Bundeshaushalt Von der Macht und Ohnmacht des Finanzministers

Peer Steinbrück kämpft für einen soliden Haushalt. Doch im Vergleich zu den EU-Kollegen ist die Macht des deutschen Finanzministers begrenzt.

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Minister Glos, Steinbrück Quelle: REUTERS

Schatzkanzler müsste Peer Steinbrück sein! „Chancellor of the Exchequer“ heißt sein britischer Amtskollege. Das klingt nicht nur besser, das ist es auch. Denn der britische Schatzkanzler Alistair Darling ist in der Regierung die Nummer zwei hinter Premierminister Gordon Brown. Er residiert direkt nebenan in Downing Street No. 11, verfügt über eine enorme Machtfülle und darf sich beim EU-Ranking über die besten Voraussetzungen für eine eigenständige Haushaltspolitik freuen.

Und unser Bundesfinanzminister? Er ist weder die Nummer zwei im Bundeskabinett, diese Position füllt Außenminister Frank-Walter Steinmeier. Noch logiert er direkt neben dem Kanzleramt – dem liegt das Wirtschaftsministerium von Michael Glos viel näher. Vor allem aber belegt Steinbrück im europäischen Vergleich der Finanzminister-Kompetenzen nur einen Mittelplatz, und wie wenig er letztlich ausrichten kann, bekommt er gerade bei den laufenden Verhandlungen zum Bundeshaushalt 2009 zu spüren. Vier seiner Kabinettskollegen weigerten sich, ihre überplanmäßigen Etatwünsche zu Beginn der Verhandlungen herunterzuschrauben. Wutschnaubend drohte Steinbrück diesen daraufhin mit Eingriffen in deren Haushaltsplanung. Doch das Kriegsgeheul beeindruckte die Kollegen wenig. Glos (Wirtschaft), Annette Schavan (Bildung), Wolfgang Tiefensee (Verkehr) und Heidemarie Wieczorek-Zeul (Entwicklungshilfe) ließen Steinbrück kühl wissen, dass sie nun mal Verpflichtungen eingegangen seien. Über sieben Milliarden Euro müsse der Finanzminister 2009 zusätzlich berappen. Basta!

Nun geht Steinbrück einen steinigen Weg. Über den Bundeshaushalt 2009 stimmt das Bundeskabinett voraussichtlich am 25. Juni ab; vom Bundestag wird er Ende November und vom Bundesrat Mitte Dezember verabschiedet. Ob dabei Steinbrücks Konsolidierungsziele erreicht werden, ist fraglich. Selbst auf Bundeskanzlerin Angela Merkel, die mittels ihrer Richtlinienkompetenz das letzte Wort hat, kann sich Steinbrück nicht verlassen, segnete sie doch gerade erst eine kostspielige Rentenerhöhung ab.

Seitdem wetten immer weniger Experten darauf, dass Steinbrück sein wichtigstes politisches Ziel erreichen und bis 2011 einen ausgeglichenen Bundesetat präsentieren kann. Besonders skeptisch ist der Vorsitzende des Haushaltsausschusses im Bundestag, Otto Fricke (FDP). Die „unmäßigen Forderungen aus den Reihen der Koalitionsregierung“, schimpft der Liberale, „gefährden eine solide Haushaltsführung“. Ein arges Spiel sei dies, sagt Fricke, das da laute: „Alle gegen den Bundesfinanzminister.“

Eine dunkle Ahnung, dass es so kommen könne, muss Steinbrück schon zu Beginn seiner Amtszeit gehabt haben. Damals lud er Experten ins trutzige Ministerium in der Berliner Wilhelmstraße, um darüber nachzudenken, wie der Minister seine Position im Alle-gegen-einen-Spiel verbessern könnte. Beim Vergleich der Kompetenzen in den EU-Ländern stellten die Wissenschaftler der Hertie School of Governance in Berlin fest, dass der Spielraum des deutschen Finanzministeriums vergleichsweise klein ist. Bei fast allen Kriterien schneidet der Bundesfinanzminister mäßig bis schlecht ab.

Zu viele Köche rühren im Etatbrei herum, nicht nur Kabinettskollegen und Koalitionsfunktionäre; auch die Länder haben durch die verflochtenen Steuer- und Finanzverbindungen in Deutschland ein Mitspracherecht. Zu viele Ausgaben sind langfristig fixiert, allein die Sozialausgaben machen fast die Hälfte des Budgets aus. Zu optimistisch sind oft die wirtschaftlichen Annahmen – und führen später bei den Steuereinnahmen und Sozialausgaben zu bösem Erwachen. Ziemlich mau fällt insgesamt die Macht bei der Budgetaufstellung aus.

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