Bundesregierung Die wundersame Job-Vermehrung der Ministerien

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Zum Wohl des Steuerzahlers

Gabriels Bundeswirtschaftsministerium wiederum benötigte neues Personal „insbesondere für die Umsetzung der Energiewende“. Und das Forschungsministerium von Wanka begründete seine Stellenxpansion damit, dass auch der Forschungsetat rasant angestiegen sei, seit 2013 um ein Viertel. Die zusätzlichen Mitarbeiter sollen auch dafür sorgen, die Verwendung zugesagter Fördermittel besser zu überwachen. Hatte nicht im Jahr 2014 der Bundesrechnungshof dem Ministerium vorgeworfen, zu lasch mit Projektpartnern umzugehen? Den Vorwurf mochte Ministerin Wanka offenbar nicht auf sich sitzen lassen. Also diene die Einstellung von Beamten letztlich dem Wohl des Steuerzahlers.

Wildern in den Ländern

So groß ist der Einstellungshunger, dass die Berliner Ministerien nicht genügend geeignete Bewerber finden. So hat ausgerechnet Wankas Zukunftsministerium ein echtes Wachstumsproblem: Es kann längst nicht alle offenen Planstellen besetzen.

Das Justizministerium hat derweil seine eigene Methode entwickelt, es rekrutiert seit jeher den weit überwiegenden Teil seiner Referenten aus den Ländern; vor allem Richter und Staatsanwälte werden für meist zwei bis drei Jahre nach Berlin geholt und sorgen immerhin für einen unverstellten Blick von außen. Auch Schäuble lässt gerne in den Ländern nach geeignetem Ministeriumspersonal suchen, bevorzugt bei den Finanzverwaltungen.

Der Hauptsitz des Bundesministeriums der Finanzen weist eine Nutzfläche von 56.000 Quadratmetern und mehr als 2100 Räumen aus. Dennoch finden dort nicht alle der 1900 Beschäftigen Platz. Quelle: BMF/Hendel

Wer einstellt, muss aber auch für Büros sorgen – ein echtes Problem in der boomenden Hauptstadt, wo ein Kampf um Wohnraum und Büroflächen tobt. Längst bildet sich ein neuer Ring von Ministeriumsbauten. Nördlich des Kanzleramts hat Bundesinnenminister Thomas de Maizière seine Räumlichkeiten bezogen. Östlich der Regierungszentrale residiert seit Kurzem Johanna Wanka mit ihrem Bildungs- und Forschungsministerium. Auch anderswo wird kräftig gebaut. Doch das dauert, zumal es an Planern und Ressourcen fehlt. Deswegen sorgt die neue Personalfülle für Frust unter Beamten – weil der Arbeitsplatz innerhalb einer Behörde höchst unterschiedlich aussehen kann, wie nicht nur die Lunch-Läufer der Kanzlerin erfahren müssen.

Solche und solche Büros

Der Hauptsitz des Finanzressorts von Wolfgang Schäuble zum Beispiel liegt in der Wilhelmstraße, einst Machtzentrum von Nazi-Luftwaffenminister Hermann Göring. Der imposante Bau weist eine Nutzfläche von 56.000 Quadratmetern und mehr als 2100 Räumen aus. 6,8 Kilometer lang sind allein die Flure. Und doch finden dort keineswegs alle der 1900 Beschäftigen Platz.

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Wer als Schäuble-Beamter noch Glück hat, darf im einstigen Kaiserlichen Reichspostamt gleich gegenüber sitzen, dort sind die Decken sechs Meter hoch und die Türen goldverziert. Wer Pech hat, wie die Mitarbeiter der Zollabteilung, muss mit schmucklosen Büros in einem angemieteten Verwaltungsbau nahe dem lauten Checkpoint Charlie vorlieb nehmen.

Dem Einstellungseifer der Regierung Einhalt gebieten könnte der Bundestag, seine Abgeordneten verwalten schließlich die Haushaltsmittel. Sie könnten darauf pochen, dass die Minister haushalten.

Doch von dort ist kaum Kritik zu vernehmen, auch nicht vom sonst so wortgewaltigen Bundestagspräsidenten Norbert Lammert. Vielleicht ist der Christdemokrat einfach zu sehr damit beschäftigt, es seinen Politkollegen in den Ministerien gleichzutun. Lammert hat nämlich in seiner mehr als zehnjährigen Amtszeit das Personal der Parlamentsverwaltung kräftig ausgebaut, um 500 Personen auf knapp 3000 insgesamt. 100 stießen allein in dieser Legislaturperiode hinzu.

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