These 16 Wer mehr zahlt, soll auch im EZB-Rat bestimmen

Deutschland hat im EZB-Rat zu wenig Macht. Das Prinzip „Ein Land, eine Stimme“ hat sich überlebt.

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Europafahne vor dem Gebäude der EZB. Quelle: dpa

Der Rat der Europäischen Zentralbank (EZB) ist ein höchst exklusiver Kreis. Hier sind die Notenbankchefs des 19 Euro-Staaten vertreten, hinzu kommen die sechs Mitglieder des EZB-Direktoriums, das die laufenden Geschäfte führt. Entscheidungen fallen aber nicht im Konsens, sondern mit einfacher Mehrheit – und die Minderheitsposition, die sich nicht durchsetzt, vertritt oft derselbe Herr: Jens Weidmann, Bundesbank-Präsident.

Die größte Volkswirtschaft Europas hat auf wichtige geldpolitische Entscheidungen nur wenig Einfluss. Trotz eines Anteils von knapp 18 Prozent am EZB-Kapital und von über 25 Prozent am haftenden Kapital (einige Nicht-Euro-Länder zahlen ein, ohne zu haften), zählt die Stimme des Bundesbank-Chefs so viel wie die des Kollegen aus Malta (Kapitalanteil: 0,06 Prozent).

Zwar gab es Versuche, den überproportionalen Einfluss kleiner Länder zu verringern. 2015 trat eine Stimmrechtsreform in Kraft, wonach große und kleine Länder je einen Pool bilden. Die fünf größten Länder haben vier Stimmrechte, die monatlich rotieren. „Das Rotationsprinzip hat aber das Grundproblem, dass kleine Länder ein überproportionales Gewicht erhalten, nur in homöopathischer Dosis verringert“, sagt Jörg Krämer, Chefvolkswirt der Commerzbank. Das System hat zudem einen aus deutscher Sicht unangenehmen Nebeneffekt: Alle paar Monate rotiert auch Bundesbank-Chef Weidmann raus – und darf nicht mit abstimmen. Das ist politisch womöglich erklärbar, aber eigentlich ungerecht. Denn Deutschland trägt ein überproportionales Verlustrisiko.

Muss die EZB etwa aus ihrem Bestand von Unternehmensanleihen Papiere abschreiben, werden anfallende Verluste auf die nationalen Notenbanken entsprechend ihres Kapitalanteils und nicht ihres Stimmanteils verteilt. In normalen Zeiten macht diese Ungerechtigkeit Sinn. Die Stimmverteilung nimmt kleineren Staaten die Angst vor deutscher Dominanz und spiegelt die Idee des Euro als Werkzeug der europäischen Integration wider. „Doch mittlerweile ist der EZB-Rat ein hochpolitisches Gremium geworden, das in großem Stil über die Umverteilung von Risiken entscheidet“, warnt Ökonom Krämer.

Deshalb ist es Zeit, den Abstimmungsmodus zu ändern – und die Stimmrechte gemäß der Kapitalanteile zu vergeben. Ein Vorbild dafür gibt es ja. Die EZB-Satzung sieht diese Praxis bei bestimmten Abstimmungen vor – etwa wenn es um die Verwendung des Bankgewinns geht.

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