Bundestag Die Schlupflöcher des Parteienrechts

Frauke Petry verlässt die ihre Partei, bleibt aber Bundestagsabgeordnete. Rechtlich ist das kein Problem, obwohl sie als AfD-Politikerin gewählt wurde. Was bei solchen Wechseln passiert.

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Sind Abgeordnete mit ihrer Partei unzufrieden, können sie wechseln. Egal wie weit nach rechts oder links. Quelle: dpa

Dass Politiker zwischen Parteien wechseln können, wurde im niedersächsischen Landtag deutlich, als Elke Twesten von den Gründen zur CDU wechselte. Doch könnten Politiker während einer Legislaturperiode auch eine neue Partei und Fraktion gründen oder könnte eine Ex-AfD-Chefin den CDU-Fraktionsvorsitz bekommen?

In Deutschland gilt: "Wenn einer Abgeordneter ist, vergisst man alles andere", sagt Martin Morlock, Inhaber des Lehrstuhls für öffentliches Recht an der Heinrich-Heine Universität Düsseldorf. Wer in Deutschland zur Wahl geht denkt, er wählt eine Partei, bei Direktmandaten vielleicht auch eine bestimmte Person. Doch haben es Politiker erst einmal in den Bundestag geschafft, sind sie drin. Ob sie in ihrer Partei bleiben oder nicht, ist dann völlig egal. Denn es gilt: In Deutschland werden Abgeordnete gewählt, nicht in erster Linie Parteien. Und einmal gewählt, ist jeder Abgeordnete sein eigener Herr und nur seinem Gewissen gegenüber verantwortlich. Die Legislaturperiode über bleibt er Bundestagsabgeordneter, unabhängig davon, ober er über eine Parteiliste oder per Direktmandat zu seinem Stuhl im Reichstag kam.

Wenn also Elke Twesten von den Grünen zur CDU wechseln kann und somit Neuwahlen verursacht, ist das rechtlich in Ordnung. Wenn zwanzig Abgeordnete aus ihrer Partei austreten und diese damit den Fraktionsstatus verliert, ist das auch kein Problem. Und wenn Frauke Petry gerne CDU Fraktionschefin werden möchte, ist auch mehr als unwahrscheinlich, aber grundsätzlich rechtens.

Was passiert, wenn ...

Da Frauke Petry angekündigt hat, aus der AfD auszutreten, muss sie überlegen, was als nächstes kommt. Falls sie dann vorhat, weiterhin politisch rechts zu bleiben, aber einen kleinen Hüpfer nach links machen möchte, kann sie ja eine neue Partei gründen. Zum Beispiel die Petry-Partei. Egal, wie sie sich entscheidet, sie bleibt Mitglied des Bundestages.

Nur ein Problem hätte sie dann noch: Sie wäre fraktionslos und einsam, so als einziges Parteimitglied. So säße sie dann da also: Ziemlich weit hinten in den Ausschüssen und kein Team um sich herum. Wenn Frauke Petry es aber schafft, 32 Personen aus dem Parlament für ihre Partei zu mobilisieren und diese Abgeordneten alle ihre vorherigen Parteien verlassen, kann die Petry-Partei sogar eine Fraktion bilden. Ob die Petry-Partei bei der Bundestagswahl zur Wahl stand, spielt dabei keine Rolle. Rein rechtlich gesehen, ist ein Wahlergebnis also noch lange kein Endergebnis.

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