Digitalminister gesucht Wer der Bundesregierung Digitalkompetenz verleihen könnte

Die Parteien sind sich einig: Die kommende Regierung muss ihre Kompetenzen in der Digitalpolitik bündeln. Was spricht dafür? Und wer könnte den Job eines Digitalministers machen?

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Wer Chief Digital Officer der Bundesregierung werden könnte
Dorothee Bär, CSUDie Fränkin aus der Nähe von Bamberg steht vorne in der Reihe für ein Unions-Ministeramt. Als Staatssekretärin im Bundesverkehrsministerium, das auch für die digitale Infrastruktur zuständig ist, hat die Politologin bereits Übung mit Technikthemen. Vor allem hat die Christsoziale, die seit 2002 im Bundestag sitzt, Spaß am Digitalen. Sie nutzt soziale Netzwerke wie Instagram oder Twitter geschickt zur Selbstdarstellung oder zum Posten politischer Inhalte. Nach dem Ausscheiden von Landesgruppen-Chefin Gerda Hasselfeldt aus der Bundespolitik dürften die CSU-Frauen zudem den Anspruch erheben, dass eine Fähige von ihnen einen prominenten Posten im Kabinett bekommt. Quelle: dpa
Helge Braun, CDUDer Staatsminister im Bundeskanzleramt ist in der Öffentlichkeit eher unbekannt. In der Union gilt der Arzt jedoch als Talent - und als Anwärter für Posten mit Forschungs- und Technikbezug. Er war bereits Staatssekretär im Bundesforschungsministerium und ist im Kanzleramt für unter anderem für den Abbau von Bürokratie, für die Bund-Länder-Beziehungen und für Themen der Flüchtlingspolitik zuständig. Braun ist seit 2002 mit Unterbrechung Bundestagsabgeordneter aus Gießen – auch ein Argument, ist doch der hessische CDU-Verband im jüngsten Kabinett Merkel nicht mit einem Ministerposten vertreten. Quelle: Deutscher Bundestag/Achim Melde
Julia Klöckner, CDUDie Rheinland-Pfälzerin hat als stellvertretende CDU-Chefin einen engen Draht zu ihrer Parteivorsitzenden Angela Merkel. Zurzeit ist die gelernte Journalistin und studierte Theologin Oppositionsführerin im Mainzer Landtag. Nach zwei erfolglosen Versuchen, die SPD-geführte Landesregierung abzulösen, könnte es die ehemalige Bundespolitikerin wieder nach Berlin ziehen. Dort war sie bereits Staatssekretärin für Verbraucherschutz, der auch bei Digitalthemen zentral ist. Quelle: REUTERS
Christian Lindner, FDPWarum nicht? Der FDP-Chef ist bekennender Apple-Fan, einer mit Sinn für Technik. Lindner hatte früh erkannt, dass das Thema Digitalisierung von den anderen Parteien zu wenig beackert wird. Also sprach er drei Jahre lang – und vor allen anderen – genau darüber. Ein Superministerium für Wirtschaft und Digitales? Vorstellbar, auch mit Lindner an der Spitze. Doch Lindner ist für viele Posten im Gespräch – auch für das Finanzministerium oder den Fraktionsvorsitz. Quelle: dpa
Michael Theurer, FDPDer baden-württembergische Landeschef Michael Theurer sieht sich selbst als Mister Mittelstand. Wirtschaftsminister wäre genau sein Ding. Wenn er zusätzlich auch das Thema Digitales stemmen soll, müsste er sich reinarbeiten. Vorbild wäre das Wirtschaftsministerium in Nordrhein-Westfalen, das auch ein Energie- und Digitalministerium ist. Quelle: dpa
Gesche Joost, SPDFür die Genossen wäre Joost die naheliegende und sicher die kompetenteste Lösung: Professorin an der Berliner Universität der Künste an der Schnittstelle von Design und Informatik, in der Szene ebenso gut vernetzt wie in der Politik. Außerdem ist sie seit 2014 bereits Internet-Botschafterin der Bundesregierung bei der EU-Kommission in Brüssel. Als wäre das nicht  genug, treibt sie die Informatikausbildung von Kindern mit ihrem eigenen Programmier-Projekt „Calliope“ voran. Quelle: dpa
Hubertus Heil, SPDEigentlich gilt der kommissarische SPD-Generalsekretär zuerst als Anwärter auf das Wirtschafts- oder das Bildungsressort. Beide Themen hat Heil zuletzt als Fraktionsvize beackert, bevor er zu Martin Schulz stieß. Ein vollausgestattetes Digitalministerium aber könnte durchaus auch einen Reiz haben. Sollte die SPD noch einmal in eine große Koalition gehen, dürfte Heil ziemlich sicher mit einem Ministerposten belohnt werden. Quelle: REUTERS

Die Kanzlerin will ihn (oder sie). Martin Schulz ebenfalls. Und die FDP und die Grünen sowieso. Im Wahlkampf gibt es eine parteiübergreifende Losung: Deutschland braucht eine Bündelung der digitalen Kompetenzen. Unterschiede gibt es nur bei der Frage, ob der Gestaltung des digitalen Wandels mit einem Staatminister im Bundeskanzleramt oder einem eigenen Digitalminister besser gedient wäre.

Dementsprechend ist die Suche in den Parteien längst angelaufen, wer das neue Amt künftig am besten ausfüllen könnte. Offiziell will niemand über Posten und Köpfe sprechen, doch intern werden längst Namen debattiert und sondiert. Die WirtschaftsWoche stellt die Favoriten vor.

Bisher liegen die Zuständigkeiten für Digitales über mehrere Ministerien verstreut. Das Verkehrsressort muss den Netzausbau vorantreiben, Justiz- und Wirtschaftsministerium wachen über die Regulierung, in letzterem werden außerdem noch Start-up-Förderprogramme aufgelegt. Im Arbeitsministerium denken sie über die Arbeitsplätze der Zukunft nach – und was das für die soziale Sicherung bedeutet.

Genau diese Zersplitterung der Kompetenzen ist das Hauptargument derer, die das Feld endlich aus einer Hand beackert sehen wollen. Digitalpolitik aus einem Guss könne es eben nur geben, wenn eine oder einer dafür zuständig sei. Nicht zuletzt deshalb, weil dann die Verantwortlichkeit nicht mehr geteilt wäre – und Misserfolge nicht mehr mit unklaren Strukturen entschuldigt werden könnten.

Hält man diesen Gedankengang für plausibel, müsste es aber in der Tat nach der Wahl ein eigenes Ministerium mit eigenem Apparat geben. Denn die bisherigen Staatsekretäre im Kanzleramt haben sich nicht als besonders einflussreich erwiesen. Ein Bundes-Digitalministerium müsste seine Kompetenzen (und damit auch die Abteilungen und Referate) aber aus den bestehenden Häusern herauslösen und unter einem neuen Dach vereinen. Wer den Berliner Betriebs kennt, weiß: Bis ein solcher Apparat halbwegs reibungslos läuft, können Monate vergehen, wenn nicht Jahre.

Gedämpfter Optimismus ist deshalb angebracht. Man sollte sich vom neuen Chief Digital Officer der Bundesregierung zu Beginn keine Wunderdinge erwarten.



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