Geht man über die quantitative Betrachtung hinaus, zeigen sich die eigentlichen Besonderheiten. Mit Hilfe der Sprachanalyse-Software von Attensity haben wir ausgewertet, wie im Netz über die Kandidaten und Parteien gesprochen wurde. Die höchste Negativquote verzeichneten dabei AfD und Grüne mit je 8,7 Prozent kritischen Kommentaren (Ein Großteil der Kommentare wurde neutral gewertet, da keine eindeutige Zuordnung möglich war). Die zum Ende des Wahlkampfs zunehmende Skepsis gegenüber den Steuerplänen der Grünen, aber auch die Kritik am Umgang mit der Pädophilie-Affäre oder Aufregerthemen wie der Veggie-Day spiegeln sich auch bei Twitter deutlich wieder.
Die Piraten hatten mit 5,2 Prozent den geringsten Wert an Negativkommentaren und waren auch die einzige Partei, bei der die positiven Beiträge mit 6,8 Prozent überwogen. Auf einen hohen Wert positiver Kommentare kommt auch die Linke (6,2 Prozent), den geringsten verzeichnet die FDP mit nur 3,4 Prozent.
Im Zustimmungswert, bei dem negative und positive Kommentare kombiniert werden, lagen die Piraten so auch meist deutlich vorn. Die Partei konnte also ihre Streitereien und Shitstorms im Wahlkampf erfolgreich abschalten. Andererseits spiegelt sich diese positive Performance in den sozialen Netzwerken in keiner Weise in den Umfragen und der öffentlichen Wahrnehmung wieder.
Das spricht dafür, dass der Wahlkampf bei Twitter & Co. derzeit nur einen begrenzten Einfluss auf die Wahlentscheidung hat. Die sozialen Netzwerke dürften vor allem bei der Mobilisierung der eigenen Anhänger helfen.
Steinbrück konnte erst nach dem TV-Duell den negativen Trend etwas drehen. Während die SPD in den Meinungsumfragen leicht zulegte, gab es im Netz eine regelrechte Aufholjagd.
Anfangs hatte er deutlich hinter Merkel gelegen, zum Ende hin dominierte Steinbrück dagegen deutlich. Hier zeigt sich wie stark Twitter als Echokammer wirkt, die bestehende Trends noch verstärkt und dadurch aber auch verzerrt.