Bundestagswahl Jeder Vierte hält soziale Gerechtigkeit für das wichtigste Thema

SPD-Kandidat Martin Schulz verspricht „mehr Gerechtigkeit“. Doch ist das das richtige Wahlkampf-Thema? Eine neue Studie zeigt: Vielen ist das Thema wichtig – doch so einfach ist die Sache nicht.

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Der SPD-Kanzlerkandidat fordert „Zeit für mehr Gerechtigkeit“. Quelle: dpa

Berlin Soziale Gerechtigkeit ist einer Studie zufolge für ein Viertel der Bundesbürger das wichtigste Thema bei Wahlentscheidung am 24. September. Mehr als drei Viertel (79 Prozent) finden, dass es hierzulande an sozialer Gerechtigkeit mangelt, wie aus einer Umfrage des Instituts YouGov hervorgeht.

Am stärksten treibt das Thema die Wähler von Sozialdemokraten und Linkspartei um: 45 Prozent der Linken- und 29 Prozent der SPD-Wähler schreiben der sozialen Gerechtigkeit die höchste Relevanz zu. Unter dem Motto „Zeit für mehr Gerechtigkeit“ hat die SPD das Thema ins Zentrum ihres Wahlkampfs gestellt.

„Für die Bürgerinnen und Bürger betrifft soziale Gerechtigkeit unterschiedliche Themen und ist sehr vielschichtig“, sagte der Bielefelder Soziologe Stefan Liebig. Vor allem gleiche Chancen und faire Bedingungen seien dabei wichtig.

Laut der Umfrage finden vor allem Nicht-Wähler das Thema am wichtigsten (33 Prozent). Diese Gruppe kennzeichne, dass sie sich wirtschaftlich benachteiligt fühle und es ihr schlechter gehe als den meisten Menschen in Deutschland. Insgesamt stünden bei der Wahlentscheidung Alters- und Gesundheitsversorgung sowie der Schutz vor Verbrechen und Terror aber noch vor dem Thema sozialer Gerechtigkeit, ergab die Studie weiter.

Knapp 80 Prozent der Befragten meinen demzufolge also, dass es in Deutschland an sozialer Gerechtigkeit mangelt, und 40 Prozent finden sogar, dass Deutschland „ein sehr großes Problem in diesem Bereich hat“. Gleichzeitig stimmten 60 Prozent der Aussage zu, es gehe in Deutschland insgesamt eher gerecht zu. Dies sähen vor allem Wähler von CDU/CSU, Grünen, FDP und mit Einschränkungen der SPD so. Wähler der Linken und der AfD sowie vor allem Nicht-Wähler schätzen die Lage mehrheitlich schlechter ein.

Gerechtigkeitsprobleme sähen die Befragten vor allem bei Themen wie Renten, Einkommensunterschieden sowie der Verteilung von Vermögen allgemein. Für 92 Prozent der Befragten bedeutet soziale Gerechtigkeit, gleiche Startbedingungen und -chancen zu haben. 88 Prozent verstehen darunter, dass insbesondere den Schwächsten geholfen wird. Ebenfalls 88 Prozent der Befragten finden es gerecht, wenn Menschen, die mehr leisten, auch mehr verdienen.

Die Befragten halten beim Thema soziale Gerechtigkeit ihre jeweils ohnehin favorisierte Partei am kompetentesten. Bei SPD-Wählern sind es 93 Prozent, bei Unions-Wählern 83 Prozent. Nicht-Wähler empfänden dagegen kaum eine Partei als sozial kompetent. Die Politik von SPD und CDU/CSU bewerteten in dieser Gruppe nur jeweils 14 Prozent als sozial gerecht. Es sei also fraglich, ob die SPD mit dem Thema soziale Gerechtigkeit „anderen Parteien Wähler abnehmen oder Nicht-Wähler mobilisieren kann. Insgesamt muss es alle Parteien alarmieren, dass sie Nicht-Wähler bei diesem Thema kaum erreichen“, so Holger Geißler von YouGov Deutschland.

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