Bundestagswahl Fünf Lektionen aus dem Social-Media-Wahlkampf

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5. Trends werden verstärkt und verzerrt

Mit diesen Prominenten schmücken sich die Parteien
Eine lange Liste prominenter Unterstützer kann die CDU auf sich vereinen. Für Designer Wolfgang Joop repräsentiert Angela Merkel "als Mensch und Kanzlerin ein Deutschland, in dem man gern zuhause ist." Quelle: dpa
Auch Schauspielerin Uschi Glas wirbt für Angela Merkel: Sie stehe für "Bescheidenheit statt Protzigkeit, Besonnenheit statt Hyperaktivität, Bestimmtheit statt Windfahnenpolitik." Quelle: dpa
Schauspieler Sascha Hehn (links) unterstützt Angela Merkel, "weil sich Deutschland in der heutigen Zeit nur die Beste an der Spitze des Staates leisten kann!" Quelle: dpa/dpaweb
Und Kickboxerin Christine Theiss (Mitte) mag an Angela Merkel ihren "unaufgeregten Regierungsstil, sie hält sich aus Hahnenkämpfen heraus. Sie vertritt Deutschland aber hart in der Sache und sehr zielsicher." Quelle: REUTERS
Der Schauspieler Heiner Lauterbach macht es kurz und schmerzlos. Er sagt: "Ich stimme für Angela Merkel, weil ich Ihr vertraue." Aber nicht nur die CDU hat prominente Fans und Unterstützer... Quelle: dpa
Sowohl der Schauspieler Leonard Lansink (links) als auch der Comedian Ingo Appelt unterstützen die SPD. Appelt ist nicht nur bei Wahlkampfveranstaltung im Wahlkreis von SPD-Parteichef Sigmar Gabriel aufgetreten, er besuchte auch eine SPD-Vorstandsklausur, um die Partei zu unterstützen. Quelle: dpa
Die Sängerin Nena wird wie auch Sänger Roland Kaiser Mitte August beim "Deutschlandfest" der SPD in Berlin auftreten – und sich dabei vermutlich auch auf einer Bühne mit SPD-Kanzlerkandidat Peer Steinbrück zeigen. Roland Kaiser jedenfalls hat sich bereits öffentlich zu Steinbrück bekannt. Quelle: dpa

Geht man über die quantitative Betrachtung hinaus, zeigen sich die eigentlichen Besonderheiten. Mit Hilfe der Sprachanalyse-Software von Attensity haben wir ausgewertet, wie im Netz über die Kandidaten und Parteien gesprochen wurde. Die höchste Negativquote verzeichneten dabei AfD und Grüne mit je 8,7 Prozent kritischen Kommentaren (Ein Großteil der Kommentare wurde neutral gewertet, da keine eindeutige Zuordnung möglich war). Die zum Ende des Wahlkampfs zunehmende Skepsis gegenüber den Steuerplänen der Grünen, aber auch die Kritik am Umgang mit der Pädophilie-Affäre oder Aufregerthemen wie der Veggie-Day spiegeln sich auch bei Twitter deutlich wieder.

Die besten Zitate zur Landtagswahl
Bayerns Ministerpräsident und CSU-Chef Horst Seehofer"Nach der Wahl ist vor der Wahl. Ich habe mit der Kanzlerin heute telefoniert und ihr zugesagt, dass wir jetzt ab morgen früh alles tun werden von Bayern aus, dass Angela Merkel Kanzlerin bleibt." Quelle: dpa
Hermann Gröhe, CDU-Generalsekretär:"Die Zweitstimme, das ist die entscheidende Stimme im Hinblick auf die Mehrheitsverhältnisse im Land. Die ist gleichsam Merkel-Stimme. Und deswegen werben wir für beide Stimmen für die Union." Quelle: AP
Peer Steinbrück, SPD-Kanzlerkandidat:"Es ist die 13. Landtagswahl hintereinander, wo die schwarz-gelbe Liebesheirat aufgekündigt worden ist." Quelle: dpa
SPD-Parteichef Sigmar Gabriel:"Der Einzug der FDP in den Bundestag ist seit heute Abend nicht sicher." Der SPD-Vorsitzende sieht bei einem Scheitern der FDP an der Fünf-Prozent-Hürde größere Chancen dafür, doch noch einen rot-grünen Erfolg bei der Bundestagswahl zu schaffen. „Wäre die FDP nicht im Bundestag, steigen die Chancen deutlich für Peer Steinbrück, Kanzler zu werden“, sagte Gabriel. Quelle: dpa
Sabine Leutheusser-Schnarrenberger, Bundesjustizministerin (FDP):"In jeden Fall gibt es eine Zweistimmenkampagne. Es war aber schon immer angelegt und immer geplant. Dazu ist ja auch das Wahlrecht im Bund da." Quelle: dpa
FDP-Spitzenkandidat für die Bundestagswahl, Rainer Brüderle:"In Bayern ticken die Uhren anders." Quelle: dpa
Grünen-Chefin Claudia Roth:"Wir sind enttäuscht, wir haben uns wirklich mehr erhofft." Quelle: dpa

Die Piraten hatten mit 5,2 Prozent den geringsten Wert an Negativkommentaren und waren auch die einzige Partei, bei der die positiven Beiträge mit 6,8 Prozent überwogen. Auf einen hohen Wert positiver Kommentare kommt auch die Linke (6,2 Prozent), den geringsten verzeichnet die FDP mit nur 3,4 Prozent.

Im Zustimmungswert, bei dem negative und positive Kommentare kombiniert werden, lagen die Piraten so auch meist deutlich vorn. Die Partei konnte also ihre Streitereien und Shitstorms im Wahlkampf erfolgreich abschalten. Andererseits spiegelt sich diese positive Performance in den sozialen Netzwerken in keiner Weise in den Umfragen und der öffentlichen Wahrnehmung wieder.

Das spricht dafür, dass der Wahlkampf bei Twitter & Co. derzeit nur einen begrenzten Einfluss auf die Wahlentscheidung hat. Die sozialen Netzwerke dürften vor allem bei der Mobilisierung der eigenen Anhänger helfen.

SPD-Kanzlerkandidat Steinbrück hat in den letzten Wochen des Wahlkampfes im Netz an Zustimmung gewonnen.

Steinbrück konnte erst nach dem TV-Duell den negativen Trend etwas drehen. Während die SPD in den Meinungsumfragen leicht zulegte, gab es im Netz eine regelrechte Aufholjagd.

Anfangs hatte er deutlich hinter Merkel gelegen, zum Ende hin dominierte Steinbrück dagegen deutlich. Hier zeigt sich wie stark Twitter als Echokammer wirkt, die bestehende Trends noch verstärkt und dadurch aber auch verzerrt.

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