. Es müsse ein Ausgleich gefunden werden, bei denen beide Positionen möglichst wenig eingeschränkt würden, sagte Kirchen-Anwalt Christian von Tiling. Er schlug vor, Tarifkonflikte mit einer verbindlichen Schlichtung durch einen neutralen und objektiven Schlichter zu lösen. Dem Arbeitnehmer entstünde dadurch auch kein Schaden, weil als Schlichtungsperson jemand ausgesucht werde, der keine Verbindung zur Kirche habe.
Endgültige Entscheidung erst in Straßburg?
Nach Ansicht des Bundesarbeitsgerichts ist auch nach dem Urteil noch lange nicht das letzte Wort in dem Streit gesprochen. "Möglicherweise endet die Wegstrecke nicht in Erfurt oder Karlsruhe, sondern in Straßburg", sagte Gerichtspräsidentin Ingrid Schmidt. Das Urteil ist aber zumindest eine "richtungsweisende Zwischenetappe".
Vertreter beider Seiten hatten bereits im Vorfeld angekündigt, bei einer Niederlage in Erfurt vor das Bundesverfassungsgericht zu ziehen. Danach wäre eine Klage vor dem Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR) in Straßburg der nächste Schritt. Denn beim EGMR können auch nicht-staatliche Organisationen mit einer Individualbeschwerde gegen die Bundesrepublik Deutschland - beziehungsweise gegen deren höchste Gerichte - vorgehen.
Geklagt hatten kirchliche Arbeitgeber, die der Gewerkschaft Verdi und dem Marburger Bund den Aufruf zum Streik in diakonischen Einrichtungen untersagen lassen wollen. Bisher waren dort solche Arbeitskämpfe ebenso verboten wie etwa bei der Caritas. Der kirchliche Sonderweg war vor dem Hintergrund des wachsenden Konkurrenzdrucks im Sozialsektor mit Niedriglöhnen und Leiharbeit umstritten.