Bundesnetzagentur Pflicht zur Vorratsdatenspeicherung ist ausgesetzt

Die Bundesnetzagentur hat die Pflicht zur Vorratsdatenspeicherung vorläufig gestoppt. Ab dem 1. Juli wären Anbieter verpflichtet gewesen, die Daten ihrer Kunden zu speichern. Nun wird das Hauptverfahren abgewartet.

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Die Pflicht zur Vorratsdatenspeicherung kommt nun doch nicht am 1. Juli. Quelle: dpa

Mainz Die Bundesnetzagentur hat die Pflicht zur Vorratsdatenspeicherung für Internet-Provider und Telefonanbieter ausgesetzt. Die Behörde reagierte am Mittwoch auf einen Beschluss des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen aus der vergangenen Woche. Bis zum Urteil im Hauptverfahren werde die Speicherpflicht nicht durchgesetzt, erklärte die Niederlassung der Bundesnetzagentur in Mainz, die für die technische Umsetzung von Überwachungsmaßnahmen zuständig ist. Seitens der IT-Wirtschaft wurde die Entscheidung als „absolut konsequent“ begrüßt.

Der Münchner Internetprovider SpaceNet hatte vor dem Gericht in Münster erstritten, dass er ab Juli nicht zur Vorratsdatenspeicherung verpflichtet wird. Die Speicherpflicht von Nutzerdaten gilt in Deutschland seit Dezember 2015. Eine Übergangsfrist läuft am 1. Juli 2017 ab. Ab dann wären die Anbieter eigentlich verpflichtet gewesen, gesammelte Daten bei Bedarf für die Strafverfolgung an Behörden zur Verfügung zu stellen.

Aufgrund der OVG-Entscheidung und „ihrer über den Einzelfall hinausgehenden Begründung“ sieht die Netzagentur damit von Anordnungen und sonstigen Maßnahmen zur Durchsetzung der Speicherfristen gegenüber den Providern ab. „Bis dahin werden auch keine Bußgeldverfahren wegen einer nicht erfolgten Umsetzung gegen die verpflichteten Unternehmen eingeleitet.“

Nach Auffassung des OVG in Münster verstößt die deutsche Rechtslage nach einem Urteil des Europäischen Gerichtshofs vom Dezember 2016 gegen europäische Datenschutzrichtlinien. Dabei geht es um das Vorhalten von Verkehrsdaten von Nutzern über zehn Wochen – also wer wann mit wem wie lange telefoniert oder sich im Internet bewegt – und von Standortdaten der Gespräche für vier Wochen (Az: 13 B 238/17). Die EU-Richter hatten sich an der anlasslosen Speicherung von Daten gestört.

Die Telekom begrüßte den Schritt der Bundesnetzagentur. „Für so einen sensiblen Eingriff in
Persönlichkeitsrechte muss Rechtssicherheit gegeben sein. Das haben wir von Anfang an betont“, erklärte Thomas Kremer, Vorstand für die Themen Datenschutz, Recht und Compliance.

Der Branchenverband eco bezeichnete die Entscheidung als „absolut konsequent“. Das OVG habe mit seinem Urteil den ersten Schritt in die richtige Richtung gemacht. „Jetzt aber brauchen wir endlich die Grundsatzentscheidung, um die Vorratsdatenspeicherung endgültig zu stoppen. Die Unternehmen brauchen endlich Rechtssicherheit, um nicht erneut ein europarechts- und verfassungswidriges Gesetz umsetzen zu müssen und damit beachtliche Gelder zu verschwenden“, sagte Oliver Süme, eco-Vorstand Politik und Recht. „Die Vorratsdatenspeicherung ist damit de facto erledigt“, erklärte auch Volker Tripp vom Verein Digitale Gesellschaft. „Nun sind Bundesregierung und Bundestag in der Pflicht, dieses offensichtlich grundrechtswidrige Gesetz aufzuheben.“

Der Branchenverband Bitkom forderte ein Ende des „Zick-Zack-Kurses“. „Die Hängepartie rund um die Vorratsdatenspeicherung geht also weiter. Die Unternehmen haben einen hohen Millionenbetrag investiert, die nötigen Organisationseinheiten aufgebaut und Personal abgestellt, um einer Verpflichtung nachzukommen, die nun laut Gericht gegen geltendes Recht verstößt“, kritisierte Hauptgeschäftsführer Bernhard Rohleder. „Der Gesetzgeber ist aufgefordert, endlich Rechtssicherheit zu schaffen - gleichermaßen für die Anbieter von Telekommunikationsdiensten wie
für ihre Kunden.“

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