Alice Weidel Die AfD-Frontfrau mit einer Vorliebe für Döner

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Unerschrocken Ziele gesetzt

Während ihr Doktorvater mit dem Mini-Skandal kämpft, büffelt Weidel gerade für die Examensklausuren. Oberender, der Mann mit den markanten Thesen und dem ebenso markanten weißen Vollbart, wird geliebt oder gehasst – auch bei den Studenten. Seine Vorlesungen und Klausuren sind gefürchtet. Wer jedoch halbwegs schlüssig gegen öffentlich-rechtliche Markteingriffe und für grenzenlosen Wettbewerb argumentieren kann, hat nichts zu befürchten.

Weidels akademische Erfolge sprechen dafür, dass ihr diese Denkweise gelegen hat. Oberender glaubt an den Ausleseprozess des Wettbewerbs. Nicht nur in der Wirtschaft. Trotz seiner zur Schau getragenen Strenge positioniert er sich als Freund der Studenten – insbesondere der Erfolgreichen unter ihnen. In der Auftaktvorlesung eines Jahrgangs forderte er seine jungen Hörer schon mal auf, sich die Sitznachbarn zur Rechten und zur Linken ganz genau einzuprägen. Dann folgte die trockene Bemerkung, dass jeder Zweite aufgrund hoher Durchfallquoten schon bald nicht mehr auf seinem Platz sitzen werde.

Die besten Teilnehmer seiner Erstsemesterklausur dagegen lädt Oberender zum feudalen Abendessen ein. Weidel sitzt mit am Tisch. Ihr Erfolg zeigt, dass sie sich unerschrocken Ziele setzen kann und weiß, wie man diese erreicht. Wie anstrengend es in der Praxis ist, theoretische Ziele zu erreichen, darüber schreibt sie im Absolventenbuch: „Es ist ein großer Unterschied, den Weg zu wissen oder zu gehen.“ Gegenüber ihren Bayreuther Kommilitonen hat sie sich nie die Mühe gemacht, ihre Zielstrebigkeit zu verbergen.

Stipendium im aufstrebenden China

Nach dem Studium zieht es Weidel ins aufstrebende China. In ein Land also, dessen Bildungssystem sogar schon bei Kindergartenkindern auf Auslese durch Prüfungen setzt. Dank ihrer Referenzen aus Bayreuth und ihrem selbstbewusstem Auftreten schafft sie es 2006 mit 27 Jahren ins China-Elite-Programm des Akademischen Austauschdienstes DAAD. Bei westlichen Unternehmen in China herrscht damals – anders als heute – Goldgräberstimmung. Die DAAD-Gruppe der zwölf jungen Deutschen darf mit dem Stipendium an der Pekinger Fremdsprachenhochschule nicht nur Chinesisch lernen, sondern wird auch bei den in der chinesischen Hauptstadt ansässigen deutsch-chinesischen Unternehmen und Institutionen herumgeführt.

Dort können sich die Teilnehmer nach zwei Semestern einen Praktikumsplatz suchen, ebenfalls bezahlt vom DAAD. Schon damals sitzen Alumni aus älteren Jahrgängen des Programms in Führungspositionen der deutsch-chinesischen Wirtschaft. Weidel bekommt hier Zugang zu einem Netzwerk, das aus zielstrebigen Leuten wie ihr selbst besteht.

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