Bundeskanzlerin Sieben Anzeichen, dass Merkels Macht schwindet

Seit neun Jahren ist die CDU-Politikerin inzwischen Regierungschefin. Es mehren sich die Anzeichen, dass Merkel den Zenit der Macht überschritten hat.

1. Keine Merkel-Freunde auf Europas Top-JobsBundeskanzlerin Angela Merkel hat den europäischen Spitzenkandidat der Konservativen für die Europawahl, Jean-Claude Juncker, unterstützt – halbherzig. Weder vor der Wahl, noch nach der Wahl Ende Mai wollte sie sich klar zu dem Luxemburger bekennen. Dass der Wahlsieger automatisch auch Präsident der neuen Kommission werden sollte, lehnte sie ab. Dennoch wurde Juncker am Dienstag ins höchste EU-Amt gewählt. Und auch bei der Verteilung der anderen Top-Jobs in Europa hat Merkel wenig zu melden. Auf Druck der Sozialisten um Sigmar Gabriel, Italiens Matteo Renzi und dem französischen Präsidenten Francois Hollande, soll die Italienerin Federica Mogherini neue Außenbeauftrage der EU werden. Der Spanier Luis de Guindos könnte neuer Eurogruppen-Chef werden. Günther Oettinger musste sie mangels Alternative wieder zum EU-Kommissar machen, obwohl der keine Gelegenheit auslässt, Merkels Energiepolitik zu kritisieren. Quelle: AP
2. Die wichtigsten Ministerämter besetzen SozialdemokratenDie große Koalition ist die erste SPD-geführte Unionsregierung in der Geschichte der Bundesrepublik. Thematisch und personell dominieren die Genossen. Zwar strahlt Merkel über allem, aber die Tages-Themen bestimmen SPD-Ressortchefs. Zudem waren die bisher schneller und fleißiger. Ob Rente, Mindestlohn oder Energiewende – die Minister Andrea Nahles und Sigmar Gabriel haben bereits kräftig geliefert. Von den Unions-Kadetten hört man wenig. Einzig Finanzminister Wolfgang Schäuble hat den versprochenen ausgeglichenen Haushalt für 2015 vorgelegt – allerdings mit ein paar Milliardentricks in den letzten Tagen vor dem Kabinettsbeschluss. Quelle: AP
3. Eine neue Kraft rechts der Union ist entstandenBis zu Merkels Wiederwahl 2009 undenkbar, nun Realität: Rechts der Union ist eine neue Kraft entstanden, die „Alternative für Deutschland“. Sie ist in die Lücke gestoßen, die Merkel mit der Sozialdemokratisierung der Union – Stichwort: Frühverrentung, Mindestlohn, Energiewende – hinterlassen hat. Das Problem für Merkel und die CDU: In einem Sechs-Parteien-Parlament wird es für die Konservativen immer schwieriger Mehrheiten abseits der ungeliebten Großen Koalition zu finden. Quelle: dpa
4. Diskussion um die Merkel-Nachfolge ist entbranntEinerseits glaubt in Berlin niemand, dass Merkel schon amtsmüde wäre, andererseits sagen viele: Wenn eine der Polit-Koryphäen die Kraft zum rechtzeitigen Absprung findet, dann ist es Merkel. Zumindest ist die Frage, wer der Kanzlerin nachfolgen könnte, in diesem Sommer das beliebteste Gesellschaftsspiel auf den Berliner Polit-Sommerfest (natürlich nach der Frage, wie wohl die Weltmeisterschaft ausgehen würde). Nachdem Thomas de Maizière in seiner Zeit als Bundesverteidigungsminister wegen der Drohnen-Affäre ins Trudeln geraten war und ohnehin mehr nüchterner Sachwalter als Volkstribun ist, bleibt derzeit nur seine Nachfolgerin im Rennen: Ursula von der Leyen. Weder aus Bundes- noch auf Landesebene sind ansonsten Anwärter bereits herangewachsen. Und da von der Leyen zwar hohe Zustimmungswerte genießt, aber vielfach von Anhängern anderer Parteien, aber weniger beispielsweise in der Unions-Bundestagsfraktion, bleibt Merkel – getreu ihrem Lieblingswort: alternativlos. Quelle: dapd
5. Der amerikanische Freund führt die deutsche Kanzlerin vorDas waren noch Zeiten, als US-Präsident Barack Obama Angela Merkel die „Medal of Freedom“ ansteckte, eine der höchsten Auszeichnungen, die die USA überhaupt zu vergeben hat. Das machte die Kanzlerin schon ein wenig stolz, zumal Obama damals auch noch in der deutschen Öffentlichkeit – vor allem der linken – hohes Ansehen genoss. Doch nun grüßt Merkel als düpierte, nachdem immer neue Abhörskandale bekannt werden. Dass die NSA das Handy der Berliner Regierungschefin angezapft hatte, war schon schlimm genug. Die Entdeckung weiterer Fälle in BND und Bundeswehr blamiert sowohl Obama als auch die Bundesregierung. Quelle: dpa
6. Schwarze Ohnmacht in den LändernUnter Merkels Führung hat die CDU ihre Vormachtstellung in den Landesregierungen eingebüßt – und damit auch den Bundesrat als Machtfaktor gegen sich. Hatten im Jahr 2005, also vor Merkels Amtsantritt als Kanzlerin, noch elf Bundesländer eine Unionsgeführte Bundesregierung – und zweit weitere eine SPD-geführte mit CDU-Beteiligung -, so sind es heute nur noch sechs – und zwei als Juniorpartner. Zudem hatte die Union damals in fünf Ländern eine absolute Mehrheit, musste sich also dort nicht mit einem Koalitionspartner über das Abstimmungsverhalten in der Länderkammer einigen. Heute kann nur noch die CSU allein regieren. Und weil die CDU in den Ländern noch schwächer ist als die SPD, hat nicht einmal die große Berliner Koalition eine Mehrheit, sondern ist auf die Zustimmung von Landesregierungen mit grüner Beteiligung angewiesen. Quelle: AP
7. Kein Erfolg in den GroßstädtenDie Union hat zuletzt bei den Kommunalwahlen gewonnen, aber in den Großstädten wieder einmal kein Land gesehen. In Düsseldorf wurde der CDU-Oberbürgermeister Dirk Elbers überraschend abgewählt – obwohl die Landeshauptstadt finanziell gut dasteht. Von den zehn einwohnerstärksten Städten werden neun von SPD-Oberbürgermeistern regiert, Stuttgart ist die einzige Ausnahme: dort regiert der Grüne Fritz Kuhn. Von den 30 größten deutschen Städten werden nur Dresden, Wuppertal, Münster, Augsburg, Mönchengladbach und Aachen von Unionspolitikern regiert. Die Konservativen haben in den vergangenen Jahren nicht geschafft, jungen Großstädter für sich zu gewinnen. Trotz des Atomausstiegs. Trotz des Linksrucks in der Partei. Da immer mehr Menschen vom Land in die Städte ziehen, braut sich für die Union ein großes Problem zusammen. Quelle: dpa
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